"Die Kieztage fördern das Bewusstsein für Abfallvermeidung"
Mario Coopmann (47) leitet seit 2012 das Produktmanagement in der Berliner Stadtreinigung (BSR) und hat gemeinsam mit seinen interdisziplinären Teams unter anderem federführend Unterflursysteme für die Abfallentsorgung in Berlin mit eingeführt. Aktuell verantwortet er das Projekt "Kieztage" mit dem Ziel das Angebot dauerhaft als Leistung zu etablieren und die notwendigen Prozesse und Funktionen in Linie zu überführen.
Die Berliner Stadtreinigung ist während des Konferenztages Gastgeberin der diesjährigen ZfK-Nachhaltigkeitskonferenz am 17. Juni in Berlin. Dort werden vor allem Nachhaltigkeitsdaten und die Umsetzung der neuen CSRD-Richtlinie Schwerpunktthemen sein, hierzu werden auch zwei vertiefende Workshops angeboten. Zu den Referentinnen und Referenten gehören unter anderem die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey, Gasag-Vertriebsvorstand Matthias Trunk sowie Sonja Witte, Leiterin des Stabsbereich Strategie und Unternehmensentwicklung bei der BSR. Zur Anmeldung geht es hier.
Unterstützt wird die Veranstaltung neben der BSR von der Gasag, BTC und Limón, der Deutschen Kreditbank (DKB), Lufhansa Industry Solutions sowie Rödl & Partner.
Herr Coopmann, in Berlin gibt es den Abholservice für Sperrmüll und 14 Recyclinghöfe, wofür braucht man da noch separate Kieztage? Was verbirgt sich dahinter und wie ist die Idee entstanden?
Die Berliner Stadtreinigung (BSR) ist aktive Gestalterin von Lebensqualität in Berlin – basierend auf ihren Kerngeschäftsfeldern ganzheitliche Stadtsauberkeit sowie Abfall- und Ressourcenwirtschaft. Beide Ansätze sind für uns die Grundlage gewesen, um die Kieztage zu entwickeln: Attraktive Angebote für Berlin, weniger (Sperr-)Müll auf den Straßen sowie mehr Bewusstsein für Null-Verschwendung im Alltag und konkrete Re-Use-Angebote.
Seit April 2023 bringt die BSR in Kooperation mit den Berliner Bezirken den (kleinen) Recyclinghof in die Kieze und bietet Bürgerinnen und Bürgern neben den stationären Abgabestellen und Abholungen aus Haushalten eine mobile, haushaltsnahe Entsorgungsmöglichkeit für Sperrmüll, Alttextilien und Elektroaltgeräte.
Zugleich dienen die Kieztage als mobile Plattform für Wiederverwendung und Recycling, da immer auch ein Tausch- und Verschenkmarkt angeboten wird. Im Paket also eine runde Sache: Gute Zusammenarbeit mit den Bezirken, nachhaltige Ergänzung zu unseren bestehenden Sperrmüll-Dienstleistungen und den stationären BSR-Recyclinghöfen;attraktive Dienstleistungen für Berlin. So machen wir Berlin gemeinsam wieder ein Stückchen besser, grüner und sauberer.
"Der Tausch und Verschenkmarkt des Kieztages baut auch Brücken zwischen Menschen und trägt zur nachbarschaftlichen Unterstützung bei."
Wie genau werden die Kieztage umgesetzt und wie ist die bisherige Resonanz?
Das Angebot ist für die Berlinerinnen und Berliner kostenfrei, die Bezirke können zwei Termine pro Monat von montags bis samstags für jeweils fünf Stunden buchenInzwischen sind schon viele gute Standorte bekannt, die einfach zugänglich oder zentral gelegen und damit gut besucht sind.
Die Berliner Bezirksämter buchen die Termine bei der BSR und kommunizieren Termin und Standort über ihre Kanäle, verteilen Aushänge in Bezirksämtern oder Stadtteilzentren und im Kiez. Die digitale Veröffentlichung findet auch auf einer zentralen Internetseite www.bsrbsr.de/meinkieztag statt.
"Fast 60.000 Besuchende an über 170 Kieztagen
brachten über 1.000 Tonnen Sperrmüll."
Der Tausch- und Verschenkmarkt des Kieztages führt nicht nur dazu, dass gutes Gebrauchtes getauscht wird, sondern baut auch Brücken zwischen Menschen und trägt zusätzlich zur nachbarschaftlichen Unterstützung bei.
Die Kieztage sind bei den Berliner:innen sehr beliebt und im Durchschnitt werden 300 bis 400 Personen begrüßt. Für April bis Dezember 2023 haben wir eine gute Bilanz gezogen: Fast 60.000 Besuchende brachten bei über 170 durchgeführten Kieztagen über 1.000 Tonnen Sperrmüll und tauschten 127 Tonnen gutes Gebrauchtes auf dem Tausch und Verschenkmarkt – manchmal auch schneller, als wir das mitschreiben konnten. Den Erfolg wollen wir in den kommenden Jahren fortsetzen.
Offenbar wird mit den Kieztagen eine Zielgruppe angesprochen, die bisher selten die Möglichkeiten der Sperrmüllentsorgung genutzt hat. Lässt sich diese Gruppe genauer clustern und umreißen, was für Bürger sind das?
