Deutschland

Verbände-Appell: Düngerecht bedarf umfassender Novellierung

In Deutschland ist immer noch zu viel Nitrat im Grundwasser. Der Bundesrepublik droht erneut eine Klage der EU. Mehrere Organisationen fordern, die Stickstoff- und Phosphatbelastungen in Gewässern endlich konsequent zu reduzieren.
18.02.2022

Für den Schutz der Trinkwasserressourcen müsste endlich auch das Nitratabbauvermögen der Böden berücksichtigt werden, mahnt der VKU.

 

Die Bundesregierung berät am Freitag in Brüssel mit der EU-Kommission über die Verfahren zur Ausweisung nitratbelasteter Gebiete. Weil noch immer zu viel Nitrat im Grundwasser ist und die aktuellen Bestimmungen nicht ausreichen, droht Deutschland erneut eine Klage durch die EU-Kommission. Strafzahlungen in erheblicher Höhe wären die Folge.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßt die Initiative der Bundesregierung. „Wichtig für den vorsorgenden Schutz der Trinkwasserressourcen wäre zudem, endlich auch das Nitratabbauvermögen zu berücksichtigen – also die Frage, wie lange unsere Böden das Nitrat noch abbauen können, sodass der Nitrat-Eintrag vorausschauend reduziert werden kann“, mahnt VKU-Vizepräsident Karsten Specht.

Neuausweisung der Nitrat-Gebiete

Weitere Verbände und Organisationen, die sich in der „Nitratinitiative" zusammengeschlossen haben, fordern die neue Bundesregierung ebenfalls zur konsequenten Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie auf. Dazu gehören BUND, BDEW, Deutsche Umwelthilfe, Deutscher Naturschutzring, Germanwatch, Greenpeace, Grüne Liga, Global Nature Fund, Verdi und der WWF.

Konkret fordern die beteiligten Organisationen eine Neuausweisung der nitratbelasteten und eutrophierten Gebiete auf Grundlage konkreter Messwerte, da die bisherige Modellierung nicht EU-konform sei. Nach Angaben der Nitratinitiative liegen ihr Berechnungen vor, wonach die nitrat- und phosphatbelasteten Flächen in den Bundesländern bisher um bis zu 50 Prozent künstlich verkleinert und erforderliche Schutzmaßnahmen ausgesetzt wurden.

Düngerecht nur „vermeintlich streng“

Darüber hinaus sei eine Kontrolle der Düngung wegen fehlender Vorgaben in der Stoffstrombilanzverordnung nicht möglich. Als Folge werden noch immer bei rund 24 Prozent der Grundwasserkörper die Vorgaben nicht eingehalten. „Die derzeit gültigen Bestimmungen im Düngerecht legen zwar vermeintlich strenge Maßnahmen zur Nitratreduktion in Gewässer fest“, stellt VKU-Vize Specht fest. „Allerdings kommen diese Maßnahmen nur auf sehr kleinen Flächen zur Anwendung und eben nicht in allen nitratbelasteten Gebieten. Dies haben die kommunalen Wasserversorger schon mehrfach kritisch angemahnt.“

Die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Anja Weisgerber, hat aut dpa erklärt: „Mit den 2020 erlassenen Bundesregelungen wurden die Leitplanken für eine differenziertere Ausweisung von nitratbelasteten Gebieten geschaffen.“ Dieser neue Ansatz dürfe jetzt nicht von Bundesumweltministerin Lemke und Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir in Brüssel „verkauft“ werden. Denn das System sei ein guter Ausgleich zwischen dem Schutz des Grundwassers und den Interessen der Landwirtschaft. (hp)