Skepsis zu Habecks Ladestrom-Idee überwiegt
Von Jürgen Walk
Sowohl in der Elektromobilitätsbranche als auch bei Autoherstellern überwiegt die Skepsis zu den jüngsten Ideen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Elektromobilität zu fördern. Habeck hatte ein Ladestrom-Guthaben von 1000 Euro sowie ein "Sozialleasing" vorgeschlagen, also eine steuerliche Förderung von Elektroautos für Menschen mit geringerem Einkommen.
"Grundsätzlich begrüßen wir eine sozialgerechte Förderung der Elektromobilität, insbesondere im Mix aus monetären und nichtmonetären Maßnahmen", heißt es beim Bundesverband E-Mobilität (BEM). Wichtig sei dabei aber, dass diese Maßnahmen nicht nur kurzfristige Kaufanreize setzen, sondern langfristig auf den Aufbau einer nachhaltigen Ladeinfrastruktur, die Förderung von Innovationen und die Schaffung stabiler Rahmenbedingungen abzielen. "Nur so können wir eine breite gesellschaftliche Akzeptanz erreichen und die Mobilitätswende erfolgreich gestalten", erklärt BEM-Vorstand Christian Heep.
Auch EnBW begrüßt "alle Maßnahmen, die schlussendlich den Kundinnen und Kunden zugutekommen und so den Umstieg auf E-Mobilität erleichtern und fördern", teilt der Energiekonzern mit. Solche Maßnahmen sollten belastbar sein und funktionierende Mechanismen schaffen, die die Neuzulassungen im Land ankurbeln. Zentral sei dabei, dass diese Maßnahmen auch zukünftig Bestand haben. Das schaffe Vertrauen aufseiten der Wirtschaft, "und so schaffen wir gemeinsam wiederum Vertrauen bei Kunden". Beides erachte EnBW als unverzichtbar für eine erfolgreiche Elektrifizierung der Mobilität und so zur Dekarbonisierung des Verkehrs.
Axel Sprenger, Geschäftsführer der auf E-Mobilität spezialisierten Marktforscher von U-Scale, weiß aus Befragungen, dass Förderungen bei den Unentschiedenen nach deren eigenen Angaben eine große Rolle spielen. Doch die plötzliche Wegnahme der Förderung im vergangenen Jahr habe unglaublichen Schaden in der ganzen Industrie angerichtet. Sprengers Appell: Keine Förderung ohne geplantes und planbares Wieder-Ausschleichen.
"Psychologisch interessant" sei den bayerischen Vorschlag für den Entfall der Parkgebühren, so Sprenger. "Das schafft jeden Tag eine kleine Freude, nicht zum Automaten zu müssen und ein paar Euro zu sparen. Kostet wenig, könnte psychologisch aber viel bringen", so der Marktforscher.
Autobauer reagieren mit Vorsicht
Sehr verhalten wirkt die Reaktion der Autobranche. So heißt es zwar beim Verband der Automobilindustrie: "Es ist gut und richtig, dass die Politik den Handlungsbedarf bei den Rahmenbedingungen für den Hochlauf der E-Mobilität erkannt hat." Dass aber "aktuell nahezu täglich neue Vorschläge öffentlichkeitswirksam platziert werden, führt in erster Linie zu Kaufzurückhaltung und Verunsicherung". Das sei weder für die Industrie noch für die Verbraucherinnen und Verbraucher hilfreich. "Prämien können wirken, Debatten darüber sind schädlich", heißt es beim VDA. "Wir brauchen nachhaltige und langfristige Lösungen statt einzelner Strohfeuer."
Eine Reduzierung des Ladestrompreises durch mehr Wettbewerb und Technologie, sowie durch eine Senkung von Steuern und Abgaben, sei von zentraler Bedeutung, so der VDA. Ein Guthaben für den Ladestrom mache den Strom insgesamt noch nicht günstiger. "Wir brauchen daher neben kurzfristigen Anreizen vor allem eine andere Energiepolitik, die ein größeres Angebot an klimaneutraler Energie schafft."
Der Zentralverband des Kraftfahrzeuggewerbes (ZdK) sieht die Vorschläge lediglich als "Tropfen auf den heißen Stein. Eine Förderung von 1000 Euro sei insbesondere deshalb marginal, da Neuwagenpreise von Elektroautos 10.000 Euro bis 15.000 Euro über denen vergleichbarer Verbrenner liegen. Die von Habeck ebenfalls vorschlagene Förderung von Batteriechecks für Gebrauchtwagen sei aber ein positives Signal für den Gebrauchtwagenmarkt.