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Wien Energie zwischen Gewinneinbruch und Investitionsoffensive

Der Energiedienstleister will das Tempo bei der Wärme- und Energiewende erhöhen. Getrübt wird die Aufbruchstimmung von einem massiven Ergebnisrückgang.
03.05.2022

Wollen die Energiewende vor Ort weiter vorantreiben (von links): Michael Strebl, Vorsitzender der Wien-Energie-Geschäftsführung und Karl Gruber, Geschäftsführer von Wien Energie.

Wien Energie wird in den nächsten fünf Jahren eine Milliarde Euro in den Gasausstieg investieren. Mit massiven Investitionen in Geothermie, Großwärmepumpen und den Ausbau von Photovoltaik und Windkraft will Österreichs größter Energiedienstleister nach eigenen Angaben die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern Schritt für Schritt beenden.

"Nur Investitionen werden uns aus der Krise bringen. Wir bauen das Wiener Energiesystem komplett um", sagte Michael Strebl, Vorsitzender der Wien-Energie-Geschäftsführung bei der Bilanzpressekonferenz.

Insgesamt will Wien Energie bis 2027 rund 1,29 Mrd. Euro investieren. Von dieser Summe geht rund die Hälfte in Wärme-Projekte und über ein Viertel in den Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung.

Stromproduktion aus PV hat sich verdoppelt

2021 produzierte Wien Energie mit rund 1260 Gigawattstunden so viel erneuerbaren Strom wie noch nie. Den größten Anstieg konnte Wien Energie bei der Sonnenenergie verzeichnen: Die Stromproduktion aus Photovoltaik wurde um fast 150 Prozent auf mehr als 77 Gigawattstunden gesteigert.

„Besonders in der Photovoltaik liegt für Wien Energie großes Potential. Insgesamt haben wir derzeit rund 400 Projekte mit mehr als 600 Megawatt Leistung in der näheren Analyse. Das reicht von kleinen Dach-Anlagen in der Stadt bis zu großen 10-Megawatt-Projekten im Versorgungsgebiet. Etwa 20 Projekte befinden sich aktuell in Bau", erläutert Karl Gruber, Wien-Energie-Geschäftsführer.

Im Lauf des Jahres will Wien Energie jedenfalls die 100-Megawatt-Grenze an installierter PV-Leistung sowie 200 Megawatt bei der Windkraft knacken.

Fernwärme hat Schlüsselrolle für Klimaneutralität bis 2040

Eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung der Stadt nimmt auch die Fernwärme ein. 2040 soll 56 Prozent des Wärmebedarfs von Wien durch Fernwärme gedeckt werden. Starken Fokus legt Wien Energie auch auf die Entwicklung von Quartierslösungen.

Auch in der Wärmerzeugung zeige sich der zunehmende Ausbau von alternativen Erzeugungsanlagen, heißt es in der Pressemitteilung: Die Wärmeproduktion aus Erd- und Umgebungsenergie wurde - vor allem durch den Einsatz der Großwärmepumpe Simmering - um 73 Prozent gesteigert. Insgesamt kamen bei der Fernwärme bereits 23,6 Prozent aus erneuerbaren Quellen.

Vor wenigen Wochen hat das Unternehmen mit dem Bau der größten Wärmepumpe Europas begonnen. "Das Ziel ist klar: 2040 muss die Fernwärme zu 100 Prozent klimaneutral sein. Schon in weniger als zehn Jahren wollen wir mehr als die Hälfte der Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Quellen decken. Unser größter Hoffnungsträger ist dabei die Geothermie", so Gruber.

Verwerfungen an den Energiemärkten hinterlassen deutliche Spuren

Getrübt wird der Investitionsausblick durch einen deutlichen Gewinneinbruch des kommunalen Energieversorgers im Geschäftsjahr 2021. Das Ergebnis ging um 60 Prozent zurück auf 140 Mio. Euro. Auch das operative Ergebnis (Ebit) liegt mit 159,1 Mio. Euro weit unter dem Niveau des Vorjahres. Das hängt maßgeblich mit den Preisverwerfungen an den Energiemärkten im vierten Quartal 2021 zusammen. Diese sind auch für den deutlichen Umsatzanstieg auf 3,04 Mrd. Euro verantwortlich.

"Wir befinden uns in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Die Großhandelspreise sind in den letzten Monaten europaweit zu Höchstwerten gestiegen und eine Entspannung der Lage ist leider nicht in Sicht. Das trifft uns als Wien Energie massiv in der Beschaffung und Erzeugung. Es ist daher wichtig, dass wir besonders umsichtig wirtschaften. Oberste Priorität hat die Versorgungssicherheit, aber wir brauchen auch Stabilität, um die Zukunftsinvestitionen stemmen zu können", so Strebl. (hoe)