Strom

Offshore-Bilanz: Keine neuen Anlagen, dafür steigende Kosten

Die führenden Fachverbände der Windkraftbranche haben die Halbjahreszahlen zum Offshore-Ausbau präsentiert. 2022 wurden noch keine neuen Anlagen zugebaut und die Aussichten sind trüb: Zu wenig Personal und Kostendruck.
12.07.2022

Deutschland befindet sich mitten in der Ausbaulücke, bevor der Zubau wieder anrollt, sehen Branchenvertreter*innen jedoch massive Probleme in den Lieferketten und es fehlt an Personal.

Die Offshore-Zubauzahlen für das erste Halbjahr 2022 fallen erwartungsgemäß mau aus, denn Deutschland befindet sich seit 2021 in der Ausbaulücke. Die Ziele für die kommenden Jahre sind mit 30 GW bis 2030, 40 GW bis 2035 und 70 GW bis 2045 groß, allerdings sieht die Branche auf dem Weg dorthin große Hürden – vor allem im Ausschreibungsdesign und Personalwesen.

„Eine zentrale Schwäche des novellierten Wind-auf-See-Gesetzes ist das neue Ausschreibungsdesign, das den Preis für den Ausbau der Flächen in Nord- und Ostsee an die erste und maßgebliche Stelle stellt“, kommentieren die Branchenorganisationen BWE, BWO, Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE, VDMA Power Systems und WAB. „Durch den Ausbaustopp der letzten Jahre ist Deutschland im internationalen Vergleich ins Hintertreffen geraten. Umso wichtiger ist ein funktionierendes System, das im internationalen Wettbewerb um Ressourcen, Fachkräfte und Investoren Hindernisse aus dem Weg räumt“, heißt es weiter aus Berlin.

Nicht mehr allein die Realisierungskosten zählen für den Zuschlag

Projektierer müssen künftig – ähnlich wie bei den Versteigerungen der Mobilfunklizenzen - erst Geld auf den Tisch legen, um überhaupt ein Offshore-Windenergieprojekt zu bauen. Statt einem Zuschlag nach den niedrigsten Kosten erhält der Bieter den Zuschlag, der den höchsten Preis für die Nutzungsrechte der Fläche bezahlt. Um bis zu 21 Euro pro MWh könnten die Industriestrompreise laut NERA Economic Consulting dadurch steigen.

Die Branchenvertreter*innen fordern eine Abschaffung der Gebotskomponente, zumindest aber eine Deckelung, wie es sie bereits in den Niederlanden gibt. Zudem sehen die Verbände massive Probleme in den Lieferketten und bei den heimischen Produktionskapazitäten. „Die Produktionsstätten von Herstellern und Zulieferern müssen in Europa ausgebaut werden, und es müssen funktionstüchtige Lieferketten gewährleistet sein. Die Ertüchtigung von Werften und Häfen sowie des Spezialschiffbaus ist essenziell und muss politisch unterstützt werden“, heißt es von den Lobbyist*innen.

3000 Fachkräfte sind abgewandert

Positiv bewerten die Branchenorganisationen jedoch den im neuen WindSeeG festgelegten Hochlauf der Wasserstoffproduktion durch Offshore-Wind durch sechs jährliche Ausschreibungen von 500 MW installierter Leistung ab 2023. Die Branche erwartet aber, dass sie bei der Entwicklung des Ausschreibungsdesigns diesmal frühzeitig und eng einbezogen wird.

Egal ob Wasserstoffhochlauf oder Offshore-Ausbau, für beides braucht es ausreichend Fachkräfte, die die Infrastrukturen in der Praxis aufbauen. In den vergangenen drei Jahren sind jedoch allein der Offshore-Windbrache über 3000 ausgebildete Kräfte verloren gegangen. Als Grund hierfür nennen die Expert*innen die Abwanderung ins Ausland. Nun gehe es um die Anwerbung von Fachpersonal. Helfen sollen dabei auch sogenannte Ausbildungscluster. (lm)