ÖPNV

Die U-Bahn als Kraftwerk

Neue Ideen sorgen im ÖPNV für mehr Energieeffizienz: beim Bremsen und bei Fahrtreppen.
30.03.2022

Die Münchner Verkehrsgesellschaft nutzt die Energie, die beim Betrieb von Rolltreppen entsteht, für die Beleuchtung der U-Bahnhöfe (hier das Untergeschoß am Münchner Marienplatz).

 

Bus und Bahn sind klimafreundliche Fortbewegungsmittel. Doch auch sie verbrauchen Strom. Allein die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zum Beispiel haben einen Gesamtbedarf von rund 450 Gigawattstunden pro Jahr, so viel wie 180.000 Berliner im selben Zeitraum. Aktuelle Projekte in Wien, München und Köln zeigen, wie sich auch im öffentlichen Nahverkehr elektrische Energie einsparen lässt. So besteht eine mögliche Lösung darin, den Strom mehrfach zu verwerten. Neue Technologien helfen dabei.

"Strom-Recycling" ist ein möglicher Weg, um den Energiehunger im Verkehrssektor im Zaum zu halten. Bremsenergie-Rückgewinnung heißt das Stichwort. Dabei wird die beim Bremsen freigesetzte Energie wieder in elektrische Energie zurückverwandelt. Um diese bestmöglich nutzen zu können, haben die Nahverkehrsbetriebe der Stadt Wien das Projekt „Brake Energy“ ins Leben gerufen.

Viele Gigawatt werden „erbremst“

U-Bahn-Stationen funktionieren wie kleine Kraftwerke. In den Brake-Energy-Anlagen wird Bremsenergie in das Wechselstromnetz der Wiener Linien eingespeist, wo der Gleichstrom der U-Bahn in Wechselstrom umgewandelt wird. Dieser Wechselstrom wird wiederum benötigt, um Rolltreppen und Aufzüge anzutreiben oder Laternen zum Leuchten zu bringen. Gebremst wird auf den Wiener U-Bahnstrecken tausende Male pro Tag. Laut Wiener Verkehrsbetriebe werden so im Jahr rund drei Gigawattstunden Strom "erbremst".

Neue Technologien, die im öffentlichen Nahverkehr Energie sparen und Wartungskosten senken, sind auch andernorts gefragt. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), ein Tochterunternehmen der Stadtwerke München (SWM), etwa hat die rund 770 Rolltreppen in U-Bahn- und Straßenbahn-Stationen in den Blick genommen.

Erfolgreiche Tests in München

Es ist das größte Fahrtreppennetz Deutschlands. Das Nahverkehrsunternehmen regelt deren Laufrichtung und Geschwindigkeit mit speziellen Frequenzumrichtern der Firma Yaskawa. Da es sich bei ihnen um Matrix-Konverter handelt, kann Bremsenergie bzw. anfallende Energie bei Abwärtsfahrten der Rolltreppen erneut genutzt werden.

Diese wird zurück ins Netz gespeist und steht dort etwa für die Beleuchtung der U-Bahn-Stationen zur Verfügung. Ein weiterer Vorteil dieser Lösung: Bremswiderstände werden überflüssig, das spart wiederum Energie für Kühlung und Lüftung der Komponenten in den Schaltschränken. Seit einem Testlauf an der U-Bahn-Station Fraunhoferstraße in München vor einigen Jahren werden nun alle Treppen nach und nach mit Matrix-Konvertern ausgestattet.

Zweites Leben für E-Auto-Batterien

Auch die Kölner Verkehrsbetriebe nutzen die Bremsenergie der Stadtbahnen und laden damit Elektro-Busse und -Autos auf. "Multimodale Lademodul-Integration", kurz "MuLi", heißt das Projekt, das gemeinsam mit dem Energieversorger Rheinenergie und dem Autobauer Ford umgesetzt wird.

Das Besondere: Hunderte ausrangierte Batteriezellen speichern hier den Strom. Die Module sind in einem grauen Block an der Haltestelle Bocklemünd in Köln zusammengeschaltet. Hier wird der beim Bremsen erzeugte Strom in einer Ladestation in sechs Batterie-Stacks gespeichert und für die Ladung von E-Bussen und Elektrofahrzeugen abgegeben. Durch die Zwischenspeicherung in Batterien werden auch Spannungsschwankungen vermieden. Diese würden entstehen, wenn Straßenfahrzeuge im Schnellladeverfahren geladen werden und zugleich eine Stadtbahn anfährt. (dpa/hp)