Milliarden für Strom und Wärmenetze: Erste Klingbeil-Pläne im Umlauf

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD)
Bild: © Katharina Kausche/dpa
Von Andreas Baumer
Das SPD-geführte Bundesfinanzministerium macht Tempo. Seit wenigen Tagen sind zwei Gesetzentwürfe im Umlauf, die dabei helfen sollen, das vom alten Bundestag beschlossene Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität umzusetzen. Ein Überblick über wichtige Punkte.
Worum geht es genau?
Um die berühmten 500 Milliarden Euro, die noch der alte Bundestag für eine Investitionsoffensive des Bundes bereitstellte. Dieses Geld soll nicht über den regulären Bundeshaushalt kommen, sondern über gesonderte Kredite. 100 Milliarden Euro davon sollen explizit in den Klima- und Transformationsfonds fließen, der die Energiewende unterstützen soll. Auch den Ländern sollen bis zu 100 Milliarden Euro für Investitionen in ihre Infrastruktur zur Verfügung stehen.
Aus den Entwürfen geht klar hervor, dass es sich um zusätzliche Investitionen des Bundes in die Infrastruktur handeln muss. Sieben Aufgabenfelder werden explizit genannt. Darunter befindet sich die Energieinfrastruktur, also beispielsweise Strom-, Wasserstoff- und Wärmenetze. Auch die Verkehrsinfrastruktur und die Digitalisierung werden genannt.
Wie wird das Geld ausgegeben?
Laut Gesetzentwurf soll das Geld in zehn gleichmäßigen, jährlichen Tranchen bis zum Jahr 2034 ausgezahlt werden. Aus dem Sondervermögen sollen nur Investitionen finanziert werden, die bis Ende 2036 bewilligt wurden.
Welches Bundesland bekommt aus dem Ländertopf wie viel Geld?
Grob gesagt: Je mehr Menschen in einem Bundesland leben, desto größer fällt der Fördertopf aus. Nordrhein-Westfalen soll 21 Prozent der Mittel erhalten und Bremen ein Prozent.
Welche Grenzen werden Bundesländern gesetzt?
Auch hier sind die Förderbedarfe nach Politikfeldern definiert. Bei der Energieinfrastruktur sollen insbesondere Wärme- und Energienetze gefördert werden können (wobei natürlich auch Wärme eigentlich Energie ist). Förderfähig sollen nur Investitionsvolumen von mindestens 50.000 Euro sein. Die geförderten Maßnahmen sollen auf eine längerfristige Nutzung auch unter Berücksichtigung der absehbaren demografischen Veränderungen abzielen.
Was hat es mit der Zusätzlichkeit auf sich?
Das Wort Zusätzlichkeit könnte eines der strittigsten Punkte bei der Umsetzung des Sondervermögens werden. Zum Hintergrund: Investitionen aus dem Sondervermögen sollen tatsächlich zusätzlich zu ohnehin im Bundeshaushalt vorgesehenen Investitionen erfolgen und nicht lediglich eine Umschichtung von Ausgaben darstellen, um im regulären Bundeshaushalt Platz zu machen für andere kostspieligen Vorhaben. Laut Grundgesetz liegt die Zusätzlichkeit vor, wenn im jeweilgen Haushaltsjahr eine angemessene Investitionsquote im Bundeshaushalt erreicht wird.
Das Finanzministerium hat sich nun für einen quantitativen und recht sperrigen Ansatz entschieden, um die Zusätzlichkeit konkreter zu fassen. Wörtlich heißt es dort: "Zusätzlich sind die im Sondervermögen veranschlagten Investitionen dann, wenn die im jeweiligen Haushaltsjahr im Bundeshaushalt insgesamt veranschlagten Ausgaben für Investitionen 10 vom Hundert der veranschlagten Ausgaben im Bundeshaushalt übersteigen."
Können Strompreise über das Sondervermögen gesenkt werden?
Eigentlich nicht. Denn dabei handelt es sich nicht um Investitionen, sondern lediglich um eine konsumtive Ausgabe des Staates. Trotzdem besteht in der Energiebranche die Sorge, dass etwa die Senkung der Stromsteuer zumindest indirekt über die neuen Mittel mitfinanziert werden könnte.
Konkret gab es in den vergangenen Tagen Hinweise darauf, dass das Bundeswirtschaftsministerium die Stromsteuersenkung über den Klima- und Transformationsfonds finanzieren will. Dessen Mittel kommen zu einem großen Teil aus CO2-Einnahmen, werden aber – wie erwähnt – durch das Sondervermögen aufgestockt. "Der Klima- und Transformationsfonds ist ein Versprechen an die Zukunft – kein Notgroschen des Bundesfinanzministers", warnte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.
Und BDEW-Chefin Kerstin Andreae sagte: "Die zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel müssen prioritär in zusätzliche Investitionen in Kraftwerke, Wärmenetze, den Wasserstoffhochlauf und die Digitalisierung fließen – sie sind das Rückgrat einer zukunftsfesten Energieversorgung."
Die Grünen-Abgeordnete Katrin Uhlig sprach sogar von einem "Täuschungsmanöver". "Dabei war klar vereinbart, dass die Mittel für zusätzliche Investitionen zur Verfügung stehen sollen", teilte sie mit.
Wie ist der weitere Zeitplan?
Laut einer aktuellen Zeitplanung sollen beide Gesetzentwürfe am 24. Juni vom Bundeskabinett beschlossen werden. Danach beginnt das parlamentarische Verfahren, das sich bis in den Herbst ziehen dürfte. Wenn es um die Verteilung der Gelder an die Länder geht, muss neben dem Bundestag auch der Bundesrat zustimmen.