Entsorgung

Schwimmende Mülleimer befreien Häfen von Plastik

Hafen-Betreiber NPorts setzt die Fangkörbe bereits an drei Standorten ein. Mit einer Pumpe ausgestattet, schlucken sie Verpackungen, Flaschenkapseln und Mikroplastik.
03.08.2021

Ein NPorts-Mitarbeiter leert den Meeresmülleimer, der schwimmenden Abfall im Becken des Emder Hafens einsammelt.

 

Für Schleusenbootsmann Björn Fuhlendorf ist es nach eigenen Angaben nur ein minimaler Arbeitsaufwand, für den Emder Hafen aber hat es großen Nutzen: Mit wenigen Handgriffen zieht er einen Fangkorb mit allerlei Unrat aus dem trüben Wasser vor der Borssumer Schleuse am Rande des Emder Hafens. Er schüttet den Inhalt auf das Pflaster der Anlage: Plastikfetzen, Flaschenverschlüsse, Styroporklumpen und auch Algen sowie Treibsel landen auf den Steinen.

Der Korb, den Fuhlendorf mit Schwung leert, gehört zu einem schwimmenden Meeresmülleimer, den der Hafenbetreiber Niedersachsen Ports (NPorts) seit kurzem im Hafenbecken installiert hat. «Wir haben ja Umschlag im Hafen, da fällt natürlich mal was ins Wasser», berichtet Fuhlendorf. Helme oder Schuhe, aber auch kleinere Teile von Transportsicherungen, Netzen und Verpackungen. Während Fuhlendorf die groben Stücke meist noch mit der Hand rausfischt, ist dies bei kleinstem Mikroplastik eine nicht leistbare Sisyphusarbeit.

Ausleeren ist einfach

Der Meeresmülleimer, auf Englisch auch «Seabin» genannt, sei da eine «tolle Unterstützung», sagt der NPorts-Mitarbeiter. Dass der Bedarf da ist, zeigt, dass Fuhlendorf und seine Kollegen den vollen Eimer bis zu zwei Mal täglich leeren. Ein großer Aufwand sei das aber nicht. «Das Ausleeren mache ich eher nebenbei», erklärt Fuhlendorf.

Die Funktionsweise des schwimmenden Müllschluckers ist ziemlich simpel: Eine Tauchpumpe unterhalb des Korbes saugt permanent Wasser an. Treibgut, das in der Nähe auf der Wasseroberfläche schwimmt, wird angesogen und fällt in das Auffangnetz. Das Wasser fließt zurück in das Hafenbecken.

Enges Fangnetz

Der Meeresmülleimer habe ein sehr feinmaschiges Netz, das Mikroplastikpartikel mit einer Größe von bis zu zwei Millimetern abscheiden könne, berichtet Fuhlendorf. Durch eingebaute Ölpads könnten zudem sogar kleinere Mengen Öl aufgenommen werden.

Die Idee zur Anschaffung war Fuhlendorf, der sich selbst für Umweltschutz einsetzt, vor zwei Jahren gekommen. «Bei meinen Hafenrundgängen fällt mir immer wieder auf, wie plastikvermüllt der Hafen einfach ist. Mir ist es einfach wichtig, etwas dagegen zu tun.»

Kosten der Mülleimer

Über das Internet stieß er, wie er berichtet, auf die von den Australiern Andrew Turton und Pete Ceglinski entwickelten Seabins. Weltweit gibt es laut den Initiatoren bislang 860 Meeresmülleimer. Fuhlendorf teilte die Idee im unternehmenseigenen Intranet und stieß bei seinen Vorgesetzten auf Interesse. Im Frühjahr 2020 installierte NPorts die ersten Geräte, die etwa 5000 Euro pro Stück kosten, in Emden und Wilhelmshaven. Im Monat würden mit einem Gerät zwischen 120 bis 140 Liter Plastikmüll aus dem Hafen gefischt. Die Stromkosten für die Pumpe schätzt der NPorts-Mitarbeiter auf etwa drei Euro pro Tag.

Die Plastikflut besorgt Wissenschaftler schon länger. Zahlen des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2017 verdeutlichen das Problem auch an den Stränden der südlichen Nordsee: Im Mittel wurden dort 389 Müllteile pro 100 Meter Strandabschnitt gefunden, wie aus Erhebungen zwischen 2009 bis 2014 hervorging. Können die vergleichsweise kleinen Meeresmülleimer da überhaupt helfen, den Plastik-Eintrag etwa in die Nordsee zu verringern?

Interesse an anderen Standorten

«Die Hauptmaßnahme, die wir ergreifen können, ist zu verhindern, dass Müll in die Umwelt gelangt», zeigte sich Lars Gutow, Wissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut (AWI), überzeugt. Keine Option sei es, später zu versuchen, den Müll am Grund wieder einzusammeln. Dazu bräuchte es Schleppnetze, von denen aber starke Beeinträchtigungen für die Meeresumwelt ausgingen. Das Einsammeln etwa mithilfe der Seabins könne letztendlich nur ein Mosaikstein in einer übergreifenden Strategie bleiben.

NPorts ist von der Leistung der schwimmenden Müllschlucker überzeugt. Der Hafenbetreiber hat neben Emden und Wilhelmshaven nun auch in Cuxhaven Seabins im Einsatz – insgesamt sind es etwas mehr als eine Handvoll Eimer. Langfristig will NPorts die Zahl der schwimmenden Mülleimer verdoppeln und prüft weitere Einsatzorte – etwa an den Versorgungshäfen zu den Inseln und im Binnenland. Auch einige Städte zeigten bereits Interesse. So schafften sich Emden und Leer schon Meeresmülleimer an. Auch bei Bremenports wird ein Seabin eingesetzt. Eine Anfrage erreichte NPorts zuletzt von Helgoland. (dpa/hp)