Strom

Forschungsprojekt will Mittelständlern bei CO2-Einsparungen helfen

Bis vor wenigen Jahren war CO2-Sparen laut Forschern nicht das Topthema für Thüringer Mittelständler. Das hat sich inzwischen gewandelt. Aber wie kann es gelingen?
23.05.2022

Nicht nur Großkonzerne ringen um ihren CO2-Fußabdruck, auch kleinere und mittelständische Unternehmer*innen wollen etwas tun, in Thüringen hilft ihnen die Forschung.

Ein Thüringer Forschungsprojekt will kleinen und mittelständischen Industrie-Unternehmen bei der CO2-Einsparung helfen. Das Thema habe für die Thüringer Unternehmer enorm an Bedeutung gewonnen, sagte der operative Leiter des Vorhabens, der Ingenieur Steffen Schlegel von der Technischen Universität Ilmenau. «Als wir vor drei Jahren bei den ersten Firmen angeklopft haben, waren viele zurückhaltend.» Es habe aber eine steile Lernkurve gegeben, was auch auf die steigenden Energiepreise zurückzuführen sei. Ein anderer Grund sei auch, dass Zulieferer nun vermehrt ihren CO2-Fußabdruck nachweisen müssten.

«Hier hat sich etwas gedreht», sagte auch Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) anlässlich der Abschlusskonferenz der ersten Phase des Projekts «ZO.RRO» (Zero Carbon Cross Energy System) am Montag in Erfurt. Es gehe vielen Unternehmen nun nicht mehr darum, ob sie klimaneutral produzieren wollen - sondern wie. Siegesmund überreichte rund zwei Mio. Euro an Landesmitteln für die kommende zweite Projektphase. Neben der TU Ilmenau sind unter anderem Forscher der Hochschule Nordhausen und des Fraunhofer Instituts für angewandte Systemtechnik in Ilmenau an «ZO.RRO» beteiligt.

Schwierige Übertragbarkeit der Ansätze

In den vergangenen drei Jahren seien bei etwa 20 Thüringer Unternehmen Interviews geführt worden, sagte Schlegel. Das Ziel sei gewesen, Konzepte für die Reduktion von Kohlenstoffdioxid (CO2) zu erarbeiten, die für viele kleine und mittelständische Unternehmen gleichermaßen anwendbar seien. «Das Problem ist, dass sich Lösungen selbst innerhalb der gleichen Branchen nicht direkt übertragen lassen.» Unternehmen in der Kunststoffindustrie etwa produzierten mit denselben Anlagen sehr unterschiedlich.

Um dennoch ein leicht übertragbares Konzept für die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen zu haben, setzen die Wissenschaftler auf Datenerfassung. Dabei gehe es nicht darum, den Energieverbrauch jeder Steckdose zu messen, denn das sei sehr aufwendig. Stattdessen sollen mit einer auf Künstlicher Intelligenz basierenden Methode Produktionsabläufe besser geplant werden.

Systemdienstleistungen machen 20 Prozent der CO2-Emissionen aus

So könnte etwa der schwankende CO2-Gehalt im Stromnetz - tagsüber mehr Solarstrom, nachts mehr Kohle - in die Produktionsplanung mit eingerechnet werden. Wichtig sei auch zu wissen, welche Anlagen für Spitzen im Energieverbrauch verantwortlich sind.

Außerdem müssten sogenannte Systemdienstleistungen mit in den Fokus genommen werden. Damit ist die Energie gemeint, die aufgewendet werden muss, um einen stabilen Netzbetrieb zu gewährleisten. Diese machten bis zu 20 Prozent der CO2-Emissionen in der Energieversorgung aus.

2023 Umsetzung in der Praxis geplant

Ab 2023 ist die Umsetzung des Konzepts in den teilnehmenden Thüringer Unternehmen angepeilt. Neben der Förderung aus Landesmitteln ist wie in der ersten Projektphase eine Ko-Finanzierung durch das Bundeswirtschaftsministerium angedacht. «Wenn es uns gelingt, das auf die Thüringer Unternehmer zu übertragen, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das auf den deutschen Mittelstand überträgt, eher groß», meinte Schlegel. (dpa/lm)