ÖPNV

Automatisierte Busse für den Berliner Nordwesten

Ein neues Projekt zur Einführung von autonomem ÖPNV baut auf Erfahrungen aus Vorgängerversuchen auf. Es geht auch um Einbindung der Gesellschaft und Akzeptanzforschung.
23.06.2023

Aus Vorgängerprojekten zeigt sich, dass viele Menschen Wert auf Begleitpersonal im autonom fahrenden Bus legen.

Im Nordwesten Berlins soll in den kommenden Jahren vollautomatisierter und bedarfsgesteuerter Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) in großem Maßstab getestet werden. Das entsprechende Projekt „NoWeL4“ ist auf drei Jahre angelegt. Es wird von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) koordiniert. Das Zentrum Technik und Gesellschaft (ZTG) der TU Berlin soll dabei die Technik bewerten.

Um den Nahverkehr attraktiver zu machen, müsse das Angebot ausgeweitet werden, heißt es bei ZTG. Shuttle-Verbindungen, die die „letzte Meile“ übernehmen, Haltepunkte nach Bedarf nah an der eigenen Haustür und generell mehr Linien und dichtere Taktzeiten. Aber Busfahrer und -fahrerinnen seien schon jetzt gesuchte Fachkräfte. Auch durch verstärkte Ausbildung könne der zukünftige Personalbedarf im ÖPNV nicht gedeckt werden, sagt Wulf-Holger Arndt von ZTG. Automatisierten Bussen ohne Fahrer komme deshalb in Zukunft eine besondere Bedeutung zu. „Wir haben das Glück, dass Deutschland auf diesem Gebiet tatsächlich mal Vorreiter war und im Juni 2022 als eines der ersten Länder ein Gesetz verabschiedet hat, das den Verkehr solcher Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen regelt.“

Maßgeschneidertes Verkehrskonzept

In der Nomenklatur des automatisierten Fahrens geht es hier um das Level 4: Dabei fährt das Fahrzeug ohne Fahrer vollautomatisiert im Normalbetrieb. Kameras, Laser-Abstandsmesser, GPS-Ortung und digitale Karten halten es auf Kurs und sorgen für sichere Begegnungen mit anderen Verkehrsteilnehmern. Sollte ein System ausfallen oder das Fahrzeug vor einer ungewöhnlichen Situation stehen, kann die Leitzentrale eingreifen.

Das Projekt NoWeL4 konzentriert sich auf den Nordwesten Berlins. Es ist das urbane Entwicklungsgebiet zwischen dem ehemaligen Flughafen Tegel, der Siemensstadt und den vormaligen Industriearealen in Gartenfeld und Haselhorst Nord. Dieses etwa 25 Quadratkilometer große „Entwicklungsband Nordwest“ sei eines der größten städtischen Entwicklungsgebiete Europas, so Arndt. Das versetze die Stadt in die Lage, den zukünftigen Bewohnern ein maßgeschneidertes, nachhaltiges Verkehrskonzept anbieten zu können. In einem Beirat sollen Bezirke und Quartiersmanagement, Wohnungsbaugesellschaften und Nachbarschaftsinitiativen, aber auch Fahrrad- und Verkehrsclubs sowie Fahrgastverbände vertreten sein.

Es wird neue Berufsbilder geben

In Berlin hat es bereits einige Vorgängerprojekte gegeben. Ein wichtiges Ergebnis: Die Akzeptanz ist wesentlich, wenn größere Fahrzeuge eingesetzt würden und kein Begleitpersonal an Bord ist. An Kontaktmöglichkeiten für die Passagiere und die Servicequalität werden beim vollautomatisierten Fahren höhere Ansprüche gestellt werden, prognostiziert Arndt. Das könne völlig neue Berufsbilder nötig machen. „Die Stellenanzeigen der Verkehrsbetriebe werden auch beim vollautomatisierten Betrieb jedenfalls nicht ganz obsolet werden“, so Arndt. (wa)