Deutschland

Altmaier sieht "starke Argumente" für LNG-Terminal in Brunsbüttel

Die jüngsten geopolitischen Entwicklungen geben dem Projekt Auftrieb. Die notwendigen Förderentscheidungen will der Bund bis Jahresende treffen.
23.08.2018

Brunsbüttel: Verflüssigtes

Erdgas (LNG) wird im Elbehafen in einen Kesselwagen verladen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will den Ausbau der Infrastruktur für Flüssiggas (LNG) in Deutschland zügig vorantreiben. Für Brunsbüttel an der Elbmündung als Standort eines LNG-Terminals hätten Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) "starke Argumente" vorgetragen, sagte Altmaier nach einem Gespräch am Donnerstag in Kiel. Die Chancen für ein LNG-Terminal in Deutschland hätten sich aufgrund der geopolitischen Entwicklung in den vergangenen Wochen deutlich erhöht.

Altmaier verwies auf die Zusagen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kürzlich bei seinem USA-Besuch, Europa würde dem Wunsch der USA folgen und in Zukunft mehr Gas aus Amerika importieren. Auch er, Altmaier, habe dies in Washington in Aussicht gestellt, allerdings markt- und wettbewerbsfähige Preise als Voraussetzung genannt. Die USA sind mit einer Produktion von 734,5 Milliarden Kubikmetern im vergangenen Jahr größter Erdgasproduzent der Welt, vor Russland und dem Iran.

EU hat 500 Mio. Euro bereitgestellt

LNG (Liquefied Natural Gas) ist Erdgas, das bei superkalten Temperaturen von minus 162 Grad Celsius verflüssigt wird und damit einen Großteil seines Volumens verliert. Es kann dann mit Spezialtankern transportiert und am Zielort wieder in den gasförmigen Zustand umgewandelt oder direkt als Treibstoff und Energieträger eingesetzt werden. LNG ist viel umweltfreundlicher als Diesel oder Schweröl und kann zum Beispiel als Schiffstreibstoff dienen.

Die Europäische Union habe 500 Mio. Euro für den Ausbau der LNG-Infrastruktur in Europa bereitgestellt, betonte Altmaier. Eine Arbeitsgruppe seines Ministeriums solle - auch unter Beteiligung Schleswig-Holsteins - klären, welche Fördermöglichkeiten in Frage kämen. Erste Förderentscheidungen sollen noch in diesem Jahr fallen und den Investoren mitgeteilt werden, wie Altmaier und Günther ausführten. Schleswig-Holstein hat signalisiert, im Fall einer sogenannten Wirtschaftlichkeitslücke finanziell zu helfen. Altmaier schloss Fördermittel des Bundes nicht aus.

LNG-Terminals in Europa schwach ausgelastet

Die bisherigen LNG-Terminals in Europa sind laut Altmaier nur zu 20 bis 30 Prozent ausgelastet. Zwei niederländische Unternehmen, der staatliche Versorger Gasunie und der Tankterminalbetreiber Vopak, haben mit dem Hamburger Tanklager-Logistikunternehmen das Joint Venture German LNG Terminal GmbH gegründet. Die Investoren wollen 2019 eine endgültige Investitionsentscheidung treffen und bis dahin verbindliche Verträge mit Gashändlern abschließen, die das Terminal nutzen wollen. Sollte das Terminal gebaut werden, würde es Ende 2022 in Betrieb gehen. Es wird von Investitionen in Höhe von etwa 450 Mio. ausgegangen.

In dem Gespräch in Kiel ging es auch um die Forcierung von Landstromanlagen für Schiffe in deutschen Häfen, um die Umweltbelastung zu reduzieren. Darüber wolle er mit allen Küstenländern sprechen, sagte Altmaier. "Mittel- und langfristiges Ziel ist es, dass wir Dieselstrom bei Aufenthalten in Häfen langfristig - so weit es geht - durch Landstrom ersetzen, der aus erneuerbarer Produktion stammt." Da viele Fragen mit der EU in Brüssel zu klären seien, wolle man zunächst mit schneller realisierbaren Modellvorhaben beginnen. Günther sprach von einem Dilemma, weil Landstrom erheblich teurer sei als Dieselstrom. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe soll in den nächsten Wochen alle Alternativen abwägen.

VDR hält Landstromanlagen für unnötig

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hält Landstromanlagen langfristig nicht für notwendig. "Landstrom ist nur eine Möglichkeit für Schiffe, ihre Abgase beim Hafenanlauf zu senken", erklärt Ralf Nagel, Geschäftsführendes VDR-Präsidiumsmitglied. "Mit LNG setzt die Schifffahrt auf einen so sauberen Brennstoff, dass sich die Landstrom-Frage gar nicht mehr stellt." Das geplante LNG-Terminal sei eine wichtige Voraussetzung dafür, die Versorgung der Seeschiffe mit sauberem Flüssigerdgas in Deutschland sicherzustellen.

Günther warb im Gespräch mit Altmaier auch dafür, an der Westküste ein sogenanntes Reallabor für Forschungszwecke mit Bundesmitteln zu errichten. Außerdem sollte das Fraunhofer Institut für Speichertechnologie in Schleswig-Holstein möglichst ganz oder aber zumindest mit einer Einrichtung angesiedelt werden. Altmaier betonte, es seien noch keine Entscheidungen gefallen. (dpa/hil)