Deutschland

VCI: In der Industrie hat CO2 längst einen Preis

Die Energiewirtschaft und die Chemieindustrie unterliegen bereits seit 2005 dem EU-Emissionshandel (ETS). Der VCI warnt davor, weitere Sektoren wie Verkehr und Gebäude einzubeziehen, weil das zu Verzerrungen im ETS führen würde.
17.07.2019

Nach Angaben des VCI hat sich der CO2-Ausstoß der chemisch-pharmazeutischen Industrie seit 1990 halbiert – trotz eines Anstiegs der Produktion um fast 70 Prozent. Bild: © BASF

Das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) hat schon lange einen Preis in der Energiewirtschaft und der Industrie. Darauf weist der Verband der Chemischen Industrie (VCI) vor der nächsten Sitzung des Klimakabinetts der Bundesregierung hin, das sich mit verschiedenen Modellen der Bepreisung von CO2 befassen will. 

Beide Wirtschaftszweige unterliegen dem EU-Emissionshandel (ETS), der seit seiner Einführung vor 14 Jahren durch die Mengensteuerung zielgenau dazu beiträgt, Treibhausgase zu vermeiden (-26 Prozent seit 2005). Die zusätzlichen Energiekosten der deutschen Chemieunternehmen durch das ETS liegen bei gut 1,3 Milliarden Euro pro Jahr – trotz der Strompreiskompensation.

Wettbewerbsnachteile in der EU

Der VCI hält daher Vorschläge für eine nationale CO2-Steuer für verfehlt, die diese beiden Sektoren einbezieht und sie so mit zusätzlichen Kosten belastet. Das gilt aus Sicht des VCI auch für die Einführung eines höheren nationalen Mindestpreises für CO2-Zertifikate (derzeit über 29 Euro je Tonne). Diese Maßnahme führe zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen für die deutschen Unternehmen im EU-Binnenmarkt. 

Problematisch ist aus Sicht des VCI zudem der Vorschlag, den europäischen Zertifikatehandel auf Verkehr und Gebäude zu erweitern. Diese Maßnahme werde zu erheblichen Verzerrungen im Preissystem des ETS führen. Denn die Reduktion von Treibhausgasen bei Verkehr und Gebäuden sei um ein Vielfaches teurer als bei den derzeit im ETS erfassten Sektoren. Erst ab einem Zertifikatepreis von 200 Euro pro Tonne CO2 werde ein Anreiz für zusätzliche Reduktionsmaßnahmen bei Verkehr oder Gebäuden entstehen.

Appell für getrennte Handelssysteme

Die Chemie, so der VCI, müsste bei einem solchen Preis für die Zertifikate Anlagen schließen. Der Verband plädiert deshalb dafür, Verkehr und Gebäude in einem separaten System zu erfassen. Der Hauptgeschäftsführer des Chemieverbandes in Frankfurt, Utz Tillmann, unterstreicht: „Nur mit einem getrennten Handelssystem ließe sich dieses Ungleichgewicht in den Vermeidungskosten auffangen.“

Der VCI appelliert daher an die Politik, den bestehenden EU-Emissionshandel weder durch andere Sektoren zu überfrachten, noch ihn durch einen nationalen Alleingang über einen höheren Mindestpreis für Zertifikate zu überbieten. „Das System funktioniert und wirkt, so wie es ist. Es liefert einen verlässlichen Beitrag für den Klimaschutz in der EU“, betont Tillmann.

Keine weiteren Belastungen

Derzeit diskutieren Politik und Gesellschaft intensiv darüber, ob und wie eine Bepreisung von CO2 – gegebenenfalls verbunden mit einem Umbau des Steuersystems – dazu beitragen kann, die mittel- und langfristigen Klimaschutzziele Deutschlands einzuhalten. Auch hier müsse gelten, betont der VCI, dass die Industrie nicht mit dieser nationalen Bepreisung zusätzlich belastet wird.

Nach Angaben des VCI ist die Bilanz der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland beim Klimaschutz positiv: Ihr Ausstoß von Treibhausgasen hat sich seit 1990 halbiert – trotz eines Anstiegs der Produktion um fast 70 Prozent. Klimaschutz habe für die chemische Industrie hohe Bedeutung, heißt es in der Stellungnahme des VCI. Die Unternehmen sehen darin nicht nur einen gesellschaftlichen Auftrag, sondern auch große Chancen.

CO2-Vermeidung mit Chemie

Die Chemie sei mit ihren Produkten und Innovationen Teil der Lösung, CO2-Emissionen zu vermindern – zum Beispiel durch Werkstoffe für den Leichtbau im Verkehr oder für die Nutzung von Windkraft und Solarenergie. Tillmann: „Um diesen Beitrag auszubauen, brauchen wir Rahmenbedingungen, die unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten und gleichzeitig unsere Innovationsfähigkeit stärken.“ (hp)