Deutschland

Stromlücke von 15 GW - Studie empfiehlt Kapazitätsmarkt

Durch den Atomausstieg und den Ausstieg aus der Kohleverstromung steuert Deutschland auf eine große Stromlücke zu. Das Beratungsunternehmen Enervis hat sich nun angeschaut, wie ein zukünftiges Marktdesign darauf reagieren müsste.
06.12.2022

Das Strommarktdesign müsste Kapazitäten stärker belohnen, meint eine neue Studie. (Symbolbild)

Eine Anpassung der bisherigen Marktmechanismen, bei der allein die gelieferte Strommenge vergütet wird, ist zwingend notwendig. Das hat eine Studie der Energieberatung Enervis ergeben. Beauftragt wurde sie vom Branchenverband Zukunft Gas. Selbst unter optimistischen Annahmen gehen die Autoren demnach davon aus, dass 2031 mindestens 15 Gigawatt (GW) an gesicherter Leistung fehlen werden.

Diese Lücke wäre ohne den intensiven Ausbau der Erneuerbaren noch größer. Es bestehe also Handlungsbedarf, sagt Julius Ecke, Partner, Enervis Energy Edvisors. "Die Erneuerbaren können nur liefern, wenn die Sonne scheint und der Wind weht. Jedoch fällt der höchste Energieverbrauch meist in den Abend- und Morgenstunden an, also genau dann, wenn dies nicht der Fall ist."

Energy-only-Markt

Dieses Problem verstärkt sich, weil mehr elektrische Wärmepumpen eingesetzt und die Elektromobilität ausgebaut werden, so Ecke weiter. Deshalb müssten die Versorger flexibel einsetzbare Energien, etwa wasserstofffähige Gaskraftwerke, Großbatterien, Pumpspeicher oder abschaltbaren Lasten aufbauen.

"Der aktuelle Strommarkt unterstützt ein solches Modell aber nicht," so der Energiemarktexperte weiter. "Im sogenannten 'Energy only'-Markt wird der Betreiber nur vergütet, wenn auch wirklich Strom fließt, wir wollen künftig auch dem Bereitstellen gesicherter Leistung einen Preis geben."

Wettbewerb zwischen Technologien

Die Studienautoren sprechen sich daher für einen umfassende Kapazitätsmarkt aus, in dem eine Vergütung auch für vorgehaltene Energiekapazitäten stattfindet. Ähnliche Modelle seien in Ländern wie Großbritannien, Belgien oder auch Frankreich bereits praxiserprobt und wurden im Rahmen der Studie vergleichend analysiert.

"Wir wollen einen Wettbewerb zwischen den Technologien um das Gut der Versorgungssicherheit", sagt Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Gas. "Dann kann der Markt über ein effizientes Technologieportfolio entscheiden. Dafür benötigen wir unter anderem eine Rechtsgrundlage und eine zentrale Instanz, die die auszuschreibenden Kapazitätsmengen festlegt."

Preisbildung in Auktion

Die Beschaffung dieser Kapazitäten erfolge dann durch Auktionen, bei denen sich der Preis bilde. "Wichtig sind beispielsweise auch CO2-Faktoren, die im Ausschreibungsverfahren als Auswahlkriterien einfließen", so Kehler weiter. "So kann die Nutzung klimaneutraler und CO2-armer Kapazitäten angereizt und CO2-intensiver Kapazitäten ausgeschlossen werden."

Das neue Strommarktdesign müsse Anreize schaffen, zusätzliche Flexibilitäten in Form von Gaskraftwerken, Speichern und steuerbaren Stromlasten aus der Industrie zu schaffen. "Nur wenn für Investoren und Betreiber zeitnah ein darstellbares Geschäftsmodell für vorgehaltene Kapazitäten entsteht, kann der Zubau benötigter Leistung rechtzeitig beginnen." (jk)

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