Nitrat: Bundesverwaltungsgericht zwingt NRW und Niedersachsen zum Handeln

Im Flussgebiet der Ems werden die erlaubten Höchstwerte für Nitrat an vielen Grundwassermessstellen überschritten.
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Von Elwine Happ-Frank
Die Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen müssen bessere Maßnahmen gegen die Nitratbelastung an der Ems ergreifen. Das bisherige Schutzprogramm reiche nicht aus, entschied das Bundesverwaltungsgericht (Az.: BVerwG 10 C 1.24). Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte geklagt. Die Länder kündigten an, ihr Maßnahmenprogramm nachzubessern.
Die Bundesrichter in Leipzig bestätigten ein Urteil des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, das die Länder schon 2023 zur Überarbeitung ihres Maßnahmenkatalogs verpflichtet hatte. Niedersachsen und NRW hatten gegen dieses Urteil Revision eingelegt, die nun zurückgewiesen wurde. Eine Detailfrage zum Verbesserungsgebot für die Gewässer legten die Bundesrichter zudem dem Europäischen Gerichtshof zur Beantwortung vor.
Die Anrufung des EuG ermöglicht "eine wegweisende Klärung dieser wichtigen Frage für die gesamte Europäische Union", sagte Rechtsanwältin Caroline Douhaire, die die DUH im Verfahren vertritt.
Menschengemachte Trends müssen umgekehrt werden
Im Flussgebiet der Ems werden die erlaubten Höchstwerte für Nitrat an Grundwassermessstellen vielfach überschritten. Die Belastung wird auf eine intensive Düngung etwa mit Gülle in den vergangenen Jahrzehnten zurückgeführt. Das Umland der Ems ist stark geprägt durch intensive Tierhaltung und Ackernutzung.
In der EU gilt ein sogenanntes Verschlechterungsverbot für die Gewässer. Zur Beurteilung, wie sich die Situation entwickelt, kommt es auf die Werte aller Überwachungsstellen an, wie die Bundesrichter mitteilten.
Die Länder hätten "verkannt, dass das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot bereits dann verletzt sei, wenn an nur einer einzigen Überwachungsstelle mit einer Erhöhung des Nitratgehalts zu rechnen sei", heißt es in einer Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichts. Verschlechtert sich die Lage an nur einer Messstelle, müsse reagiert werden. Das hätten die Länder in ihrem Maßnahmenprogramm bislang nicht berücksichtigt.
Zudem schreibt das europäische Wasserrecht vor, dass menschengemachte Trends steigender Schadstoffkonzentrationen umgekehrt werden müssen. An der Ems seien zwar nur 2 von 40 Grundwasserkörpern von solchen signifikanten Trends betroffen. Doch auch das verpflichte zum Handeln.
NRW und Niedersachsen wollen nachbessern
Die DUH stellte angesichts der Urteils fest, dass es damit einen "Präzedenzfall zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und damit für die Grund- und Trinkwasserqualität in ganz Deutschland" gebe. "Wir gehen davon aus, dass sich durch dieses bahnbrechende Urteil nun endlich der Grund- und Trinkwasserschutz in ganz Deutschland maßgeblich verbessern wird", sagte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer erklärte, dass die Verbesserung der Wasserqualität in der Ems ein zentrales Ziel der Landesregierung sei. "Die Entscheidung des Gerichts ist wichtig für die rechtssichere Gestaltung der künftigen Bewirtschaftungspläne und die weiteren Maßnahmen. Wir werden daher, wie vom Gericht gefordert, den Maßnahmenplan Ems zusammen mit Nordrhein-Westfalen in Bezug auf die Nitratbelastung des Grundwassers nachbessern", teilte der Grünen-Politiker mit.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht eine Signalwirkung des Urteils für den Gewässerschutz. "Die Düngeregeln sind seit mehr als 20 Jahren eine leidige Neverending Story. Es ist mehr als an der Zeit, endlich zu handeln. Nur mit einer signifikanten Reduktion der Nitrateinträge kann es uns gelingen, unsere Grundwasserkörper als wichtigste Trinkwasserressource auch langfristig zu schützen", erklärte Verbands-Vize Karsten Specht.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft spricht von einer Grundsatzentscheidung für den Grundwasserschutz. "Es ist zu begrüßen, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner heutigen Entscheidung bestätigt, dass die gesetzlich vorgegebenen Bewirtschaftungsziele im Hinblick auf den Nitratgehalt im Grundwasser schnellstmöglich zu erreichen sind", erklärte Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser. (mit dpa)