Bürgerinnen und Bürger sagen mehrheitlich, dass sie das Leistungsangebot befürworten, sehr zufrieden damit sind und es weiterempfehlen würden. Es kommen überall viele Personen zu Fuß, oft auch mit Kindern, und freuen sich über das naheliegende Angebot der Entsorgung. Die Kieztage sind eine neue Dienstleistung, die zwischen dem Hol- und Bringsystem der Recyclinghöfe angesiedelt ist.
Sie schließen eine Lücke im urbanen Raum, wo Menschen oft kein Auto oder keine Zeit haben. Darauf zielt auch unsere Kooperation mit Tiptapp – eine App, über die Mitfahrgelegenheiten zum Recyclinghof organisiert werden können. Mit diesen Angeboten fördern wir allgemein mehr Bewusstsein für Abfallvermeidung oder -trennung und erreichen hoffentlich auch die Menschen, die ihren Sperrmüll ansonsten auf der Straße entsorgen.
"Zero Waste verstehen wir als Null Verschwendung."
Welche Bedeutung haben die Kieztage für die Zero-Waste-Strategie der BSR und was genau ist das Ziel der Zero-Waste-Strategie?
Wir sehen hier das große Ganze: Im Sinne des europäischen Green Deal entwickeln wir ganzheitliche Lösungen für eine moderne Kreislaufwirtschaft und die Zero-Waste-Stadt Berlin. Zero Waste verstehen wir als „Null Verschwendung“. Denn das ist gelebter Klimaschutz und jeder Beitrag zählt.
Die Kieztage sind ein Baustein dafür und zahlen auch auf die Ziele des Abfallwirtschaftskonzeptes 2020-2030 des Landes Berlin und politische Schwerpunkte der Landesregierung ein, beispielsweise durch ein erweitertes Entsorgungsangebot , Prävention für Stadtsauberkeit und die Förderung von Zero Waste und Re-Use. Unsere Zero-Waste-Strategie enthält noch weitere Bausteine.
"Zu den Projekten, die wir bei der Woche der Umwelt vorstellen werden, gehört auch der schwimmende Reinigungsroboter Pontoon."
Bei der Woche der Umwelt Anfang Juni wollen die Berliner Stadtreinigungsbetriebe zahlreiche Ideen zur Erreichung des Ziels Zero-Waste-Stadt präsentieren. Was genau ist geplant?
Die BSR hat sich erfolgreich um eine Teilnahme an der „Woche der Umwelt“ von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Deutscher Bundesstiftung Umwelt (DBU) beworben: Am 4./5. Juni 2024 ist sie unter dem Motto "Modellprojekte für Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit im urbanen Raum" bei der zweitägigen Innovationsschau im Park von Schloss Bellevue dabei.
Hierbei werden gemäß des UN Sustainable Development Goals 11 ("Nachhaltige Städte und Gemeinden") verschiedene Modellprojekte wie die "BSR-Kieztage", die "Zero-Waste-Agentur" sowie weitere Innovationen der Stadtreinigung vorgestellt. Zu den vorgestellten Projekten zählen außerdem das erfolgreiche BSR-Gebrauchtwarenkaufhaus "NochMall", das Gebrauchtwaren-Schließfachsystem "Kiez-Locker" sowie der schwimmende Reinigungsroboter "Pontoon" und das mobile Grünanlagen-Sitzmöbel "Osca".
Wie motiviert man Bürgerinnen und Bürger am besten zur Abfallvermeidung und zur Abfallentsorgung, welche Instrumente haben sich bewährt?
Wir möchten die Berliner:innen dazu befähigen, Zero Waste und Re-Use umsetzen zu können. Von Workshops, Infoständen über Umweltbildungsaktionen bis hin zum BSR Zero Waste Festival machen wir Angebote, die die Thematik für verschiedene Ziel- und Interessensgruppen interessant aufbereitet und einfache Zugänge bietet. Die BSR Kieztage, aber auch das BSR-Gebrauchtwarenkaufhaus, die NochMall, sind Beispiele für eine erfolgreiche Umsetzung dieses Ansatzes.
Mehr zu den Kieztagen der BSR finden Sie hier.
Über die Berliner Stadtreinigung (BSR): Die Berliner Stadtreinigung (BSR) ist mit rund 6.200 Beschäftigten das größte kommunale Straßenreinigungs- und Abfallwirtschaftsunternehmen Deutschlands. Zu ihren Kernaufgaben gehören Straßenreinigung, Winterdienst, Müllabfuhr und Abfallbehandlung: BSR-Beschäftigte halten Straßen und Plätze sauber und kümmern sich im Winter um sichere Fahrbahnen. Sie leeren die Restabfall- und Bioabfalltonnen sowie in einigen Stadtgebieten die Wertstofftonnen – und sind außerdem berlinweit für die Sperrmüllabholung verantwortlich. Darüber hinaus betreibt die BSR u.a. das Berliner Müllheizkraftwerk, zwei Biogasanlagen, eine Sperrmüllaufbereitungsanlage sowie 14 Recyclinghöfe. Die BSR ist aktive Gestalterin der Lebensqualität in Berlin – basierend auf ihren Kerngeschäftsfeldern ganzheitliche Stadtsauberkeit sowie nachhaltige Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft. Als zuverlässige Partnerin des Landes Berlin handelt sie nach dem Grundsatz: #Gemeinsam machen wir Berlin besser, grüner und sauberer. Weitere Infos unter www.bsr.de.