Karriere

Homeoffice-Modelle im Wandel: Flexibilität für die Zukunft der Arbeit

Der Arbeitsmarkt zeigt ein zerrissenes Bild: Fachkräftemangel trifft auf Entlassungswellen, hieß es auf einer Diskussionsrunde auf der VKU-Verbandstagung. Stadtwerke stehen aufgrund des demografischen Wandels und der Digitalisierung vor großen Herausforderungen.
11.03.2025

Zum Thema "Ohne Arbeitskräfte keine Transformation – Wie begegnen Unternehmen dem Fachkräftemangel erfolgreich(er)?" diskutierten in Berlin: (v.l.n.r.) Moderatorin Astrid Frohloff, Charlotte Beissel, Vorstand Stadtwerke Düsseldorf, Sirka Laudon, Vorständin Axa Konzern, und Enzo Weber, Professor am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit.

 

Von Elwine Happ-Frank

Als "extrem zerrissen" bezeichnete Enzo Weber, Professor am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, die gegenwärtige Arbeitsmarktsituation. Einerseits herrsche Fachkräftemangel, andererseits gebe es Entlassungswellen, sagte der Experte auf einer Diskussionsrunde auf der VKU-Verbandstagung in Berlin. Die Industrie verliere monatlich über 10.000 Arbeitsplätze, während Sektoren wie Gesundheit, Pflege und Energieversorgung wachsen. Deutschland befinde sich nicht nur in einer Konjunkturdelle, sondern in einer Transformationskrise.

Was die Arbeitswelt betrifft, prägen drei Faktoren die Veränderung: der demografische Wandel, die Digitalisierung und die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt, stellte Charlotte Beissel, Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektorin der Stadtwerke Düsseldorf, fest. Das Unternehmen steht vor der Herausforderung, dass in den nächsten Jahren ein Drittel seiner Belegschaft altersbedingt in den Ruhestand geht, was eine strategische Personalplanung erforderlich macht. Die Stadtwerke akquirieren deshalb "unablässig im Arbeitsmarkt, um die Lücke aufzufüllen" – mit Blick auf sich verändernde Jobprofile.

Einen besorgten Blick auf die Resilienz der Belegschaften warf Sirka Laudon, Vorständin des Ressorts People Experience beim Axa Konzern. Das Problem sei ja nicht nur der demografische Wandel, durch den in Zukunft Fachkräfte noch schwieriger zu finden sind. "Wir sehen derzeit, dass sich die Resilienz der Belegschaft seit Corona nicht mehr so erholt", sagte Laudon.

Psychisch stark belastete Belegschaften

Das Unternehmen veröffentlicht im März seinen jährlich erscheinenden "Mental Health Report". Darin hat der Versicherer festgestellt, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung sich psychisch etwas "angeknackst" und nicht ganz gesund fühlt. "Wir sehen auch, dass Störungen wie Depression und Burnout auf dem Vormarsch sind." Deshalb sei derzeit die oberste Herausforderung, die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter hochzuhalten.

Neue Technologien sind dabei zum einen eine Hilfe bei der Lösung der Probleme, aber auch ein Teil des Problems. "Wenn wir in der neuen Arbeitswelt gut dastehen wollen, dann müssen wir gerade bei einem Entwicklungsthema wie der Künstlichen Intelligenz (KI) deutlich nachlegen", sagte Weber. Allerdings sei Deutschland auf diesem Gebiet im internationalen Vergleich ziemlich mittelmäßig. Der Wissenschaftler empfahl, dass die Unternehmen den Beschäftigten mehr Mut machen sollten, dass sie sich damit selbst aktiv auseinandersetzen.

Beissel sieht das eher skeptisch. Auch die Stadtwerke Düsseldorf beschäftigen sich intensiv mit KI. "Allerdings führen wir derzeit noch große Umstellungsprojekte im Bereich der Digitalisierung durch", sagte die Vorständin. Viele Fachbereiche seien noch dabei, die Themen Algorithmen, Robotik und Migration in die Cloud zu bearbeiten.

Sicherlich gebe es Expert:innen im Unternehmen, die "in den Startlöchern stehen, mit KI zu arbeiten", so Beissel. Die Unternehmensleitung habe sich aber darauf geeinigt, "erst einmal eine richtig gute Grundlagenarbeit machen, bevor wir 'die Schleusen öffnen’". Bis dahin gibt es nur Anwendungen in einem geschlossenen Raum in einer sicheren Umgebung.

Homeoffice im Wandel

Die Diskussionsrunde widmete sich auch ausführlich dem Thema Homeoffice in der Post-Corona-Zeit. Bei den Stadtwerken Düsseldorf sind in einer Betriebsvereinbarung bis zu 100 Prozent Homeoffice möglich. Dies zielt vor allem auf IT-Spezialisten ab, die in der Region nicht zu angeworben werden können.

Die Stadtwerke und auch Axa haben einen Rahmen von 60 Prozent Homeoffice und 40 Prozent Büroanwesenheit festgelegt. Beide Unternehmen streben mehr Präsenz an, ohne diese verpflichtend zu machen. Einigkeit bestand darin, dass bestimmte Tätigkeiten wie Personalgespräche, Beziehungsmanagement, kreative Workshops, Teamzusammenarbeit und Entscheidungsfindung von der persönlichen Anwesenheit profitieren.

Im Übrigen sei Veränderungsbereitschaft wie "ein Muskel, der ständig trainiert werden muss", sagte Laudon. Bei Axa wurde beispielsweise das Konzept fester Arbeitsplätze abgeschafft – selbst für Führungskräfte und Vorstandsmitglieder. Dieser Ansatz fördert durch die ständig wechselnden Perspektiven und Kontakte die Offenheit für Neues.

Eine besondere Herausforderung stellt die unterschiedliche Behandlung von Mitarbeitenden dar, deren Positionen kein Homeoffice erlauben. Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass es wichtig ist, alternative Formen der Flexibilität für diese Gruppen zu entwickeln, etwa durch Fortbildungstage oder flexible Schichtmodelle. Letztlich gehe es darum, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, die den unterschiedlichen Bedürfnissen der Mitarbeitenden gerecht werden und gleichzeitig die Produktivität und den Zusammenhalt stärken.