Recht & Regulierung

Bürgermeister gehen in die Offensive

Seit mehreren Jahren tobt in Südbaden ein Konzessionsstreit, den Badenova gewonnen hat. Den Stadtoberhäuptern reicht es jetzt.
03.12.2024

Die Bürgermeister der Gemeinden fordern die Herausgabe des Netzes.

Von Jürgen Walk

Vor fast sechs Jahren hatten zehn Gemeinden im Südwesten Deutschlands ihre Stromnetze neu ausgeschrieben. Als klarer Sieger des Verfahrens setzte sich die Badenova aus Freiburg gegen den bisherigen Netzeigentümer Energiedienst, heute Naturenergie Netze, durch. Weil der Netzübergang aber immer noch nicht vollzogen ist, gingen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Gemeinden nun an die Öffentlichkeit.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz der Kommunen mit Badenova-Vertretern, zu der auch die unterlegene Seite eingeladen war, gab es deutliche Unmutsbekundungen der Gemeindeoberhäupter. Bürgermeister Andreas Schneucker aus Binzen etwa nannte es "sehr ignorant, wie jetzt von Seiten der Naturenergie vorgegangen wird." Bei den Gemeinden handelt es sich um Binzen, Eimeldingen, Rümmingen, Fischingen, Wittlingen, Schallbach, Kandern, Efringen-Kirchen, Inzlingen und Neuenburg, Ortsteil Steinenstadt.

Das OLG-Urteil ist längst rechtskräftig

Badenova habe 2018 eindeutig das beste Angebot gemacht, so Schneucker. Eine Rüge des unterlegenen Bewerbers sei zunächst vom Landgericht, später vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Auch die Kommunalaufsicht habe keine Einwände gehabt. Die Konzessionsverträge mit Badenova wurden nach dem Prozessmarathon mittlerweile unterschrieben und korrekt veröffentlicht. Der Vertrag sei damit für beide Seiten bindend. Doch als Badenova die Herausgabe der Netze verlangte, weigerte sich die mittlerweile in Naturenergie umbenannte EnBW-Tochter, die Netze abzugeben. Dabei kündigte Naturenergie an, nun gegen die Konzessionsverträge klagen zu wollen.

Seit mehr als fünf Jahren werde nur ein Gemeinderatsbeschluss torpediert. Das habe die Kommune in einem Rechtsstaat zu akzeptieren. Nun gebe es aber ein letztinstanzliches Urteil des Oberlandesgerichts sowie einen gültigen neuen Konzessionsvertrag. "Ich finde das nicht in Ordnung, dass Naturenergie diese Urteile nicht akzeptiert und wieder den Rechtsweg beschreiten will. Für uns bedeutet das Ungewissheit und ein Ärgernis".

"Wir bieten nicht für den Status quo an"

Auch Vertreter der Badenova nahmen teil, darunter Robin Grey, Geschäftsführer von Badenova Netze. Grey skizzierte die Verpflichtungen, die die Netztochter im neuen Konzessionsvertrag eingegangen ist. Das Unternehmen geht für die kommenden Jahre von einer Vervierfachung der Bezugsleistung sowie einer Verneunfachung der Einspeisung aus. "Wenn wir uns auf eine Konzession bewerben, dann müssen wir dem Rechnung tragen", so Grey. "Wir bieten nicht für den Status quo, wir bieten für die Energiewende an."

Gleich mehrere Vorteile biete der neue Konzessionsvertrag den zehn Kommunen. Es gehe um ein sehr hohes Ausmaß an Investitionen, außerdem die Vereinbarung, erhebliche Teile der Freileitungen in Erdkabel zu verbringen, es gehe um niedrige Netzanschlusskosten im Sinne der Verbraucher, die Reaktionszeiten seien schnell und Badenova garantiere eine sehr zuverlässige Partnerschaft sowie sehr sicheren Netzbetrieb.

Grey wies aber auch auf einen anderen Punkt hin: "Wir sind mit der Naturenergie Netze in sehr guten Gesprächen, wenn es etwa um die Wärmeplanung im Landkreis Lörrach oder um Wasserstoff geht. Wir sind sehr stark auf Kooperation eingestellt und auch angewiesen."

Badenova wehrt sich gegen Verleumdungen

Manuel Zimmermann, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Badenova, verwahrte sich gegen "unsägliche und verleumderische Aussagen". In der Presse sei zu lesen gewesen, dass Badenova nicht im Stande sei, bei schwierigen Wetterbedingungen wie Schnee das Stromnetz sicher zu betreiben. "Bei Unternehmen mit gesellschaftlichem Auftrag erwarten wir auch bei Auseinandersetzungen ein Mindestmaß an professioneller und fairer Argumentation, insbesondere dann, wenn sie mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand sind", so Zimmermann. Badenova sei als Versorger mit jahrzehntelanger Tradition und Routine für die Stromversorgung von rund 400.000 Menschen verantwortlich.

"Energie- und Wärmewende gelingt nur, wenn Versorger zusammenrücken und die riesigen Herausforderungen gemeinsam und konstruktiv angehen", so Zimmermann. Das dürfe nie auf dem Rücken der Kommunen und der Bevölkerung gehen.

Naturenergie ist nach eigenen Angaben der Auffassung, dass die Bewertung der jeweiligen Angebote nicht entsprechend den Kriterien der Ausschreibungsunterlagen erfolgte. Bei der Bewertung der Angebote seien Zusagen von Badenova positiv berücksichtigt worden, obwohl diese laut den selbst festgelegten Vergabekriterien der Städte und Gemeinden weder abgefragt noch relevant für die Bewertung waren. Es gebe mehrere OLG-Entscheidungen bei ähnlichen Fällen, "die unsere Sichtweise stützen". Zu den verlorenen Prozessen im konkreten Fall schreibt Naturenergie nichts.