Strom

IKT als Achillesferse auch für Verteilnetze

Verteilnetze spielen bei einem resilienten Stromsystem eine zentrale Rolle. Eine Herausforderung ist der Aufbau sicherer und zuverlässiger IKT-Systeme.
21.03.2018

Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium mahnt mehr Investitionen in die öffentliche Infrastruktur wie Energienetze an. Zudem empfehlen die Experten, die Anrechenbarkeit von Investitionen in Flexibilisierungsoptionen bei Netzengpässen zu verbessern.

"Vor allem für das Stromnetz auf der Mittelspannungs- und Niederspannungsebene ist viel mehr IKT-Einsatz nötig und wir brauchen viel mehr Beobachtbarkeit". Dies betonte Jürgen Tusch, Leiter Telekommunikation bei Innogy am Mittwoch zu Auftakt eines Workshops der Dena zu einem resilienten Stromsystem. Denn 95 Prozent der Stromeinspeisung erneuerbarer Energien findet im Verteilnetz statt und mit 1,1 Mio. Kilometern ist das Verteilnetz zigfach länger als die großen Übertragungsnetze mit 35 000 Kilometern. Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind hierbei zunehmend die Achillesferse für die Netz- und Systemstabilisierung. Diese müssen jedoch sicher und zuverlässig arbeiten, um die Versorgung stabil zu halten. Hierfür sind entsprechende Sicherheitsstandards unumgänglich.

Einfallstore für Hacker

Denn je mehr dezentrale Erzeuger und Aggregatoren oder auch Ladestationen in die Netze und Leitwarten eingebunden werden, umso größer werden auch die Einfallstore für Hacker. "Für das Betreiben der heutigen vernetzten Energiesysteme und von Smart Grids ist IKT-Security der nächsten Generation notwendig", unterstrich Tusch. So sind beispielsweise Windräder in der Eifel direkt in das Netzleitsystem "dem Gehirn unseres Verteilnetzsystems" eingebunden, berichtete er. Um mögliche Sicherheitsrisiken zu minimieren setze hierbei Westnetz nicht nur auf DSL Internet-Festverbindungen und Mobilfunk, sondern auch auf eigenes entwickelte "Next Generation of Firewalls" (NGF) und ein Unternehmenskommunikationsnetz "Utility PMR LTE". Angedacht ist auch die Einbindung von 5G Mobilfunk. Dies soll auch eine Schwarzstartfähigkeit ermöglichen, die künftig gefordert ist. Entscheidend ist zudem auch die Skalierbarkeit sicherer und zuverlässiger IKT-Lösungen.

Hürde auch die Anreizregulierung

Doch kleinere Verteilnetzbetreiber tun sich mit entsprechenden Investitionen und auch dem nötigen Know-how schwer. Zudem ist es schwierig, entsprechende IKT-Spezialisten zu finden. "Doch wir möchten gerne unser Know-how in diesem Bereich an andere weitergeben, denn wir sitzen ja was die Resilienz des gesamten Stromsystems betrifft im selben Boot", unterstrich Tusch. Deutlich wurde jedenfalls beim Auftakt des Dena-Workshops dass ein verbesserter Erfahrungsaustausch und eine intensivere Zusammenarbeit der Netzbetreiber untereinander sehr wichtig ist. Eine zentrale Hürde für die Umsetzung entsprechender IKT-Lösungen bleibt jedoch weiterhin gerade für kleinere Netzbetreiber die Finanzierung. Favorisiert doch die Anreizregulierung einseitig CAPEX und benachteiligt OPEX. Dabei ist gerade eine an der Resilienz der Netze orientierte IKT sehr betriebsintensiv. (hcn)