Regierungsberater: Klimaschutz im Finanzmarkt kein Feigenblatt mehr
Der Beirat für Nachhaltige Finanzen erwartet nach der Vorlage seines Maßnahmenkataloges einen Schub für Themen wie Klima- und Umweltschutz in Deutschland. «Wir sind sehr zuversichtlich, dass viele unserer Empfehlungen aufgegriffen werden», sagte der Deutschland-Chef der Alternativ-Bank Triodos, Georg Schürmann, der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt. «Nachhaltigkeit ist ein Thema, das in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Keine Regierung kann sich dem entziehen.»
Der sogenannte Sustainable-Finance-Beirat sollte im Auftrag der Bundesregierung Vorschläge zur Weiterentwicklung des Finanzmarktes in den Bereichen Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung erarbeiten. Am Donnerstag hatte das Gremium aus 38 Vertretern aus Finanz- und Realwirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft seinen Abschlussbericht mit 31 Handlungsempfehlungen vorgelegt.
Neue Riester-Verträge an Nachhaltigkeitskriterien knüpfen
Demnach soll zum Beispiel die staatliche Förderung neuer Riester-Verträge zur Altersvorsorge an ethische, soziale und ökologische Kriterien geknüpft werden. Der Beirat schlug zudem unter anderem vor, Erträge aus als nachhaltig bewerteten Anlagen bis zu einem Höchstbetrag von der Steuer zu befreien.
«Nur mit einem breiten Maßnahmenbündel hat Deutschland die Chance aufzuschließen und zu einem der führenden Finanzplätze für eine nachhaltige Wirtschaft zu werden», sagte Beirats-Mitglied Schürmann. Er betonte: «Wir brauchen ein verbindliches Klassifizierungssystem, was nachhaltig ist und was nicht. Auch braune Anlagen müssen als solche auch erkennbar gemacht werden.»
Klimaschutz wird im Finanzsektor zunehmend großgeschrieben. Ende Juni beispielsweise verpflichteten sich diverse Banken in Deutschland in einer von der Triodos Bank und dem WWF vorangetriebenen Initiative, ihre Kredit- und Investmentportfolios im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens auszurichten.
Selbstverpflichtung der Sparkassen
Kern des Pariser Abkommens von 2015 ist die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau. Anfang Dezember erklärten die deutschen Sparkassen, sie wollten dazu beitragen, dass weniger des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) ausgestoßen und insgesamt umweltbewusster gewirtschaftet werde.
Umwelt- und Klimaschützer bezweifeln regelmäßig, dass solche Selbstverpflichtungen ausreichen. «Die Zeit ist vorbei, wo Nachhaltigkeit als Feigenblatt genutzt werden konnte», meint Triodos-Deutschland-Chef Schürmann. «Die Frage ist natürlich weiterhin: Wie authentisch ist das bei einzelnen Anbietern?»
Insgesamt sei es aber zu begrüßen, dass das Thema «den Mainstream erreicht» habe, sagte Schürmann. «Die Nachhaltigkeitsbanken in Deutschland sind zu klein, um den ganzen Markt bedienen zu können. Das ist in etwa so wie mit den Bio-Läden: Heute gibt es Bio-Produkte in jedem Supermarkt und dennoch prosperieren Bio-Anbieter.»
"Guter Beitrag"
Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) bezeichnete den Abschlussbericht des Beirats als «guten Beitrag» für die Entwicklung einer nationalen Sustainable-Finance-Strategie.
«Allerdings darf die Politik nicht aus den Augen verlieren, dass Banken zwar eine sehr wichtige Rolle bei der Transformation hin zu einer klimafreundlichen und nachhaltigen Wirtschaft spielen, es aber vor allem Anstrengungen in der Realwirtschaft erfordert, Produktionsprozesse und Produkte klimaschonend anzupassen», kommentierte Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) ist in diesem Jahr Federführer des Dachverbandes der fünf großen Bankenverbände in Deutschland. (dpa/hoe)