E-Mobilität

Autokonzerne streiten um die Zukunft der E-Mobilität

Kampf an allen Fronten: Die Autobranche hadert mit der Klimapolitik und muss Milliarden ins E-Auto stecken. VW-Chef Diess will eine konsequente Elektro-Offensive, doch nicht jeder mag ihm folgen.
20.03.2019

Harald Krüger, Vorstandsvorsitzender von BMW, steht bei der Bilanz-Pressekonferenz des Automobilherstellers BMW vor dem Konzeptfahrzeug Vision iNext.

Die VW-Forderung nach einem radikalen Wechsel zur batteriebetriebenen Elektromobilität spaltet die deutsche Autoindustrie. Im Kern geht es darum, ob sich die Förderung – wie es VW-Chef Herbert Diess vorschwebt – künftig ausschließlich auf Batteriefahrzeuge konzentrieren soll. BMW-Chef Harald Krüger widersprach der Forderung entschieden. Auch an anderer Stelle spürte Diess Gegenwind: VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh forderte am Mittwoch Beschäftigungssicherung bis Ende 2028 und machte klar, Gespräche über "Effizienzsteigerungen" werde es nur unter Bedingungen geben. Nach Einschätzung aus VW-Kreisen darf dies als gelbe Karte für Diess gelten.

Krüger betonte: "Wo ich ganz klar anderer Meinung bin, ist Technologieoffenheit." Diess dagegen will Subventionen vor allem auf kleine vollelektrische Autos konzentrieren und sagte: "Technologieoffenheit ist jetzt die falsche Parole." Was bedeutet das? Neben batterieelektrischen Autos gibt es weitere denkbare Antriebsvarianten – etwa die wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle, Hybride oder synthetische Kraftstoffe. Diess dagegen will alles auf eine Karte, nämlich Batterien, setzen.

BMW-Chef: in einigen Ländern Wasserstoff eine Alternative

Aber: Die Entwicklung in verschiedenen Teilen der Welt sei unterschiedlich, und wie schnell die Infrastruktur für reine vollelektrische Fahrzeuge entstehen werde, "das sehe ich anders", erklärte Krüger. In einigen Ländern sei Wasserstoff eine Alternative zum Batterieauto. Daraus ergebe sich Diskussionsbedarf, sagte er. Am Mittwochabend wollten Diess und Krüger mit Daimler-Chef Dieter Zetsche und dem Präsidenten des Autoverbands VDA, Bernhard Mattes, ausloten, ob sie eine gemeinsame Linie finden können.

Krüger schloss nicht aus, dass die Politik in einem wichtigen Land die Hersteller dazu verpflichten könnte, Brennstoffzellen-Autos anzubieten und sie andernfalls überhaupt keine Autos mehr dort verkaufen dürften. Deshalb sei Technologieoffenheit wichtig. Krüger sagte, darüber "werden wir heute Abend intensiv diskutieren". Zur Debatte über den VDA und Spekulationen über einen Austritt von VW aus dem Verband sagte er: "Wir stehen zum VDA."

"Vorschläge zu sehr auf Volkswagen gemünzt"

Diess hatte den Konflikt mit einem Strategiepapier ausgelöst, das in der Branche und auch in der Politik heftig umstritten ist. Kritiker monieren, die Vorschläge seien zu sehr auf Volkswagen gemünzt. In dem Papier heißt es, die bisherigen Pläne zur Verkaufsförderung sowie zum Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos reichten nicht aus. Das Bundeskanzleramt hat dem Vernehmen nach eine Prüfung der Vorschläge zugesagt und will sich mit Blick auf eine erste Spitzenrunde zur Zukunft der Mobilität bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im April äußern. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) lässt die Vorschläge nach dpa-Informationen bereits intensiv prüfen.

Auch vor rund 20.000 Beschäftigten auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg betonte Diess: "Die Elektromobilität ist der richtige Weg." Aber: ein E-Auto erfordere etwa 30 Prozent weniger Arbeit als ein Verbrenner. "Es wird schwer, das nur mit Fluktuation und Altersteilzeit zu bewältigen", warnte er. Die Digitalisierung werde Arbeitsplätze kosten, moderne IT erlaube es, viele Routinearbeiten und Prozesse etwa in der Verwaltung zu automatisieren. Zuvor hatte der bei der Kernmarke VW Pkw fürs Tagesgeschäft zuständige Manager Ralf Brandstätter angekündigt, dass in den nächsten fünf Jahren zusätzlich 5000 bis 7000 Stellen wegfallen sollen.

"Elektromobilitätsstrategie von Herrn Diess ist ein Jobkiller"

Das brachte den mächtigen Betriebsratsboss Osterloh auf die Palme. Der Zahl fehle jede Grundlage, sagte er auf der Versammlung. Zwar sei der Betriebsrat bereit, Wege zu verhandeln, die Beschäftigungssicherung und Wirtschaftlichkeit gleichrangig behandelten. Aber erst müsse der Vorstand seine Hausaufgaben machen. "Bevor all diese Fragen nicht beantwortet und mit klaren Vereinbarungen versehen sind, wie wir diese Fehler beheben, werden hier keinerlei Gespräche zu weiteren Effizienzsteigerungen stattfinden."

Diess bekräftigte, wegen der strengen EU-Vorgaben zum CO2-Ausstoß müsse der Anteil der E-Autos bei Volkswagen bis 2030 bei rund 40 Prozent liegen. FDP-Bundestagsfraktionsvize Michael Theurer dagegen warnte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Die Elektromobilitätsstrategie von Herrn Diess ist ein Jobkiller." (dpa/hil)