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GGEW will Ausbau der Erneuerbaren und des Glasfasernetzes forcieren

Der Krieg gegen die Ukraine zeige, dass die Energiewende vor Ort mit viel größerem Druck als bisher vorangetrieben werden müsse, sagt GGEW-Vorstand Carsten Hoffmann.
25.07.2022

Bei der Bilanz-Pressekonferenz der GGEW AG: (von links) Uwe Sänger, technischer Bereichsleiter; Rainer Babylon, Bereichsleiter Vertrieb & Services; Carsten Hoffmann, Vorstand; Dr. Michael Lomitschka, kaufmännischer Bereichsleiter; Susanne Schäfer, Bereichsleiterin Marketing & Kommunikation.

 

Der südhessische Kommunalversorger GGEW aus Bensheim will vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine sein Portfolio an erneuerbaren Energien weiter ausbauen und Energieeffizienzmaßnahmen weiter verstärken. „Der Krieg hat deutlich gemacht, wie eng Versorgungssicherheit und Klimaschutz miteinander verflochten sind. Daher werden wir den Weg, den wir seit Jahren beschreiten, nach Möglichkeit noch beschleunigen“, versicherte GGEW-Vorstand Carsten Hoffmann bei der Vorstellung der Jahreszahlen für das Geschäftsjahr 2021. Die Energiewende werde künftig generell mit "viel größerem Druck als bisher vorangetrieben werden", da diese mittlerweile auch von höchstem sicherheitspolitischem Interesse sei.

120,9 MW umfasst das Erzeugungsportfolio der GGEW aktuell, das aus 45 Windenergieanlagen und 39 PV-Anlagen besteht. Insbesondere der Solarausbau wird weiter forciert, im Frühsommer 2023 etwa soll ein neues PV-Freiflächenprojekt in Wald-Michelbach in Betrieb gehen.

Gleichzeitig soll das Glasfasernetz in der Region Bergstraße/Odenwald ausgebaut werden. In den nächsten fünf Jahren werden hierzu rund 30 Mio. Euro investiert. „Bis Ende 2028 wollen wir die Glasfaser in unserem gesamten Netzgebiet ausgebaut haben, mit einem Marktanteil von über 30 Prozent“, bekräftigt Hoffmann.

Digitale Vertriebsplattform in der Entwicklung

Der Vertrieb der GGEW AG wandle sich immer mehr vom reinem Strom-, Gas- und Wasserdienstleister zum Anbieter von Energie-, Internet- und Mobilitätsprodukten. Hoffmann erklärt: „Das E-Carsharing entwickelt sich sehr positiv. Die PV-Pacht- und Heizungspacht-Angebote sowie der Verkauf und die Installation von Wallboxen werden ebenfalls gut angenommen. All das sind zugleich Maßnahmen für den Klimaschutz.“

Vor einer Reorganisation steht indes der Kunden-Service der GGEW AG. Unter dem Stichwort Zentrales Service-Center, entsteht derzeit eine gebündelte Anlaufstelle für alle Wünsche der Kundinnen und Kunden. Neben der persönlichen Beratung soll auch der digitale Kundenservice gestärkt werden, indem eine digitale Vertriebsplattform mit ganz neuen Möglichkeiten entwickelt wird.

Whitepaper zum klimaneutralen Netz

„Die Versorgungssicherheit ist unser oberstes Ziel“, betont der GGEW-Vorstand. Daher liefen permanent Sanierungsmaßnahmen in den Netzen. Die Effizienz für die Instandhaltung im Netzbetrieb wurde beispielsweise auch durch Erweiterungen im Geoinformationssystem noch gesteigert. Ein klimaneutraler Netzbetrieb sei ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der GGEW Netz-Philosophie. So hat der Bereich Technik der GGEW AG ein „Whitepaper klimaneutraler Netzbetrieb“ erarbeitet. Darin wurde festgeschrieben, was alles zu tun ist, um langfristig klimaneutral arbeiten zu können. Angefangen von der Reduzierung von Verlustenergien über Gasvorwärmung mit Biogas und die Optimierung von Schaltanlagen bis hin zum Fuhrpark.

"Robustes Geschäftsmodell und effiziente Beschaffungsstrukturen"

Die Energiepreiskrise ab dem zweiten Halbjahr vergangenen Jahres hat auch den Kommunalversorger getroffen. Zahlreiche Kunden mussten in die Grund- und Ersatzversorgung übernommen werden, nachdem deren Lieferanten aus dem Discountbereich im vierten Quartal bei extrem steigenden Handelspreisen die Versorgung einstellten. Manches in dieser Phase sei „für uns ein Kraftakt und teilweise echtes Neuland“ gewesen. Dennoch hätten sich das „robuste Geschäftsmodell und die effizienten Beschaffungsstrukturen“ als krisenfest erwiesen, hebt der Vorstand hervor. „Wir wussten, dass Risikomanagement beim Energieeinkauf ein hohes Gut ist und wichtiger als unbedingt zum besten Zeitpunkt die billigsten Einkaufspreise zu erzielen“.

Da der Anteil  des in Windparks erzeugten Stroms am gesamten Stromabsatz der GGEW aber in normalen Windjahren rechnerisch um die 50 Prozent beträgt, stehe man besser da als andere. 100 Prozent der  Erzeugung sei regenerativen Ursprungs. „Trotzdem stehen wir vor enormen Herausforderungen: Ganz können auch wir als GGEW AG trotz langfristiger und seriöser Beschaffungsstrategie die Preisexplosion künftig leider nicht abfangen, die Energiepreise werden in Deutschland steigen.“

Höherer Gewinn, höherer Umsatz

Unterm Strich konnte das Unternehmen im vergangenen Jahr den Jahresüberschuss auf 2,6 Mio. Euro (2020: 2,1 Mio.) steigern, der Umsatz lag bei 224,7 Mio. Euro (2021: 221,7 Mio.). Die Stromabgabe an Letztverbraucher sank auf 553 Mio. kWh (2021: 601 Mio. kWh). Die  Gasabgabe an Letztverbraucher kletterte witterungsbedingt auf 1,39 Mrd. kWh (2021: 1.15 Mrd. kWh).

Auf eine Prognose für den restlichen Verlauf des Jahres verzichtete Carsten Hoffmann mit Verweis auf die vielen aktuellen energiepolitischen Unwägbarkeiten. Eines sei aber klar: „Eine schnelle Rückkehr zu niedrigeren Gas- und Strompreisen ist nicht zu erwarten." (hoe)