Deutschland

Kontroll-Aufkleber für Fahrverbot

Baden-Württemberg verhandelt mit dem Bundesverkehrsministerium, wie man das erste Fahrverbot für eine ganze Stadt von Neujahr an kontrollieren soll. Laut dem Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ist nur ein "Bäpperle" an der Windschutzscheibe durchführbar.
25.07.2018

Aus Sicht der grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg lässt sich das Fahrverbot für Stuttgart von Neujahr 2019 an nur durch Aufkleber auf der Windschutzscheibe kontrollieren, die Auskunft über die Schadstoffklasse geben. "Anders geht es nicht", so Ministerpräsident Winfried Kretschmann gegenüber den Stuttgarter Lokalzeitungen. Kontrollen im stehenden Verkehr würden nur noch mehr Stau produzieren, meinte er.

Aufkleber für Scheuer denkbar, blaue Plakette nicht

Das Bundesverkehrsministerium bestätigte entsprechende Verhandlungen mit dem Ländle. Dessen Chef Andreas Scheuer schließe einen Aufkleber nicht aus, deutete ein Sprecher gegenüber dem SWR an. Details sollen bis Ende des Sommers verhandelt sein. Der CSU-Politiker hatte noch im März eine blaue Plakette als "Einstiegsdroge" in generelle Fahrverbote kategorisch ausgeschlossen.

Erst Euro 1 bis 4, dann bedingt Euro 5

Die Landesregierung hatte vor zwei Wochen einen "Luftreinhalteplan" beschlossen: Er sperrt Autos, die nur die Abgasnormen Euro 1 bis 4 erfüllen, als erstes aus der Stuttgarter "Umweltzone" aus. Diese entspricht fast dem gesamten Stadtgebiet, inklusive Höhenstadtteile. Das Fahrverbot tritt am Jahreswechsel in Kraft. Im Großraum Stuttgart sind 188.000 Fahrzeuge oder ein Drittel der Diesel betroffen. Nur wenn sich die Stickoxid(NOx)-Konzentration im Stuttgarter Kessel nicht bis Mitte nächsten Jahres mit anderen Maßnahmen auf ein EU-konformes Niveau verringert, sollen Euro-5-Fahrzeuge ausgesperrt werden, zum Jahreswechsel 2019/20.

Stuttgart wird dann nach Hamburg die zweite deutsche Stadt mit Diesel-Fahrverbot sein, aber die erste Stadt, bei denen dieses für praktisch die gesamte Gemarkung gilt. Die Landesregierung war mit ihrem "Luftreinhalteplan" in den letzten Tagen einer Ablauffrist formal einer Vorgabe des Verwaltungsgerichts Stuttgart nachgekommen.

Streit vor Gericht kann wiederaufleben

Ein Zwangsgeld droht ihr noch immer, weil der Spruchkörper die Maßnahmen möglicherweise für zu wenig konsequent ansieht. Die "SZ" hatte Anfang Mai exklusiv aus einem entsprechenden Brief eines der Richter zitiert und von einem "Kollisionskurs" der Exekutive gegen die Judikative gesprochen. Knackpunkte sind womöglich:

  • die Ausnahmen für Anlieger – befristet bis April 2019 – sowie Handwerker und Lieferanten und,
  • ob die Aussperrung von Euro 5 am 1. Januar 2020, sofern Mitte 2019 feststeht, dass die anderen Maßnahmen nicht die propagierte Wirkung erzielt haben, zu spät und zu bedingt ist.

Der "Luftreinhalteplan"

Der Luftreinhalteplan sieht flankierend unter anderem vor:

  • Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, unter anderem Schnellbus-Linien und günstigere Fahrscheine, mit Landeszuschüssen von 400 Mio. Euro
  • mehr Park-and-Ride-Parkplätze
  • die Förderung elektrischer Busse, LKW und Flottenfahrzeuge, deren "Einseitigkeit" in Baden-Württemberg umstritten ist
  • Filterwände sowie absorbierende Anstriche und Straßenbeläge in der Stuttgarter City
  • eine Busspur auf der am stärksten belasteten B 14 am Neckartor. (geo)