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Studie: Hybride Arbeit ist seit Corona Standard

Aktuelle Forschungsergebnisse machen Mut: Die Möglichkeit, ortsflexibel zu arbeiten, eröffnet Beschäftigten wie Unternehmen neue Perspektiven - und macht den deutschen Arbeitsmarkt attraktiver. Herausforderungen liegen in der Integration, Vernetzung und dem Wissensaustausch der Mitarbeiter.
03.08.2023

Nach dem Frühstück direkt an den Schreibtisch: Immer mehr Beschäftigte wollen sich den Weg ins Büro sparen.

Wie weit ist das »New Normal« in den Unternehmen angekommen? In einer Kooperation des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP) wurde untersucht, wie sich hybride Arbeit in Deutschland entwickelt - und rund 400 deutsche Unternehmen und Organisationen befragt.

„Die Ergebnisse unserer Studie ›Arbeiten nach der Corona-Pandemie – Ein Jahr danach‹ zeigen, dass hybrides Arbeiten in deutschen Unternehmen mittlerweile Standard ist. Bei weniger als einem Prozent der Befragten ist mobiles Arbeiten gar nicht möglich, immerhin über 80 Prozent der Unternehmen haben Betriebsvereinbarungen getroffen, in denen die Rahmenbedingungen für mobiles bzw. hybrides Arbeiten festgelegt sind“ , so Studienleiterin Josephine Hofmann vom Fraunhofer IAO. 

Pluspunkte für den Standort Deutschland

Die Ergebnisse zeigen: In fast einem Drittel der befragten Unternehmen gehören Anwesenheitsquoten im Büro der Vergangenheit an. Eine flexible Büroorganisation und die Einsparung von Büroflächen werden zur Selbstverständlichkeit. Auch mobiles Arbeiten im EU-Ausland ist für viele Beschäftigte attraktiv und wird immer häufiger geregelt.

Zur Gestaltung der Rahmenbedingungen des „New Normal“ sagt Kai H. Helfritz, Mitglied der Geschäftsführung der DGFP: „Die Studie zeigt, dass sich beim mobilen Arbeiten nicht mehr die Frage nach dem ›Ob‹, sondern nur noch die Frage nach dem ›Wie‹ stellt. Hybrides Arbeiten ist zum Standard geworden. Aus Sicht von HR ist das eine gute Entwicklung, weil die Möglichkeit des ortsflexiblen Arbeitens für viele Menschen ein entscheidendes Kriterium bei der Jobauswahl bildet und der deutsche Arbeitsmarkt insgesamt an Attraktivität gewinnt.“

Unternehmen müssen Mitarbeiter noch stärker an sich binden

Hofmann weist aber auch auf negative Entwicklungen hin: „Auf der einen Seite belegt die Studie, dass die hybride Arbeitswelt Schwierigkeiten bei der Integration, Vernetzung und dem Wissensaustausch von Mitarbeitenden mit sich bringt. Auf der anderen Seite sehen wir, dass sowohl die Innovations- als auch Produktionskraft davon bisher unberührt bleiben. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir Unternehmen, sich noch stärker mit ihrer Rolle als ›sozialem Ort‹ auseinanderzusetzen und die Fragen der Betriebsgemeinschaft und Identitätsstiftung zu klären, um eine langfristige Bindung und gemeinsame Innovationsfähigkeit sicherzustellen.“

„Die Studie zeigt, dass sich beim mobilen Arbeiten nicht mehr die Frage nach dem ›Ob‹, sondern nur noch die Frage nach dem ›Wie‹ stellt."
Kai H. Helfritz, Mitglied der Geschäftsführung der DGFP

Es soll auch ohne zusätzliche Kontrollinstrumente funktionieren

Lediglich zwei Prozent der Befragten gaben an, Anpassungen bei der Produktivitäts- und Leistungsmessung vorzunehmen, wobei auch hier nicht immer der Wunsch nach mehr Kontrolle im Vordergrund stehe, wie Helfritz erklärt: „Tatsächlich sind es oft die Mitarbeitenden selbst, die sich mehr Transparenz in der Aufgabenteilung wünschen, damit das Arbeitspensum im Team möglichst gerecht verteilt ist. Für HR steht der Aufbau einer Vertrauenskultur eindeutig im Mittelpunkt. Anstatt also neue Kontrollmechanismen zu suchen, die das mobile Arbeiten überwachen, werden Lösungen angestrebt, die soziale Erosionen verhindern und den Zusammenhalt fördern. Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass der Grundstein dafür im Team selbst gelegt wird, indem individuelle Absprachen und Regelungen in Form von Teamvereinbarungen getroffen werden." Ähnlich sieht das Hofmann: „Wir sind überzeugt, dass Führungskräfte in die hybride Teamführung hineinwachsen und von technischen Tools profitieren werden, die den sozialen Gestaltungsspielraum erweitern."

Flexibilisierung der Arbeitszeit liegt im Trend

Eine neue Entwicklung wird in der Studie deutlich: Unternehmen finden immer mehr Stellschrauben, um Mitarbeitende, die nicht mobil arbeiten können, zu kompensieren - flexible Schichtplanung ist eine davon. Für Helfritz ist dies ein Hinweis auf einen größeren Trend: „Unsere Vorgängerstudie zeigte, dass Deutschland noch vor einem Jahr vor erheblichen Herausforderungen beim Thema mobiles Arbeiten stand. Nun können wir feststellen, dass die Hindernisse für das ortsflexible Arbeiten erfolgreich überwunden wurden. So deutet sich eine Verschiebung der Debatte ab – weg von der Flexibilisierung des Arbeitsortes hin zu einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten." (bs)