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Eon-Chef Teyssen fordert Schwarz-Rot zum Nachbessern bei Energie- und Klimapolitik auf

Eon-Chef Johannes Teyssen hält die bisherigen Sondierungsergebnisse von Schwarz-Rot für zu oberflächlich und nicht ausreichend fundiert. Überraschendes hat er zu den Themen Bitcoin und Blockchain parat.
23.01.2018

Eon-Chef Johannes Teyssen hält einen Abschied vom Klimaziel 2020 für "völlig angemessen".

„Wir brauchen eine bessere Energiewende mit funktionierender Sektorenkopplung und eine breiter gefasste CO2-Abgabe“, sagte Teyssen zum Auftakt der „Handelsblatt“-Jahrestagung Energiewirtschaft 2018 am Dienstag in Berlin. Die künftige Bundesregierung forderte er auf, sich für einen CO2-Mindestpreis im europäischen Emissionshandel stark zu machen und den CO2-Ausstoß auch in bisher nicht betroffenen Sektoren wie Mobilität und Wärme zu bepreisen. Andernfalls könnten auch die mittel- und langfristigen Klimaziele für die Jahre 2030 und 2050 nicht erreicht werden.

„Ich hoffe, dass dieses Thema in den Koalitionsverhandlungen noch besprochen wird“, erklärte der Konzernchef. Eon konzentriert sich seit der Abspaltung der Erzeugung und des Energiehandels in das Unternehmen Uniper auf die Segmente Erneuerbare, Vertrieb und Netze.

Festhalten an exakten Zielen ist „Symbolpolitik“

Das derzeitige ETS-System funktioniere nur scheinbar. „Strukturell ist es ein gescheitertes Instrument“, betonte der Vorstandschef. Durch einen CO2-Mindestpreis von 25 bis 30 Euro etwa könnten hohe Einnahmen generiert werden. Dadurch gäbe es Spielraum für eine Senkung der Stromsteuer. Er glaube zudem nicht, dass sich die neue große Koalition Überlegungen Frankreichs für eine veränderte CO2-Strategie entziehen könne.

Den in den schwarz-roten Sondierungen mehr oder minder offen formulierten Abschied vom Klimaziel 2020 bezeichnete der Eon-Chef als „völlig angemessen“. Schließlich hätten sich seit dem Ausrufen des Ziels entscheidende Parameter wie Wirtschaftswachstum geändert, dazu komme der Schub bei der Migration. Das Festhalten an exakt definierten Zahlen sei bloße „Symbolpolitik“.

„Möglichst viel Geschäft in die Netze bringen“

„Wir müssen bei der Energiewende insgesamt weg von der präzisen Zielsteuerung und hin zu einem Instrumentenkasten, mit dem man realistisch arbeiten kann“, betonte Teyssen. Das gelte auch für die Debatte über den Abschied von der Kohle. „Es kommt auch beim Kohlausstieg nicht auf die genaue Jahreszahl an“, betonte Teyssen. Entscheidend sei der Konsens über das Ziel. „Wenn ich nicht weiß, wohin ich segeln will, ist jeder Wind falsch.“

Für Eon wie für andere klassische Energieversorger stehe auch künftig im Mittelpunkt, den mentalen Wandel vom Commodity-Verkauf zum intelligenten Vertrieb in einer vom Kunden bestimmten Energiewelt voranzutreiben. „Wir kooperieren zum Beispiel bei der Konfiguration von Solardächern mit Google, bei der E-Mobilität entsteht ein ganz neuer Markt für Strom“, sagte Teyssen. Die künftige „electric society“ sei auch immer eine „vernetzte Welt“. „Allein schon der Begriff Verteilernetze steht doch für eine alte, vom zentralen Denken bestimmten Welt“, so der Eon-Chef. „Unser Ehrgeiz muss es sein, möglichst viel Geschäft in die Netze zu bringen.“     

„Ich glaube, so etwas wie Blockchain ist Schwachsinn“

Skeptisch äußerte sich der Konzernchef zum derzeitigen Hype um die digitale Währung Bitcoin und verwies auf den damit verbundenen massiv steigenden Energieverbrauch. „Ich glaube an die virtuellen Währungen nicht“, sagte Teyssen. Derzeit verschlinge der Bitcoin-Handel Strom in einem Volumen von 40 Terawattstunden pro Jahr, was dem Bedarf Ungarns entspreche. Bereits Mitte 2019 werde das Schürfen mit Bitcoins so viel Strom benötigen, wie die USA insgesamt verbrauchten. Das sei keineswegs effizient. „Wir sehen, dass hoher Energieverbrauch kein Alleinstellungsmerkmal der Schwer- oder Grundstoffindustrie ist. Das trifft vielmehr auch auf die digitale Welt zu“, so Teyssen.

Auch vom digital-dezentralen Buchführungssystem Blockchain, dem viele Experten eine große Zukunft im Energiehandel voraussagen, hält der Eon-Chef persönlich offensichtlich nichts, auch wenn Eon eine entsprechende Energiehandelsplattform über eine Kooperation vor Kurzem aufgesetzt hat. „Ich glaube, so etwas wie Blockchain ist Schwachsinn.“ (hil)