Deutschland

Ein "Anschlag" auf die heimische Waldwirtschaft?

Wie baut man eine nachhaltige Holzindustrie und Waldwirtschaft auf, damit Holz als Energieträger vorhanden ist? Die Meinungen gingen auf der FNH-Veranstaltung weit auseinander und schossen auch gegen das geplante Gebäudeenergiegesetz.
04.05.2023

Holz als Energieträger und Brennstoff wird nicht eingeschränkt. Aber kann eine nachhaltige Nutzung gelingen?

Zwischendurch wurde befürchtet, dass die EU die Nachhaltigkeitskriterien für die Biomasse verschärft, womit die Verfügbarkeit reduziert worden wäre (lesen Sie hierzu das ZfK-Interview mit Hanns Koenig von Aurora Energy Research). Aber: Die Renewable Energies Directive (RED III) schränkt den Einsatz der Biomasse insgesamt nicht ein.

"Die strengen Nachhaltigkeitskriterien der RED III sind geboten und absolut vertretbar, damit Holzenergie wirklich nachhaltig ist", äußert sich Philipp Hübler, Vorstandsvorsitzender des Forums Nachhaltige Holzenergie (FNH), positiv über die Entwicklung. Aber wie kann man auf dieser Entscheidung aufbauend eine nachhaltige Forst- und Waldwirtschaft entwickeln? Darüber gingen die Gedanken auf der FNH-Veranstaltung "RED III, die Zukunft nachhaltiger Holzenergie und ihre Potenziale für die Dekarbonisierung" stark auseinander.

Kritik am GEG

Christoph Hoffmann, FDP-Bundestagsabgeordneter und Diplom-Forstwissenschaftler, stellte von Beginn an einen Bezug zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) her. Er kritisierte, dass der Gesetzentwurf Holz- und Pelletheizungen "faktisch" abschaffe. Dies widerspreche dem Gedanken, dass Bioenergie in Deutschland eine neue Zukunft habe. Der GEG-Entwurf wäre ein "Frontalangriff" auf die erneuerbare Energiequelle Holz und ein "Anschlag auf die heimische Waldwirtschaft", bemängelte er. "Eine neue Zukunft heißt nicht per se, weniger Holz zu nutzen, sondern es intelligenter einzusetzen", so Hoffmann.

Stolperstein: erneuerbare Vorgabe

Der Stolperstein sei die Vorgabe, dass Holzheizungen nur dann erlaubt seien, wenn sie mit erneuerbaren Heizungsträgern kombiniert würden. Er unterstrich aber auch, dass Holz eine "Nische" bleiben werde. Auf eine Zuschauerfrage, ob es nicht sinnvoller sei, die Biomasse in Kraft-Wärme-Kopplungs(KWK)-Anlagen einzusetzen, statt in Pelletheizungen, weil damit Strom und Wärme gleichzeitig produziert würden, antwortete er: "Let the market do the business. Wenn die KWK rentabler ist, wird es sich durchsetzen."

Wälder müssen bleiben

Dem gegenüber stand Susanne Winter, Programmleiterin Wald vom WWF Deutschland und Forstwissenschaftlerin. Sie betonte, dass "wir das Waldökosystem im Blick behalten müssen, um die Gefahren, die den Wald bedrohen, in den Griff zu kriegen". Die Wälder, die wir besäßen, könnten den Verlust der Biodiversität nicht mehr aufhalten. "Also müssen sie bleiben, sonst wird es schlimmer", war Winters Fazit. Vor allem sei sie überzeugt, dass die Bundeswaldinventur nächstes Jahr nachweisen werde, dass "der Wald nicht mehr eine Kohlenstoffsenke, sondern eine Quelle geworden ist".

Noch mehr Holz kann nicht nachhaltig produziert werden

Gleichzeitig sprach sie sich nicht per se gegen die Holznutzung aus, aber der WWF hat in seiner Studie "Alles aus Holz" herausgearbeitet, dass rund 3 Mrd. Kubikmeter Holz jährlich nachhaltig produziert werden könnten. Dem stünden bereits Verbräuche von rund 5 Mrd. Kubikmetern gegenüber. "Wir liegen jetzt schon darüber und die Wünsche werden die Nachfrage ansteigen lassen", sagte Winter. Der WWF habe keine Möglichkeit gefunden, die besagte Lücke zu schließen, "nicht einmal mit immenser landwirtschaftlicher Anzucht von Wald".

Holz ist nicht unbegrenzt

Ernst Kürsten betrachte das Thema differenzierter. Auch der Projektmanager beim 3 N Kompetenzzentrum Niedersachsen erläutert, dass eine steigende Nachfrage bestünde. Die führe dazu, dass Holz als Energieträger nicht unbegrenzt vorhanden sein werde. "In dem Kontext bereiten mir die Gedanken der Industrie, mit Holz zu dekarbonisieren, Bauschmerzen." Dennoch bricht er eine Lanze für die Holz- und Forstwirtschaft: "Selbst ausgebildete Forstwissenschaftler können es nicht ignorieren, dass unsere Wälder vor 300 Jahren ganz anders aussahen. Sie waren nahezu ausgelichtet", sagte Kürsten, welcher selbst Forstwissenschaftler ist.

Das tote Holz müsse aus dem Wald, vor allem aus den Nadelwäldern, entnommen werden. Damit würden die Wälder resilienter gegen die Dürre aufgestellt, weil sich weniger Bäume die Wasserreserven teilen würden. Außerdem helfe es Totalverluste bei Waldbränden zu vermeiden. Dann bräuchte es eine massive Aufforstung. (gun)