International

Gaszahlungen künftig über russische Konten - Neue Sanktionen

Der Kreml will Gas-Zahlungen westlicher Staaten inmitten des Ukraine-Kriegs nur noch über Konten bei der Gazprombank abwickeln. Die USA verhängen neue Sanktionen. In Berlin bittet ein prominenter Ukrainer um Hilfe.
31.03.2022

Kreml-Chef Wladimir Putin wollte die Zahlungen für seiner Gasexporte nur noch in Rubel akzeptieren. Das ließen die Vertragspartner nicht zu - nun gibt es eine neue "Lösung".

Auf Anordnung von Russlands Präsident Wladimir Putin müssen westliche Staaten Konten bei der Gazprombank eröffnen, um weiter russisches Gas zu bekommen. Andernfalls würden die Lieferungen eingestellt, drohte Putin am Donnerstag in Moskau an. Dazu unterzeichnete der Kremlchef ein Dekret, das an diesem Freitag in Kraft tritt. Demnach kann auf das russische Konto weiter in Euro oder Dollar eingezahlt werden. Die Gazprombank konvertiert das Geld in Rubel und überweist den Betrag an Gazprom. Deutschland und andere westliche Staaten pochen darauf, weiter in Euro und Dollar zu zahlen.

Die Kämpfe in der Ukraine gingen unterdessen in die sechste Woche. Die ukrainischen Behörden berichteten ungeachtet der von Russland angekündigten militärischen Deeskalation von weiteren Kämpfen in der Nähe der Hauptstadt. Unabhängig überprüfen ließ sich dies nicht. Unklar war auch, ob die Bemühungen Erfolg hatten, Menschen vor Hunger und Zerstörung aus der besonders hart umkämpften Hafenstadt Mariupol zu retten.

Hilfen müssen schnell kommen

Der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko warb bei einem Besuch in Berlin eindringlich um Unterstützung für die Ukraine. Sein Land brauche finanzielle Hilfe, weil die Wirtschaft am Boden liege, es brauche humanitäre Hilfe, weil es in manchen Städten weder Lebensmittel noch Wasser noch medizinische Versorgung gebe. Und: «Wir brauchen Waffen», sagte Klitschko bei Bild TV. Entscheidungen darüber müssten schnell getroffen werden. Klitschko traf sich am Donnerstag auch mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Klitschkos Bruder Vitali ist der Bürgermeister von Kiew.

Die ukrainische Hauptstadt ist nach Einschätzung der US-Regierung weiter stark durch russische Luftangriffe gefährdet. Russlands Gerede von Deeskalation sei «schöne Rhetorik», sagte ein hochrangiger Pentagon-Vertreter. «Aber es bedeutet nicht, dass die Bedrohung aus der Luft weniger wird.» Auch wenn die Bodenpräsenz rund um Kiew verringert werde, setze das russische Militär die Stadt weiter mit Luftangriffen unter Druck. In den vergangenen 24 Stunden sei die Zahl der Lufteinsätze deutlich erhöht worden. Die Angriffe konzentrierten sich vor allem auf Kiew oder auch Tschernihiw.

Keine Signale der Entspannung

In Verhandlungen mit der Ukraine über ein Ende des Kriegs hatte Russland angekündigt, dort die Kampfhandlungen deutlich zurückzufahren. Nach Erkenntnissen der US-Regierung zog Russland binnen 24 Stunden etwa ein Fünftel seiner Truppen aus der Umgebung der Hauptstadt ab.

Auch die Nato sieht darin keine Signale der Entspannung. «Nach unseren Geheimdienstinformationen ziehen sich russische Einheiten nicht zurück, sondern positionieren sich neu», sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. Russland versuche, seine Truppen neu zu gruppieren, Nachschub zu organisieren und die Offensive im Donbass zu verstärken.

Verwirrung über Euro-Zahlungen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderte Putin auf, den Krieg einzustellen. «Gemeinsam fordern wir Präsident Putin auf, jetzt einem Waffenstillstand zuzustimmen, humanitäre Versorgung zu ermöglichen und wirkliche Friedensverhandlungen zu führen», sagte Scholz bei einem Treffen mit dem österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer.

Putin drohte unterdessen im Staatsfernsehen damit, die Gaslieferungen für «unfreundliche» Länder einzustellen, wenn sie sich nicht an die neuen Regeln hielten. «Wir beschäftigen uns nicht mit Wohltätigkeit.» Zuvor hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow bestätigt, dass Deutschland wohl weiter wie bisher in Euro für Gaslieferungen bezahlen könne. Italiens Ministerpräsident Mario Draghi sagte nach einem Telefonat mit Putin, auch alle anderen Staaten in Europa könnten ihre Rechnung weiter in Euro oder Dollar begleichen.

EU lehnte Zahlungen in Rubel ab

Putin hatte vor einer Woche angekündigt, russisches Gas an «unfreundliche» Staaten künftig nur noch gegen Rubel zu verkaufen. Begründet hatte Moskau sein Vorgehen mit einem angeblichen «Wirtschaftskrieg» des Westens. Putin begründete seine Rubel-Initiative damit, «dass unter Verstoß gegen die Normen des internationalen Rechts die Devisenreserven der Bank Russlands von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingefroren wurden». Damit hatte die EU auf Russlands Krieg gegen die Ukraine reagiert.

Die Gruppe der G7-Wirtschaftsmächte, darunter Deutschland, sowie die Europäische Union insgesamt lehnen Zahlungen in Rubel jedoch strikt ab. Die Bundesregierung warf Russland Vertragsbruch vor. Am Mittwochabend hatte Putin mit Kanzler Olaf Scholz telefoniert - und sicherte dabei laut Kreml bereits zu, dass die Umstellung nicht zu Nachteilen für Deutschland führen solle. Auch vielen Experten scheint unklar, was Putin genau bezweckt.

Weitere Sanktionen folgen

Die US-Regierung verhängte weitere Sanktionen gegen russische Firmen und Personen. Das US-Außenministerium und das US-Finanzministerium teilten am Donnerstag in Washington mit, 21 Unternehmen und 13 Personen würden mit Strafmaßnahmen belegt. Zuvor hatte auch Bundeswirtschaftsminister Habeck weitere Sanktionen gegen Russland angekündigt. Das letzte Sanktionspaket sollte nicht das letzte gewesen sein, sagte er nach einem Treffen mit dem französischen Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire. Einzelheiten nannte er nicht.

Als Antwort auf die europäischen Sanktionen verhängte Moskau Einreiseverbote gegen führende Vertreter der Europäischen Union. «Die Beschränkungen gelten für die höchste Führung der Europäischen Union (...) sowie für die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments», teilte das Außenministerium in Moskau am Donnerstag mit. Die «schwarze Liste» umfasse auch Vertreter von Regierungen und Parlamenten einzelner EU-Staaten. Namen wurden keine genannt. (dpa/lm)