Deutschland

Kohle statt Gas: Kabinett beschließt Verordnung

Kraftwerke aus der Netzreserve können ab sofort wieder befristet am Markt teilnehmen. Wie gut das angenommen wird, ist offen. Die Kraftwerksbetreiber fordern mehr Planungssicherheit.
13.07.2022

Kraftwerke, die mit Kohle und Öl betrieben werden und sich aktuell in der Netzreserve befinden, können bis zum Ende des Winters befristet an den Strommarkt zurückkehren (Symbolbild).

In der Gaskrise können schon bald vermehrt Kohlekraftwerke zur Stromerzeugung zum Einsatz kommen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch eine entsprechende Verordnung. «Wir wollen jetzt im Sommer Gas einsparen, um unsere Speicher für den Winter zu füllen», erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Kraftwerke, die mit Kohle und Öl betrieben werden und sich aktuell in der Netzreserve befinden, können demnach bis zum Ende des Winters befristet an den Strommarkt zurückkehren. Die Verordnung trete am Donnerstag in Kraft. Damit will Habeck die Vorsorge stärken. Man wappne sich weiter für eine Zuspitzung der aktuellen Lage am Energiemarkt.

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing begrüßte die Verabschiedung der Verordnung. "Damit kann Gas im Bereich der Stromerzeugung eingespart werden, das uns wiederum über einen harten Winter helfen kann", betonte Liebing. Gleichzeitig müsse man in den nächsten Wochen genau beobachten, ob die Verordnung in ihrer jetzigen Form dafür ausreichende Voraussetzungen biete.

VKU-Chef Liebing: "Für einen marktlichen Kraftwerksbetrieb braucht es mehr als einen Zuruf"

Problematisch sei, dass der Kraftwerksbetrieb nicht an ein bestimmtes Datum, sondern an die Dauer der Alarm- oder Notfallstufe durch die Bundesregierung gebunden ist. "Für einen marktlichen Kraftwerksbetrieb braucht es mehr als einen Zuruf der Bundesregierung, sondern es erfordert Planungssicherheit über eine rechtlich klare Definition des Betriebszeitraums", verdeutlichte der VKU-Hauptgeschäftsführer.

Sollten Betreiber von Kohlekraftwerken keine ausreichenden Anreize vorfinden, um sich an der Stromproduktion zu beteiligen, müsse die Verordnung kurzfristig angepasst werden.

VIK: "Brauchen garantierte Betriebsfrist für Kraftwerke"

„Wir brauchen eine garantierte Frist für den Betrieb der Kraftwerke, die jetzt den Strom aus Erdgas ersetzen sollen“, forderte auch Christian Seyfert, Hauptgeschäftsführer des VIK Verbands der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e.V. „Wenn die befristete Teilnahme am Strommarkt jeden Tag mit dem Ende der Alarmstufe nicht mehr zulässig sein könnte, ist dies für viele Betreiber keine echte Option.“

Wegen einer jährlichen Wartung fließt aktuell kein Gas mehr durch die Ostseepipeline Nord Stream 1. Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung, die in der Regel bis zu zehn Tage dauert, den Gashahn nicht wieder aufdreht.

Das vordringliche Ziel, den Kohleausstieg in Deutschland bis 2030 zu vollenden, bleibe von der befristeten Maßnahme unangetastet, so das Ministerium. Die Koalition strebt einen früheren Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung an, bisher ist dieser bis spätestens 2038 geplant. (hoe/dpa)