Abwasser

Licht hilft beim Abbau von Hormonen

Forschende haben Katalysatoren entwickelt, mit denen die Belastung im Abwasser auf Werte reduziert werden kann, die von der neuen Trinkwasserrichtlinie der WHO verlangt werden. Nun wird eine Ausweitung auf weitere Schadstoffe geprüft.
12.05.2022

Mit der photokatalytischen Membranfiltrationsanlage mit Sonnensimulator werden Spurenstoffe aus dem Wasser entfernt.

 

Überall wo Menschen leben, gelangen Hormone, wie sie in Arzneimitteln zur Empfängnisverhütung und in der Landwirtschaft eingesetzt werden, in das Abwasser. Solche Substanzen können sich in der Umwelt ansammeln und sich negativ auf Menschen und Tiere auswirken.

Umso wichtiger ist es, neben anderen Mikroverunreinigungen auch Hormone aus dem Abwasser zu entfernen, bevor diese in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgelangen, aus dem wiederum das Trinkwasser kommt. „Spurenschadstoffe sind eine enorme Bedrohung für unsere Zukunft, da sie unsere Fruchtbarkeit und Gehirnfunktion beeinträchtigen“, sagt Prof. Andrea Iris Schäfer, Leiterin des Institute for Advanced Membrane Technology (IAMT) des KIT.

Nachteile älterer Verfahren

Schäfer befasst sich seit Jahren mit der Wasseraufbereitung über Nanofiltration. Dazu setzt sie Polymermembranen mit nanometerkleinen Poren ein. Allerdings arbeitet die Nanofiltration mit hohem Druck und benötigt daher viel Energie.

Außerdem kann es passieren, dass sich Mikroverunreinigungen in den polymeren Membranmaterialien ansammeln und allmählich in das gefilterte Wasser übergehen. Selbst wenn die Entfernung der Verunreinigungen vollständig gelingt, entsteht dabei ein Strom mit konzentrierten Schadstoffen, der weiterbehandelt werden muss.

Technologie aus der Photovoltaik

Inspiriert von der Solarzellentechnologie, mit der sich der ebenfalls am KIT tätige Prof. Bryce S. Richards befasst, kam Schäfer auf die Idee, Polymermembranen mit Titandioxid zu beschichten und photokatalytische Membranen zu entwickeln. Photokatalytisch aktive Titandioxid-Nanopartikel wurden auf Mikrofiltrationsmembranen aufgebracht, deren Poren etwas größer sind als bei der Nanofiltration.

Durch Bestrahlung mit Licht, das eine chemische Reaktion auslöst, wurden Steroidhormone auf den Membranen zersetzt. Nun hat Schäfer die neue Technologie, die sie mit ihrem Team am IAMT des KIT und mit Kollegi:nnen am Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung (IOM), entwickelt hat,  in der Zeitschrift Nature Nanotechnology  vorgestellt.

Unter der analytischen Nachweisgrenze

„Wir haben sozusagen einen Katalysator für Wasser entwickelt“, resümiert Schäfer. Mit den photokatalytischen Polymermembranen gelang es, Steroidhormone im kontinuierlichen Durchfluss so weit zu entfernen, dass die analytische Nachweisgrenze von vier Nanogramm pro Liter erreicht wurde.

Die Werte kamen sogar ziemlich nah an ein Nanogramm pro Liter heran, was der neuen Trinkwasserrichtlinie der WHO entspricht. Die Forschenden arbeiten nun daran, ihre Technologie weiterzuentwickeln, um den Zeitbedarf und den Energieverbrauch zu senken sowie die Verwendung von natürlichem Licht zu ermöglichen.

Weitere Forschungen

Vor allem aber zielt die weitere Forschung darauf ab, auch andere Schadstoffe mithilfe der Photokatalyse abzubauen, beispielsweise Industriechemikalien wie per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) oder Pestizide wie Glyphosat. Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Technologie in größerem Maßstab zu verwirklichen. (hp)