Abfallwirtschaft

Verpackungsmüll-Menge steigt weiter an

Wirtschaftswachstum und Konsumgewohnheiten: Jahr für Jahr fällt mehr Verpackungsmüll an. Die Rezepte dagegen sind eigentlich bekannt.
27.10.2020

Trotz aller Bemühungen hat der Verpackungsmüll der privaten Verbraucher pro Kopf seit 2010 um 20 Prozent zugenommen.

Der Verbrauch von Verpackungen in Deutschland nimmt weiter zu. Die neuesten offiziellen Zahlen liegen nun für 2018 vor. Danach stieg die Müllmenge erneut auf ein Rekordhoch: 18,9 Mio. Tonnen fielen an, wie das Umweltbundesamt (UBA) am Dienstag mitteilte. Rechnerisch waren das 227,5 Kilogramm pro Kopf und damit nochmal ein Kilo mehr als im Vorjahr. Private Verbraucher hatten daran erneut einen Anteil von 47 Prozent. Sie produzierten über 8,9 Mio. Tonnen Verpackungsmüll oder 107,7 Kilo pro Kopf – ein Prozent mehr als 2017 und ganze 20,6 Prozent mehr als noch 2010.

Das UBA hat noch keine Erkenntnisse dazu, wie sich die Corona-Krise auf den Verpackungsverbrauch ausgewirkt hat. «Aufgrund der geschlossenen Geschäfte und Restaurants ist allerdings abzusehen, dass vor allem mehr Serviceverpackungen für Essen und Getränke verbraucht worden sind», teilte die Behörde mit.

Gründe für den Anstieg

Generell gebe es für den Anstieg der vergangenen Jahre mehrere Gründe – neben dem Wirtschaftswachstum auch Konsumgewohnheiten, der Trend zu wiederverschließbaren Verpackungen, Dosierhilfen und generell aufwendigeren Verschlüssen. Diese Funktionen können zwar durchaus dazu beitragen, Ressourcen durch zielgerichtetes Dosieren zu schonen oder Lebensmittelabfälle zu vermeiden, hieß es. Zusätzliche Funktionen seien jedoch häufig mit einem zunehmenden Materialverbrauch verbunden. Dazu kämen weiterhin Trends zu kleineren Portionen, zum Online-Einkauf und zu Essen und Trinken «to go».

UBA-Chef Dirk Messner mahnte: «Verpackungen sollten vermieden werden, bevor sie überhaupt anfallen.» Mehrwegbecher etwa für Kaffee müssten die Regel werden, und wer Essen mitnehme, sollte das in Mehrwegbehältern tun können. «Die Flut an Pizzakartons und Kaffeebechern in Mülleimern und Parks hätte so ein Ende.» Hersteller sollten Verpackungen möglichst einfach gestalten, damit sie gut zu recyceln seien, und Mehrwegverpackungen verwenden.

Lösungen für den Online-Handel

Das Bundesumweltministerium hält Mehrweg-Lösungen auch im Online-Handel für notwendig. Das sei der am stärksten wachsende Bereich im Verpackungsmarkt und der Trend zum Bestellen im Netz lasse sich nicht zurückdrehen, sagte der Parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold (SPD) am Dienstag bei einer Mehrweg-Konferenz der Deutschen Umwelthilfe. Daher müsse man Verpackungen einsetzen, die nicht direkt weggeworfen und recycelt würden. «Ich halte das für einen der zentralen Faktoren, um Mehrweg insgesamt auch über den Getränkebereich hinaus wieder voranzubringen», sagte Pronold.

In Deutschland fällt zwar viel Verpackungsmüll an, es wird davon aber laut UBA auch viel recycelt – etwa 69 Prozent. Je nach Material sind die Unterschiede groß: Bei Stahl sind es 91,9 Prozent, bei Aluminium 90,1, bei Papier und Karton 87,7 Prozent und bei Glas 83 Prozent. Verpackungsmüll aus Kunststoff wurde dagegen nur zu 47,1 Prozent wiederverwertet, aus Holz sogar nur zu 25,3 Prozent.

"Da muss sich etwas ändern"

"Deutschland hat es wieder geschafft, Spitze in Europa zu sein, was die Menge an Verpackungsmüll angeht", sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anton Hofreiter. "Da muss sich etwas ändern. Wir erwarten von Ministerin Schulze, dass sie ein Konzept vorlegt. Es ist auch bekannt, was notwendig ist: Wir brauchen mehr Recycling, wir brauchen mehr Mehrweg, wir brauchen vernünftige Mehrwegquoten. Und ich erwarte, dass endlich ein tragfähiges Konzept vorgelegt wird, denn es kann nicht sein, dass Deutschland Spitzenreiter bei der Menge des Mülls pro Kopf in Europa ist." (dpa/hp)