Strom

Waldbesitzer öffnen sich für Windkraft

Der nach eigenen Angaben größte private Waldbesitzer im Südwesten will mitten in der Energiekrise mehr Windräder bauen - sieht aber hohe Hürden. Auch im Staatswald soll der Ausbau vorangehen.
05.08.2022

Windkraft und Forstwirtschaft können Hand in Hand gehen, noch ist das jedoch eine Seltenheit. In Baden-Württemberg will man nun in Anbetracht des insgesamt schleppenden Ausbaus einen Vorstoß wagen.

Der große Forstbetrieb der Adelsfamilie Fürstenberg will deutlich mehr Windkraftanlagen bauen. «Wir haben bisher sechs Windräder an den Start gebracht. Weitere 50 Windräder sind in der Pipeline», sagte der Leiter des Forstbetriebs Fürstenberg, Jens Borchers, der Deutschen Presse-Agentur in Donaueschingen.

Mit 180 Quadratkilometern (18 000 Hektar) Fläche ist das Haus zu Fürstenberg nach eigenen Angaben Deutschlands zweitgrößter privater Waldbesitzer - und der größte in Baden-Württemberg. Rund zwei Drittel der Flächen liegen im Schwarzwald. Noch mehr Wald hat die Familie Thurn und Taxis.

300.000 Hektar in staatlicher Hand

Baden-Württemberg hinkt beim Ausbau der Windkraft hinterher. Das Land versucht deshalb, Planungs- und Genehmigungsdauer für Windräder zu verkürzen. Zielvorgabe sind bis zu 1000 neue Anlagen, davon jede zweite in Staatswald. Für dortige Flächen können sich nun in einem neuen Verfahren Investoren bewerben. Auf zusammen knapp 1200 Hektar könnten bis zu 39 neue Windräder Platz finden, teilte Forstminister Peter Hauk mit. Der Staat besitzt im Südwesten mehr als 300 000 Hektar Wald.

Bedarf ist da - und Eile geboten. Im ersten Halbjahr wurden nach Angaben des Bundesverbands Windenergie und des Fachverbands VDMA Power Systems nur fünf neue Windräder im Südwesten installiert. Ende März drehten sich in Baden-Württemberg rund 760 Räder. Mit dem Ausbau des Ökostroms aus Wind und Sonne sollen Klimaziele erreicht und die Abhängigkeit von fossilen Energien wie russischem Gas vermindert werden.

Zusätzliches wirtschaftliches Standbein

Das Thema Windkraft sei wichtig, da es für den Forstbetrieb mit einer langen Tradition ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein schaffe, sagte Borchers. Beim Ausbau müssten politische Prioritäten gesetzt werden. «Es ist leider unsere Erfahrung, dass die Politik das eine sagt und letztlich das andere passiert.»

Der Artenschutz für den Greifvogel Rotmilan sei «der größte Windkraftverhinderer», sagte Borchers. Dies sei unsinnig, weil die Entwicklung Population nach oben gehe. «Auch wegen der letzten Auerhähne, einer global aber gar nicht seltenen Tierart, dürfen weite Bereiche des Schwarzwalds nicht mit Windrädern beplant werden.» Naturschützer setzen sich seit Jahren für den Schutz streng geschützter und vom Aussterben bedrohter Vogelarten ein.

Bedenken ernst nehmen

Berechtigte Bürgereinwände müssten ernst genommen werden, beispielsweise beim Abstand zu den Anlagen, sagte Borchers. «Man kann den Menschen aber zumuten, in den Schwarzwald zu schauen und Windräder zu sehen.» Heute werde jedes Vorhaben beklagt. Der Forstbetrieb arbeite mit mehreren Unternehmen zusammen, auch dem Energieversorger EnBW. «Die künftigen Vorhaben sollen über eine Plattform ausgeschrieben werden», kündigte Borchers an.

Wegen der langanhaltenden Trockenheit sei der Schwarzwald in Gefahr, sagte Borchers. «Es brennt bei uns glücklicherweise noch nicht. Wir sehen die Entwicklung aber mit großer Sorge.» Schon vor zwei Jahren habe der Forstbetrieb mit Nachbarn Waldbrandübungen begonnen. «Die Feuerwehren waren nicht vorbereitet, aber sehr interessiert.» Entscheidend sei es, Brandherde früh zu entdecken und zu bekämpfen.

Kaum noch Niederschlag im Schwarzwald

«Wir haben eine Veränderung der großklimatischen Situation», sagte Borchers. «Früher haben sich die Tiefs am Schwarzwald abgeregnet. Über dem Schwarzwald kommt in der Vegetationszeit kaum noch Niederschlag an. Das ist wirklich kritisch.» Auf die Frage, ob er den Schwarzwald als gefährdet ansehe, antwortete Borchers: «Absolut.»

Der Familienbetrieb versuche auf mittlere und längere Sicht, den Wald klimastabil zu machen. Das sei sehr kostspielig. «Je älter die Bäume sind, desto gefährdeter sind sie. Deshalb verjüngen wir den Wald. Junge Bäume können sich besser an den Temperaturwandel anpassen», sagte Borchers. Es werden demnach auch Baumarten gewechselt. Der Nadelbaum Douglasie erscheine dabei als besonders geeignet. (dpa/lm)