Kündigungsfrist: Arbeitgeber können Dienstwagen entziehen

Knackpunkt bei der Dienstwagennutzung im Fall einer Kündigung ist die Bewertung des zu versteuernden geldwerten Vorteils.
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Gastbeitrag von
Nicole Elert
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht
Partnerin der PricewaterhouseCoopers GmbH WPG
Bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung nebst unwiderruflicher Freistellung bis zum Ende der Kündigungsfrist verlangen Unternehmen regelmäßig den zur Verfügung gestellten Dienstwagen zurück, auch wenn dieser vom gekündigten Arbeitnehmer bislang auch privat genutzt werden konnte. Dies führt oftmals zu Konflikten, da die Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung ein (steuer- und abgabenpflichtiger) Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts und damit Vergütungsbestandteil ist.
Dann gilt, dass der Widerrufsvorbehalt grundsätzlich dann zulässig ist, wenn dieser transparent und nachvollziehbar formuliert ist und eine Kalkulation des Leistungsentzuges = des geldwerten Vorteils ermöglicht. Für die ermessensfehlerfreie Wahl des Rückgabezeitpunktes kommt es aber auf die Berücksichtigung der Grundsätze der Einkommenssteuer (EStG) an.
In einem aktuellen Fall war der Arbeitnehmer bei seiner Arbeitgeberin als kaufmännische und operative Leitung tätig. Ihm wurde ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung gestellt. Sein Arbeitsvertrag sah für den Widerruf der Privatnutzung folgende Klausel in § 10 Absatz 2 in Auszügen vor:
"Die private Nutzung des Dienstfahrzeugs kann vom Arbeitgeber widerrufen werden, ... wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist und der Arbeitgeber den Mitarbeiter berechtigt von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt ... hat, … Ein Anspruch des Mitarbeiters wegen des Entzugs der privaten Nutzung besteht in diesen Fällen nicht."
Höhe des Nutzungsausfalls
In § 15 Absatz 2 seines Arbeitsvertrags war die Möglichkeit der Freistellung im Falle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehen. Das Unternehmen kündigte den Arbeitnehmer ordentlich Anfang Mai aus betriebsbedingten Gründen zu Ende August, stellte den Arbeitnehmer mit sofortiger Wirkung unwiderruflich bis Ende August frei und verlangte die Herausgabe des Dienstwagens zum 23. Mai.
Der Arbeitnehmer kam der Aufforderung zur Herausgabe des Dienstwagens nach, verlangte aber Nutzungsausfall für die entgangene Privatnutzung ab dem 23. Mai bis Ende August. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) folgte der Forderung nach Nutzungsausfallentgelt – aber für den Zeitraum vom 23. bis 31. Mai.
Zum Widerrufsvorbehalt nach § 10 Absatz 2 des Arbeitsvertrages führte das BAG in seiner Entscheidung am 12. Februar 2025 unmissverständlich aus, dass diese Klausel wirksam sei. Der Widerrufsvorbehalt sei transparent gefasst und klar verständlich. Für den Arbeitnehmer würde ein ausreichendes Mindestmaß an Kalkulierbarkeit des Leistungsentzuges bestehen.
Denn wie sich der Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens nach einem Widerruf auf seine Vergütung auswirken würde, sei für ihn aus dem in seiner Gehaltsabrechnung ausgewiesenem geldwerten Vorteil erkenn- und kalkulierbar. Das Widerrufsrecht des Arbeitgebers sei ihm auch im Zusammenhang mit einer wirksamen Freistellung während der Kündigungsfrist zumutbar, da er bis zum Ende der Kündigungsfrist keine Arbeitsleistung mehr zu erbringen habe. Daher sei auch die Verknüpfung dienstlicher und privater Nutzung sachgerecht.
Abwägung der Interessen
Zur Ermessenausübung des Unternehmens in Bezug auf das Datum der Herausgabe im laufenden Monat Mai stellt das BAG aber fest: nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG könne der zu versteuernde geldwerte Vorteil nur monatlich und nicht kalendertäglich angesetzt werden. Dies führe dazu, dass der Arbeitnehmer bei einer Rückgabe des Dienstwagens innerhalb eines laufenden Monats die Steuerlast für den ganzen Monat trüge.
Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes überwiege das Interesse des Arbeitnehmers, den von ihm versteuerten Vorteil vollständig real nutzen zu können, das Interesse der Beklagten am sofortigen Entzug des Dienstwagens. In der Folge sprach das BAG dem Arbeitnehmer für die Tage vom 23. bis zum 31. Mai Nutzungsausfallentschädigung zu.
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