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Überschüssige Energiemengen: Tübingen dämpft die Erwartungen für 2024

Die Stadtwerke Tübingen haben zwar im vergangenen Geschäftsjahr das Ergebnis deutlich gesteigert. Negative Effekte aus der Energiebeschaffung und die gestiegenen Zinsen machen dem Unternehmen aktuell aber zu schaffen.
01.10.2024

Das Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Tübingen.

Die aktuelle Pressemitteilung der Stadtwerke Tübingen zum Jahresabschluss 2023 zerfällt in zwei Teile. Einer sehr positiven Jahresbilanz wird eine auffallend lange Passage zum laufenden Geschäftsjahr gegenübergestellt, die sich wie eine Gewinnwarnung liest. Eine wesentliche Rolle spielt dabei der milde Winter 2023/24 und die Energiebeschaffung in der jüngsten Energiekrise. Doch zuerst zur Bilanz für 2023.

Die Stadtwerke Tübingen haben das Geschäftsjahr 2023 mit einem Ergebnis von 6,2 Mio. Euro (2022: 2,9 Mio.) abgeschlossen. Und dies trotz eines deutlich höheren Defizits in den Sparten ÖPNV, Bäder und Parkhäuser, das sich auf insgesamt 12,6 Mio. Euro summierte. Die Umsatzerlöse des zu 100 Prozent kommunalen Versorgers stiegen über alle Sparten hinweg auf 756,3 Mio. Euro (2022: 542,2 Mio.). Sowohl beim Strom (die Tübinger vertreiben auch Bahnstrom) als auch bei Gas und Wärme gab es deutliche Umsatzzuwächse.

EE-Ausbauziele bereits zu Jahresbeginn erreicht

Profitiert haben die Stadtwerke Tübingen (swt) auch im vergangenen Jahr von einem erneut deutlichen Zuwachs bei der Strom-Eigenproduktion aus erneuerbaren Energien von 327,2 auf 373,6 Millionen Kilowattstunden. Dies sorgte dafür, dass die swt ihre bis Ende 2024 gesetzten Ausbauziele – 75 Prozent des Tübinger Gesamtstromverbrauchs bilanziell selbst aus eigenen Erneuerbaren-Anlagen zu decken – bereits zum Jahresbeginn 2024 erreicht haben.

Als Teil des Stadtwerke-Verbunds der KommunalPartner konnten die swt im Herbst 2023 die Einweihung des neuen Windparks „Junge Donau“ im Landkreis Tuttlingen feiern. Weitere Windkraft-Projekte – in Starzach, Tübingen-Kusterdingen und Lichtenstein (Landkreis Reutlingen) – nahmen erste Hürden bei der Planung oder schon Umsetzung. Für mehr Erneuerbare in der Wärmeerzeugung trieben die swt die Planungen für den großen Solarthermiepark Au sowie die Großwärmepumpe am Klärwerk weiter voran.

Streichung der Netzentgelte wirkt sich in 2024 negativ aus

Der Ausblick für das laufende Jahr fällt aber auffallend verhalten aus und nimmt in der Pressemitteilung einen breiten Raum ein. "Verschiedene Effekte und Entwicklungen im bisherigen Jahresverlauf deuten darauf hin, dass das swt-Geschäftsjahr 2024 kein einfaches wird", schreiben die Stadtwerke Tübingen. Mehrere Effekte wirkten sich hier aus. Zum einen die unerwartete Streichung der Zuschüsse zu den Netzentgelten für das laufende Jahr. Um die Preise stabil zu halten, habe man diese nicht eingeplanten Mehrkosten nicht weitergegeben und muss dies entsprechend aus der eigenen Kasse ausgleichen.

Nicht verbrauchte Energiemengen sorgen für Verluste

Erschwerend kommt der recht milde Winter 2023/2024 hinzu. Es wurde weniger geheizt. Die Verbräuche von Erdgas und Fernwärme fielen vergleichsweise niedrig aus. Ein Teil der von den swt für ihre Kunden beschafften Energiemengen wurden deshalb nicht verbraucht. Das sorgt auf Seiten des Energieversorgers für Verluste. Denn aufgrund ihrer langfristigen Beschaffungsstrategie hatten die swt Energiemengen noch zu den Hochpreiszeiten an den Energiemärkten eingekauft. "Das Hochpreisniveau von 2021/2022 wirkt sich dadurch auf das Geschäftsergebnis 2024 nochmals stärker negativ aus", heißt es.

ÖPNV- und Bäderdefizit könnte weiter steigen

Ein dritter Aspekt, der die Erwartungen für die Bilanz 2024 dämpft, sind laut Unternehmensangaben die gestiegenen Zinsen. Die Abkehr von der Niedrigzinsphase wirke sich immer stärker aus – vor allem da für die Energiewende sowie die Wärme- und Mobilitätstransformation in Tübingen sehr hohe Investitionen notwendig seien. Die Verluste in den Sparten ÖPNV und Bäder könnten weiter steigen. Insgesamt hätten die letzten Lohntarifabschlüsse auch zu deutlich gestiegenen Personalkosten – sowohl beim Personal der Stadtwerke, als auch beim Fahrpersonal der Tochtergesellschaft TüBus GmbH geführt. (hoe)