ÖPNV

Günstiges Angebot oder Steuerverschwendung?

Baden-Württemberg will für junge Leute ein ÖPNV-Ticket für 365 Euro im Jahr einführen. Die Opposition fragt, ob das nötig ist, wenn doch bald das Deutschlandticket startet. In Hessen soll es ein Ticket für Sozialhilfeempfänger geben.
16.01.2023

Junge Leute in Baden-Württemberg werden sich bald zwischen Jugend- und Deutschlandticket entscheiden dürfen.

Schüler, Studenten und Auszubildende aus Baden-Württemberg sollen vom 1. März an für 365 Euro im Jahr im ganzen Bundesland den öffentlichen Nahverkehr nutzen können. Dieses Angebot hat nach Ansicht der Landesregierung wegen des günstigen Preises gute Chancen, sich durchzusetzen. Das sieht die Opposition anders: Dem Landeshaushalt würde Mittel entzogen, und die Mehrheit der jungen Leute gebe sicher lieber ein paar Euro mehr aus, um das bundesweit gültige Deutschlandticket zu kaufen.

Nach den Planungen kann das „Jugendticket“ jeden Tag und rund um die Uhr für Busse, Straßenbahnen oder Regionalzüge im Südwesten genutzt werden. Hauptwohnsitz, Hochschule oder Ausbildungsplatz müssen aber in Baden-Württemberg liegen. Das Ticket gilt in allen 19 Verkehrsverbünden im Land. Für grenzüberschreitendende Verbünde kann das Ticket innerhalb des Verbundes über die Landesgrenzen hinaus genutzt werden. In Neu-Ulm sei dieser Kompromiss allerdings nicht gelungen, sagt Landesverkehrsminister  Winfried Hermann.

Land und Kommunen kommen für die Mehrkosten auf

Geplant ist das Jugendticket bislang nur als Jahreskarte. Mit dem Ticket sollen junge Menschen und ihre Familien finanziell entlastet werden. Außerdem hofft das Land auf mehr junge Menschen im ÖPNV. Das Land übernimmt rund 70 Prozent der Gesamtkosten. Bis Ende 2025 sind das 327 Millionen Euro. Die Kommunen kommen für die restlichen Mittel auf.

Die Opposition im Landtag sieht das kritisch. „Es gibt keinen Grund mehr, mit 100 Millionen Euro Steuergeldern jährlich junge Menschen einkommensunabhängig für gerade einmal einen Euro am Tag von Wertheim bis Konstanz fahren zu lassen“, sagt Hans Dieter Scheerer, ÖPNV-Sprecher der Liberalen. Dem Haushalt würden durch einen Symbolpreis langfristig erhebliche Mittel entzogen. Auch die SPD hat Zweifel, ob das Deutschlandticket zum Preis von monatlich 49 Euro nicht doch interessanter sein könnte als das 365-Euro-Ticket, das vom 1. März an nur im Südwesten gelten soll.

„Hessenpass mobil“ ist auf dem Weg

In Hessen ist derweil ebenfalls ein besonders günstiges Ticket geplant. Erhalten sollen es Menschen, die Bürgergeld oder das neue Wohngeld Plus beziehen, sowie Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Sie sollen die Möglichkeit bekommen, in ganz Hessen für 31 Euro im Monat im ÖPNV unterwegs zu sein. Die Idee für diesen „Hessenpass mobil“ haben Verkehrsminister Tarek Al-Wazir und Sozial- und Integrationsminister Kai Klose vorgestellt.

Das Land werde bis zu 15 Mio. Euro jährlich zur Verfügung stellen, um das Ticket zu finanzieren und entstehende Einnahmeausfälle der Verkehrsverbünde auszugleichen. Ein entsprechender Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Entwurf des Landeshaushalts 2023/24 sei auf dem parlamentarischen Weg. (wa mit Material von dpa)