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RWE-Chef Schmitz: Verzicht auf Rodung würde uns Milliarden kosten

RWE hält trotz des tragischen Todesfalls am Hambacher Forst an der geplanten Rodung fest. Unterdessen gehen Forderungen und Schuldzuweisungen hin und her.
21.09.2018

Im Blickpunkt der Öffentlichkeit: RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmitz.

Ein kurzfristiger Verzicht auf die Rodung des Waldes würde das Unternehmen vier bis fünf Milliarden Euro kosten, sagte RWE-Chef Rolf Martin Schmitz am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". "Die Annahme, dass der Forst gerettet werden kann, das ist Illusion", sagte Schmitz. Er sei tief betroffen, dass für eine solche Illusion, für ein solches Symbol ein Mensch gestorben sei.

Ein 27 Jahre alter Journalist aus Leverkusen war am Mittwoch durch die Bretter einer Hängebrücke zwischen zwei Baumhäusern gebrochen und 15 Meter tief gestürzt. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Unfall aus.

RWE: "Eine rein hypothetische Betrachtung"

RWE will in dem Wald roden, um dort weiter Braunkohle abzubauen. Dagegen gibt es massiven Widerstand aus der Bevölkerung. Bei einem kurzfristigen Stopp schlüge Schmitz zufolge nicht nur die entgangene Braunkohle zu Buche. Auch müssten mit hohem Aufwand große Abraummengen herbeigeschafft werden, um die Abbruchkante des Braunkohletagebaus zu stabilisieren.

Tatsächlich meinte der RWE-Vorstandschef damit die Gesamtkosten, wie zum Beispiel für Personal- und Sozialleistungen, und entgangene Wertschöpfung im Konzern, sollte der Tagebau nicht wie geplant bis Mitte des Jahrhunderts laufen, wie der Essener Dax-Konzern im Nachgang der ZDF-Sendung präzisierte. "Es ging um eine rein theoretische Frage, welche Kosten ein sofortiger und endgültiger Stopp des Tagebau Hambach verursachen könnte", erklärte RWE. Es handele sich dabei "um eine rein hypothetische Betrachtung".

Erneut Demonstrationen

Nach dem Unfalltod eines Journalisten im Hambacher Forst gehen unterdessen Forderungen und Schuldzuweisungen hin und her. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) warf einigen Waldbesetzern vor, die Unterbrechung der Räumungsarbeiten für den Bau neuer Baumhäuser zu nutzen. Er forderte die Aktivisten auf, die Häuser zu verlassen.

Am Sonntag haben im Hambacher Forst erneut mehrere Tausend Menschen gegen die Räumung und die geplante Rodung des Waldgebietes demonstriert. Der Veranstalter des sogenannten Waldspaziergangs hatte mit rund 5000 Teilnehmern gerechnet. Wie viele Demonstranten genau bei schmuddeligem Regenwetter in das Braunkohlerevier kamen, blieb offen. Die Polizei wollte sich auf keine Zahl festlegen. Der Veranstalter meldete rund 7000 Teilnehmer.

Mitglieder der Bundesregierung trafen sich mit Schmitz

Bereits im Juli und August trafen sich fünf Mitglieder der Bundesregierung mit RWE-Chef Rolf Martin Schmitz, um über den Streit um den Hambacher Forst zu reden. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Dabei sei es darum gegangen, wie oft die Regierung mit RWE darüber gesprochen habe, vorbereitende Maßnahmen für den Braunkohle-Tagebau und Kraftwerkserweiterungen aufzuschieben, bis die derzeit tagende Kohlekommission einen Plan für den Kohleausstieg vorlegt.

Gesprächsteilnehmer waren unter anderem Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD).

Kohlekommission tagt in Halle

An diesem Montag kommt die Kohlekommission in Halle zusammen. Bei der mehrstündigen Sitzung sollen zahlreiche Experten und Interessenvertreter aus dem Mitteldeutschen Braunkohlerevier gehört werden, wie Sachsen-Anhalts Regierungssprecher Matthias Schuppe sagte. Für das Revier, das sich im Süden Sachsen-Anhalts und im Westen Sachsens erstreckt, gehe es um realistische Perspektiven und Ersatz-Arbeitsplätze in der Region. Erst danach könnten konkrete Ausstiegsszenarien aus der Kohle diskutiert werden. (hil/dpa)