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MVV will Direktvermarktungs-Portfolio deutlich ausbauen

Gewinnsteigerung, höhere Investitionen: Die Mannheimer profitieren weiterhin von ihrer ausgewogenen Aufstellung. Ein Kraftwerksausfall kommt das Unternehmen aber teuer.
14.12.2022

Der Vorstand von MVV Energie bei der Bilanzpressekonferenz am Mittwoch in Frankfurt am Main: (von links): Ralf Klöpfer (Vertrieb), Verena Ammann (Personal), Georg Müller (Vorstandsvorsitzender) und Hansjürgen Roll (Technik).

Das Wort „robust“ zog sich wie ein roter Faden durch die Bilanzpressekonferenz der Mannheimer MVV Energie. „Robust in bewegten Zeiten“ lautet schon der Titel der Pressemitteilung und das bezog sich sowohl auf die Ertragskraft als auch auf das Geschäftsmodell und die Perspektiven.

MVV Energie hat im Geschäftsjahr 2022 in einem schwierigen Marktumfeld sein operatives Ergebnis (Adjusted Ebit) um acht Prozent auf 298 Mio. Euro gesteigert. Nimmt man die Sondereffekte aus der Veräußerung zweier Beteiligungen hinzu, steht unterm Strich ein operatives Ergebnis nach Veräußerungsgewinnen von 353 Mio. Euro. Positive Ergebnisbeiträge lieferten insbesondere die Direktvermarktung von erneuerbaren Energien im Energiehandel, die gute Entwicklung bei den Anlagen zur Verwertung von Reststoffen und Biomassen sowie das eigene Portfolio an grüner Erzeugung.
 

Belastet wurde das Ergebnis durch den Ausfall eines Blocks des Großkraftwerks Mannheim während der Sommermonate. Als Folge musste die MVV die bereits vermarkteten Energiemengen zu rekordhohen Preisen am Markt nachbeschaffen. In der Folge sank das Ergebnis in dem Geschäftsbereich "Versorgungssicherheit" um mehr als 50 Prozent von 78 Mio. Euro im Geschäftsjahr 2021 auf 37 Mio. Euro. Der Umsatz des Konzerns legte um zwei Prozent auf knapp 4,2 Mrd. Euro zu, das hängt vor allem mit den hohen Großhandelspreisen zusammen. Das Geschäftsjahr der MVV umfasst den Zeitraum von Oktober 2021 bis Ende September dieses Jahres.

Müller: "Nachhaltigkeitsstrategie ist interne Richtschnur und externes Differenzierungsmerkmal"

„Wir haben ein besseres operatives Ergebnis erzielt und gleichzeitig die Investitionen gesteigert und auch unsere Eigenkapital-Quote hat sich erhöht. Das spricht für unsere Robustheit“, erklärte der MVV-Vorstandsvorsitzende Georg Müller bei der der Bilanzpressekonferenz.

Dies sei das Ergebnis der erfolgreichen strategischen Ausrichtung, mit dem Dreiklang aus Wärmewende, Stromwende und grünen Kundenlösungen. „Dieser Dreiklang ist nicht nur die interne Richtschnur für die gesamte MVV-Gruppe, sondern zugleich externes Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb“, so Müller.

Auch Offenbach und Kiel sollen bis 2040 klimaneutral sein

Bis 2040 will der Konzern klimaneutral sein, bis 2045 klimapositiv. Die Klimaneutralitätsziele gelten auch für die Beteiligungen Energieversorgung Offenbach und Stadtwerke Kiel. Die Robustheit gründe sich zudem in einer konsequenten Nachhaltigkeitsstrategie, deren Ernsthaftigkeit durch die jüngste „Net-Zero-Testierung“ der Science Based Targets Initiative bescheinigt werde.

335 Mio. Euro hat das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr in nachhaltiges Wachstum investiert, bis 3030 sollen es drei Mrd. Euro sein. Im Geschäftsjahr 2022 wurde der Ausbau der Grünen Wärme um neun Prozent auf 861 MW gesteigert, bis 2030 soll die Fernwärmeversorgung komplett grün sein. Um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen, wurden zudem die Töchter Windwärts und Juwi zur Juwi GmbH verschmolzen. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wuchs um 50 auf 614 MW, bis 2026 werden über 800 MW angestrebt. Künftig will MVV verstärkt auch langfristige Lieferverträge für grünen Strom (PPAs) anbieten.

Klöpfer: "Direktvermarktung ist immer noch ein attraktives Geschäft"

Das Direktvermarktungsportfolio will das Unternehmen laut Vertriebsvorstand Ralf Klöpfer von aktuell 3,8 GW auf 4,5 GW ausbauen. „Wir haben sehr stark daran gearbeitet, in diesem Geschäftsfeld die Profitabilität auszubauen“, erklärte Klöpfer. Auch wenn die Goldgräberstimmung vorbei sei, handle es sich hier immer noch um ein attraktives Geschäft.

Um die Passgenauigkeit mit der eigenen Dekarbonisierungsstrategie herzustellen, überprüft MVV kontinuierlich sein Beteiligungsportfolio. Mit Blick darauf wurde vor kurzem die tschechische Tochtergesellschaft verkauft. „Momentan sind keine weiteren Verkäufe geplant, aber wir werden unser Portfolio auch künftig immer wieder anschauen“, versicherte der MVV-Chef.

"Erlösabschöpfung ist nachvollziehbar, muss aber ein Enddatum haben"

Für das Geschäftsjahr 2023 ist er zuversichtlich, dass man die Gewinne auf dem aktuellen Niveau halten könne. Wie hoch die zu erwartende Erlösabschöpfung zur Finanzierung der Strompreisbremse konkret für MVV ausfallen werde, könne er noch nicht beziffern, weil das Gesetzgebungsverfahren noch laufe und die Marktpreise ab Februar vorliegen. „Es wird schon eine nennenswerte Zahl sein“, sagte er auf Fragen eines Journalisten.

Grundsätzlich bewerte er die Beteiligung der Stromerzeuger an der Entlastung von Verbrauchern und Industrie angesichts der hohen Energiepreise aus Budgetsicht als nachvollziehbar. „Jede Erlösabschöpfung ist aber ein Eingriff in Marktregeln. Dieser darf daher nicht rückwirkend erfolgen, sondern muss ein Enddatum haben“, bekräftigte er.

Eine Besonderheit der Ukrainekrise sei, dass sie im kompletten MVV-Portfolio für positive und negative Effekte sorge. „Jedes Geschäftsfeld ist davon betroffen. In Summe dürften die Preis- und Markteffekte eine leicht positive Wirkung gehabt haben“.

"Anstöße aus Osterpaket konsequent umsetzen"

Grundsätzlich habe die Bundesregierung mit Blick auf die zur Verfügung stehende Zeit mit der Stabilisierung der Märkte und der Entlastung der Verbraucher die richtigen Schwerpunkte gesetzt. „Die Politik muss das kurzfristig Notwendige tun, ohne das langfristig Erforderliche aus dem Auge zu verlieren“, mahnte er. Das bedeute, auch die Anstöße durch das Osterpaket konsequent aufzunehmen und sich nicht in andauernden Zieldiskussionen zu verlieren. Das Motto mit Blick auf die Energiewende könne nur lauten: „Machen, machen, machen.“ (Was der MVV-Vorstand zur Entwicklung am Terminmarkt sagt  und wie es im Vertrieb aktuell läuft, lesen Sie in einem weiteren Artikel). (hoe)