Wärme

"Kesseltausch bringt maximal 15 Prozent Einsparung"

Der Bundesverband Erneuerbare Energien veröffentlicht eine Analyse, die einen Kesseltausch differenzierter betrachtet. Die sonst üblicherweise genannten 30 Prozent Brennstoffersparnis wird in Frage gestellt. Der BDEW widerspricht.
23.03.2018

Eine Gas-Brennwerttherme nimmt nicht viel Platz ein.

Bislang hieß es immer, ein Kesseltausch hin zu einem modernen Brennwertkessel bringt Brennstoff-Einsparungen von etwa 30 Prozent. Doch laut Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) stimme dieser Ansatz nicht:  Der Energieeffizienz-Experte Klaus Lambrecht von der Ingenieurgesellschaft Econsult erstellte im Auftrag des Verbandes eine Analyse und kam zu folgendem Ergebnis: „Nur im Best-Case-Szenario kann eine 30-prozentige Brennstoff-Einsparung erreicht werden.“ Im Normalfall sei die Verbesserung weitaus geringer.

Lambrecht wies darauf hin, dass eine Differenzierung der Situation sehr wichtig sei. Anhand der DIN-Vorschriften errechnete er für einige bestehende Gebäude die Einsparungen bei 20 Jahre alten Kesseln aus. Dabei kommt es sehr auf die „Baseline“ an, also welcher Ursprungskessel eingebaut ist: entweder ein Konstanttemperatur-, Niedertemperatur- oder Brennwertkessel. Selbstredend ist, dass bei Wechsel von Konstanttemperatur auf Brennwertkessel die höchsten Einsparungen festzustellen sind. Dabei kommt es natürlich auch wieder auf den Gebäudetyp an: Ist es ein Wohnhaus, dass vor allem Heizenergie verbraucht, oder eher eine Gewebeeinheit, die natürlich auch Energie für andere Zweige nutzt wie beispielsweise die Lüftung – bei solch einem Typ sind die Einsparungen geringer.

Zwei bis 15 Prozent Einsparung

„Ein Kesseltausch bringt zwei bis 15 Prozent Einsparung“, erklärte Lamprecht. 15 Prozent Verbesserung erreicht beispielsweise ein Mehrfamilienhaus mit 216 Quadratmeter Wohnfläche bei Wechsel von Konstanttemperatur- auf Brennwertkessel. Nimmt man aber ein Einfamilienhaus mit 120 Quadratmetern Wohnfläche und wechselt einen Niedertemperaturkessel aus, so erreicht der Effizienzgewinn gerade einmal acht Prozent. Tauscht man Brennwert gegen Brennwertkessel – schließlich gab es schon 1998 Brennwertgeräte – so springen lediglich zwei Prozent Ersparnis heraus.

Ein entscheidendes Element der Effizienzsteigerung ist die Peripherie. „In den meisten Fällen werden durch Maßnahmen an der Peripherie wie hydraulischer Abgleich, effiziente Pumpen und Regelungstechnik höhere Einsparungen als durch den Kesseltausch erzielt“, erklärte der Physiker, der ins einem ersten Beruf Schornsteinfeger war. Bei einer fachgerecht durchgeführter Maßnahmen an der Peripherie können bis zu zwölf Prozent eingespart werden.

Optimaler Betrieb ist wichtig

Eine große Frage ist nun, wie viele Kostanttemperatur-, Niedertemperatur- und Brennwertkessel pro Jahr ersetzt werden. Schließlich werden jedes Jahr etwa 700 000 neue Kessel verbaut. Doch darüber gibt es in Deutschland keine Daten. Aufgrund seiner guten Kontakte in die Effizienz- und Schornsteinfeger-Branche hat Lambrecht nun eine eigene Abschätzung der ersetzten Kessel vorgenommen: zehn Prozent Konstanttemperatur-, 80 Prozent Niedertemperatur- und zehn Prozent Brennwertkessel. Nach dieser Abschätzung werden weit überwiegend Niedertemperaturkessel – und in Zukunft immer mehr bestehende Brennwertkessel – ersetzt. „Folglich liegen die gewichteten Einsparungen beim Austausch durch neue Brennwertkessel eher im Bereich um zehn Prozent, einen optimalen Betrieb vorausgesetzt“, erklärte Lambrecht. Und beim optimalen Betrieb gibt es Einschränkungen: Oftmals werden die Systeme mit zu hohen Rücklauftemperaturen gefahren, so dass der Brennwerteffekt der neuen Kessel nicht zur Wirkung kommt und der Brennwertkessel mehr oder weniger in Niedertemperturkessel betrieben wird.

