Abfallwirtschaft

Stadt Tübingen unterliegt vor Gericht im Streit um Verpackungssteuer

Damit weniger Müll anfällt, wird in Tübingen seit Jahresbeginn eine Steuer auf Einweggeschirr fällig. Die Klage einer McDonalds-Filiale dagegen hat vorerst Erfolg. Doch die Stadt gibt nicht so leicht auf.
30.03.2022

Einwegverpackungen aus Plastik belasten die Umwelt.

Die Stadt Tübingen hat mit ihrer Verpackungssteuer vor Gericht einen empfindlichen Dämpfer erhalten: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erklärte die Steuer am Mittwoch für unwirksam. Die Klage der Inhaberin einer Tübinger McDonalds-Filiale war damit erfolgreich, wie ein Sprecher in Mannheim mitteilte. Die Stadt möchte an der Regelung jedoch weiter festhalten - mindestens so lange, bis die schriftliche Begründung vorliegt.

Das soll laut Gericht noch im April der Fall sein. Das Urteil der Richter erging im Anschluss an die mündliche Verhandlung vor dem Gericht am Dienstag. Es wurde Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Palmer: Steuer hat in der Praxis funktioniert

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer bedauerte die Entscheidung. Man habe gezeigt, dass die Steuer in der Praxis funktioniere. Überall in Tübingen breiteten sich Mehrweg-Konzepte aus, die Stadt werde sauberer, die große Mehrheit der Menschen sei zufrieden, teilte der Grünen-Politiker am Mittwoch mit. Das Urteil sei deshalb eine Enttäuschung.

Zum weiteren Vorgehen erklärte Palmer, dass der Gemeinderat darüber entscheiden solle, ob die Stadt das Urteil annehmen oder vor dem Bundesverwaltungsgericht in Revision gehen solle. Die Verpackungssteuer sei nicht außer Kraft gesetzt, bevor das Urteil rechtskräftig werde, sagte Palmer. Gehe die Stadt in Revision, gelte die Regelung sie bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts weiter.

440 Betriebe mit an Bord

In der Universitätsstadt werden seit Januar etwa 50 Cent fällig für jeden Einweggetränkebehälter sowie für Einweggeschirr und -speiseverpackungen sowie 20 Cent für jedes Einwegbesteck-Set. Pro Einzelmahlzeit werden maximal 1,50 Euro kassiert. Die Steuern müssen die Verkaufsstellen zahlen, die in den Einwegverpackungen Speisen und Getränke für den sofortigen Verzehr oder zum Mitnehmen ausgeben. Etwa 440 Betriebe beteiligen sich.

Die Inhaberin der Tübinger McDonalds-Filiale hatte in ihrer Klage bemängelt, die Steuer stehe im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Sie argumentierte, dass sie bereits Lizenzgebühren zahle für ihre Beteiligung am Dualen System. Die Verpackungssteuer führe zu einer zusätzlichen, erheblichen Belastung.

McDonalds gegen lokale Sonderwege

McDonalds unterstützte die Klage der Tübinger Filiale. Es brauche in dieser Sache einen bundesweit einheitlichen Rahmen, hatte das Unternehmen zuvor mitgeteilt. Lokale Sonderwege einzelner Städte oder Gemeinden stünden einem national erfolgreichen und implementierbaren Konzept im Weg.

Nach Angaben der Stadt hat die Verpackungssteuer das Müllaufkommen in Tübingen bereits um mehrere Tonnen reduziert. Einen Monat nach Einführung der neuen Steuer hatte die Stadt von einem Rückgang des Abfalls im Tübinger Stadtgebiet um 5 bis 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum berichtet. So wurden im Januar 2022 nur noch rund 31 Tonnen Abfall entsorgt - gegenüber 34 Tonnen im Januar 2020. Im Januar 2021 waren laut Stadt pandemiebedingt nur rund 24 Tonnen Müll angefallen.

VKU für eine bundesweite Lösung

Der VKU bedauert, dass sich die Stadt Tübingen gegen McDonalds mit ihrer kommunalen Verpackungssteuer vor Gericht nicht durchsetzen konnte. Allerdings hätte die Tübinger Lösung in der Praxis wohl zu einem Flickenteppich unterschiedlicher kommunaler Steuersatzungen geführt, so der Verband. "Wir würden daher gerade jetzt eine bundesweite Lösung begrüßen, wie sie das Umweltministerium mit dem Gesetz für einen Einwegkunststofffonds in der letzten Woche vorgelegt hat. Ein bundesweiter Einwegkunststofffonds hat den Vorteil, dass die finanzielle Beteiligung der Hersteller an den Reinigungskosten gezielt denjenigen zugutekommt, die vor Ort die Reinigungsleistungen erbringen. Littering ist ein bundesweites Problem und sollte daher auch vom Bundesgesetzgeber angepackt werden. Wichtig ist es natürlich nun, dass der Einwegkunststofffonds ab 2023 auch ausreichend von den Herstellern finanziert wird", teilt der VKU mit. (amo/mit dpa)