Strom

Umfrage: Gewinnabschöpfung bremst Solarausbau aus

Der BSW hat sich in der Solarbranche zur geplanten Gewinnabschöpfung umgehört. Der Großteil der Unternehmen will Investitionen gegebenenfalls reduzieren oder verschieben. Besonders bedroht sind PPA-Projekte.
08.11.2022

Sollte die Gewinnabschöpfung genauso kommen, wie sie das BMWK derzeit plant, befürchten Branchenvertreter einen massiven Investitionsstau beim PV-Ausbau.

Die von der Bundesregierung geplante Erlösabschöpfung bei gewerblichen Betreibern erneuerbarer Energien zur Finanzierung der Strompreisbremse könnte sich ungewollt zu einer Investitionsbremse für den Klimaschutz und die Energiewende in Milliardenhöhe entwickeln. Das befürchten zumindest der BSW und verschiedene Solar-Investoren.

Vergangene Woche hat sich der Bundesverband unter 192 Unternehmen aus der Solarbranche umgehört. Drei Viertel der befragten Unternehmer teilten mit, Neuinvestitionen im Falle einer Erlösabschöpfung reduzieren oder verschieben zu wollen. BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig appellierte an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, das Vorhaben fallen zu lassen und Spielräume der EU vollständig im Sinne der Energiewende zu nutzen. Es bedürfe eines Solarboosters und keiner Solarbremse, so Körnig.

Fast die Hälfte rechnet mit Unwirtschaftlichkeit von förderfreien Solarparks

Bei den besonders knapp kalkulierten förderfreien Solarprojekten wird die stärkste Bremswirkung auf Photovoltaik-Neuinvestitionen erwartet, sollte es zu einer Erlösabschöpfung gemäß den Ende Oktober geleakten Plänen aus dem Bundeswirtschaftsministeriums kommen. Mit einer Unwirtschaftlichkeit aller dieser Solarprojekte rechnen immerhin 45 Prozent der befragten Unternehmen. Fast alle Umfrageteilnehmer*innen (92 Prozent) erwarten, dass zumindest einige neue Solarprojekte unwirtschaftlich werden dürften. 

Nach den jüngst durchgesickerten BMWK-Regierungsentwürfen sollen rückwirkend zum 1. September 2022 und weit ins nächste Jahr - voraussichtlich differenziert nach Technologien - die Erlöse von EE-Anlagen oberhalb des jeweils um drei Cent erhöhten anzulegenden EEG-Förderwertes nahezu vollständig abgeschöpft werden. 

Kosten für PV-Ausbau stark gestiegen

„Mit der ursprünglich intendierten Abschöpfung von ,Zufallsgewinnen‘ haben diese Pläne nichts mehr zu tun. Es handelt sich vielmehr um massive Eingriffe in die Erlösstrukturen der Energiewende. Sie würden Neuinvestoren verschrecken und auch wegen der Ungleichbehandlung erneuerbarer Energien gegenüber anderen Energieträgern klar gegen geltendes EU- und Verfassungsrecht verstoßen. Die BMWK-Pläne ignorieren die erheblichen Kostensteigerungen, mit der auch die Solarwirtschaft derzeit zu kämpfen hat“, so Körnig.

So seien die Kosten von Investitionen in neue Solarparks gegenüber 2020 um etwa 60 bis 65 Prozent gestiegen. Kostentreiber sei das weiter steigende Zinsniveau sowie steigende Arbeits- und Komponentenkosten. Neben dem Solarsystem habe sich auch seine Stromnetzanbindung deutlich verteuert.

100 Mrd. Euro an Investitionen nötig

Erst in diesem Sommer hat die Bundesregierung ihr Klimaschutzziel gesetzlich verankert, die in Deutschland installierte Photovoltaik-Kapazität bis zum Jahr 2030 mehr als verdreifachen zu wollen. Nach BSW-Berechnungen sind dafür in den kommenden acht Jahren Investitionen von weit über 100 Mrd. Euro in die Errichtung neuer Solarstromanlagen auf Gebäuden und Freiflächen erforderlich. 

„Diese Investitionen werden überwiegend von der Wirtschaft zu tragen sein. Sie werden im gewünschten Umfang nur dann fließen können, wenn jetzt schnell weitere Marktbarrieren abgebaut und Energiewende-Investitionen attraktiver werden. Nicht aber, wenn unverhältnismäßig Erlöse abgeschöpft werden, die für Investitionen in neue Solarkraftwerke dringend benötigt werden“, warnt Körnig. (lm)