Stefan Materne von der Verbraucherzentrale Bundesverband hegt ebenfalls große Zweifel, ob Brennwertkessel im Optimumsbereich gefahren werden. Oftmals passe die hydraulische Einstellung nicht und die Rücklauftemperaturen seien zu hoch. Aus einer Erfahrung von 140 000 Heizchecks weiß er, dass die Umrüstung auf Brennwerttechnik eine Brennstoffeinsparung von etwa 15 Prozent ausmache – vergleicht man nur die Energieverbräuche der Nutzer.

"Kesseltausch reicht nicht fürs erreichen der Klimaziele"

Peter Ahmels, Leiter Energie und Klimaschutz bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wies daraufhin, dass ein Kesseltausch auf effizienteste Geräte nicht helfe, die Klimaschutzziele von 2030 zu erreichen. Bis 2030 müssten die CO2-Emissionen um 48 Mio. Tonnen reduziert werden. Tausche man nun nur allein die etwa fünf Millionen Ölheizungen aus und optimiere sie mit Brennwerttechnik (etwa drei Millionen Haushalte) und dort, wo ein Gasanschluss vorhanden ist, mit Gasbrennwerttechnik (bei etwa zwei Millionen Haushalten), so erreiche man CO2-Ensparungen von etwa zwölf Millionen Tonnen. Ahmels Fazit lautet deshalb: Effizienzmaßnahmen und das Heizen mit erneuerbaren Energien könne nur zum Erfolg führen, „um aus der fossilen Falle herauszukommen“.

„Es ist keine wirksame Klimaschutzmaßnahme, lediglich einen älteren fossil befeuerten Kessel durch einen neueren auszutauschen“, sagt Carsten Pfeiffer, Leiter Strategie und Politik beim BEE. Der neue Kessel stößt die gleiche Menge CO2 innerhalb von sieben Tagen aus, für die alte Kessel sechs Tage gebraucht haben. „Für das Klima macht dies am Ende keinen wirklichen Unterschied.“ Nach Einschätzung des BEE stünde das Festhalten an fossil befeuerten Kesseln der Erreichung der mittel- und langfristigen Klimaschutzziele im Wege. „ Der Ausstieg aus fossil befeuerten Heizungen muss jetzt starten, wenn der Wärmesektor seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten soll“, erklärt Pfeiffer. Es sei höchste Zeit, auf CO2-freie und CO2-neutrale Heiztechnologien wie Solarthermie, Erdwärme, Holz, Biogas und weitere Grüne Gase umzusteigen. Ganz schlecht sei, dass fossile Geräte immer noch gefördert werden. Dies gebe den Bürger die Legitimation, guten Gewissens ein Geräte zu kaufen, das schlecht für die Umwelt sei.

Der Bundesverband für Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht die Situation anders: „Der Kesseltausch ist ein effektiver und für die Verbraucher komfortabler Weg, zum Klimaschutz beizutragen: Für den Gebäudebereich sieht der Klimaschutzplan der Bundesregierung von heute bis 2030 eine Minderung um mindestens 47 Mio. Tonnen CO2 vor. Allein mit dem Ersatz veralteter Heiztechnik durch moderne Gas-Brennwertkessel lassen sich schnell und bezahlbar über 30 Mio. Tonnen CO2 einsparen – und damit fast zwei Drittel der Vorgabe aus dem Klimaschutzplan." Die Zahlen der BEE-Studie seien zudem nicht nachvollziehbar: Der BDEW-Heizkostenvergleich, den das Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden zuletzt 2017 erstellt hat, komme zu anderen Ergebnissen: Mit einem neuen Gas-Brennwertsystem und einer preisgünstigen Optimierung der Gesamtanlage lassen sich sehr wohl bis zu 30 Prozent CO2 gegenüber einem alten Gas- oder Ölkessel einsparen.


Das Gutachten steht auf der Seite des Bundesverbandes Erneuerbare Energien zum Download bereit. (al)