Deutschland

Klimastiftung: Nord-Stream-Betreiber hatte Einfluss auf Gründung

Der Betreiber von Nord Stream 2 hat an der Satzung der umstrittenen Klimastiftung MV mitgewirkt. Die Stiftung hatte den Bau der umstrittenen Gaspipeline unterstützt - wie genau, das ist gerade Gegenstand eines Gerichtsprozesses.
13.04.2022

Ministerpräsidentin Schwesig gerät wegen der Vorgänge rund um Nord Stream 2 zunehmend unter politischen Druck.

Der Betreiber der deutsch-russischen Nord-Stream-2-Pipeline hat die Gründung der Klimastiftung MV im Jahr 2021 beeinflusst. Diese unterstützte in der Folge die Fertigstellung der Gaspipeline und sollte das Projekt gegen US-Sanktionen absichern. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) bestritt am Dienstag in Schwerin zunächst, dass bei der Gründung Vertreter der Nord Stream 2 AG die Feder geführt hätten. Die Entscheidung zur Gründung der Stiftung sei in der rot-schwarzen Landesregierung auf Initiative des damaligen Energie- und heutigen Innenministers Christian Pegel (SPD) gefallen.

«Natürlich hat es dazu auch Gespräche mit Nord Stream gegeben», hieß es von Schwesig weiter. Pegel sagte dazu am Dienstag: «Sie kreieren keine Satzung für eine Stiftung, ohne mit den Beteiligten, die sie hinterher umsetzen sollen, zu sprechen und deren Bedarfe aufzunehmen». Der Pipeline-Betreiber war den Aussagen nach jedoch bereits früher involviert. «Ich bin nicht so vermessen zu sagen, ich bin der Einzige, der diese Idee hatte», so Pegel.

Enge Zusammenarbeit mit der Nord Stream 2 AG

Aufseiten von Nord Stream habe es einen Gesprächspartner gegeben, mit dem wiederholt die Sanktionsgesetzgebung der USA gegen am Pipeline-Bau beteiligte Firmen ausgewertet worden sei, erklärte Pegel. Dabei sei erörtert worden, wie ein Schutzschirm für bedrohte Unternehmen aufgespannt werden könne. Aus Sicht des heutigen Innenministers habe er in der Zusammenarbeit Landesinteressen vertreten, doch auch geprüft, ob man die Interessen des Unternehmens einbinden kann. Die Nord Stream 2 AG hat die Stiftung mit 20 Millionen Euro maßgeblich finanziert.

Schwesig hatte die Stiftung sowie die Unterstützung der Pipeline nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine bereits als Fehler bezeichnet. Sie stellte am Dienstag jedoch auch klar, dass aus damaliger Sicht sowohl die Finanzierung von Umweltprojekten als auch die Umgehung von US-Sanktionen Gründe für die Stiftung waren. «Beides haben wir klar und transparent dargelegt und auch klar und transparent im Landtag debattiert und entschieden», betonte Schwesig.

Rücktritt von Pegel gefordert

Aus der FDP-Fraktion im Landtag hieß es in einer Reaktion auf die Äußerungen: «Wir als FDP-Fraktion sind an einer ehrlichen Aufklärung interessiert, nicht an einem Bauernopfer, das nun gesucht wird und in der Person Pegel wohl gefunden wurde», so der Fraktionsvorsitzende René Domke. Auch hier will man wissen, ob die Nord Stream 2 AG die Gründung der Stiftung vorangetrieben oder beeinflusst hat. Die Jugendorganisation der Partei im Nordosten forderte den Rücktritt von Pegel.

Doch auch bei der Art und Weise in der die Stiftung den Bau der inzwischen fertiggestellten Gasleitung unterstützte, bleiben weiterhin offene Fragen. Weder die Klimastiftung selbst noch ihr Vorstandsvorsitzender Erwin Sellering (SPD) haben dazu bisher Genaueres preisgegeben. Genau das wollte eine Vertreterin der Transparenz-Plattform «Frag den Staat» erzwingen und zog vor das Landgericht in Schwerin. Sie bekam recht.

Stiftung will Informationen nicht preisgeben

Gegen dieses Urteil legte die Stiftung am Dienstag vor dem Oberlandesgericht Berufung ein. Aus Sicht des Prozessbevollmächtigten der Stiftung schließt das Stiftungsrecht eine Informationsweitergabe explizit aus.

Entscheidend für das Urteil des Landgerichts Schwerin vom vergangenen Freitag war, dass aus Sicht der Kammer durch die Stiftung mit öffentlichen Mitteln öffentliche Aufgaben wahrgenommen wurden und ein beherrschender Einfluss der Landesregierung bestehe. Letzteres zieht der Rechtsbeistand der Stiftung in Zweifel. Das Urteil des Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig.

Plattform will notfalls weiter klagen

Die Klägerin hatte nach dem Urteil ihre Position auch für den Fall einer Berufung gegen das Gerichtsurteil bereits bekräftigt: «Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, wie die Klimastiftung mit Gazprom und Nord Stream 2 kooperiert - vor allem jetzt angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine.» Die Plattform schloss weitere Klagen nicht aus, sollte dies nötig sein.

Die Landesgrünen sehen in der Berufung ein verheerendes politisches Signal. Landeschef Ole Krüger forderte Sellering auf «von sich aus alle Informationen zu veröffentlichen, die zur lückenlosen Aufklärung des Handelns der Stiftung benötigt werden.»

Kritik von Anfang an

Die Gründung der Stiftung war Anfang 2021 vom Landtag mit großer Mehrheit beschlossen worden. Sie stand allerdings von Beginn an in der Kritik, weil sie neben dem gemeinwohlorientierten Wirken für den Klimaschutz auch einen wirtschaftlichen Teil umfasste. (dpa/amo)