Wasser

BMU-Staatssekretärin besucht die PFC-belastete Region Rastatt

Die Stadtwerke Rastatt fühlen sich nach wie vor mit der Bewältigung der Folgelasten von Land allein gelassen. Berlin dagegen erkenne die „Dramatik der Situation“, sagte Stadtwerke-Chef Kaspryk.
02.07.2021

Die Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter (MdB) (2.v.re.) macht sich bei einem Besuch in Rastatt ein Bild der Filteranlagen: (vlnr) Jonas Weber (MdL), Alexander Becker (MdL), Gabriele Katzmarek (MdB), der Geschäftsführer der Stadtwerke Rastatt Olaf Kaspryk, Schwarzelühr-Sutter und Rechtsanwalt Dieter Eckert.

 

Rita Schwarzelühr-Sutter, parlamentarische Staatssekretärin bei Bundesumweltministerin Svenja Schulze, hat sich am Montag ein Bild von der aktuellen Lage gemacht: Sie hat in Begleitung auf Initiative der Rastatter Bundesabgeordneten Gabriele Katzmarek das Rastatter Wasserwerk Rauental besucht.

Im Fokus ihres Vor-Ort-Termins standen die Filteranlagen zur Entfernung von poly- und perfluorierten Chemikalien (PFC) aus dem Grundwasser, die vermutlich durch Papierschlämme in die Umwelt gelangt sind. Die Stadtwerke Rastatt haben bisher ein ganzes Bündel von Maßnahmen ergriffen, um weiterhin einwandfreies Trinkwasser bereitstellen zu können; eine davon ist der aufwendige Umbau des Wasserwerks Rauental und dessen Ausstattung mit Aktivkohlefiltern für 4,4 Mio. Euro.

Wichtige Entscheidungen stehen an

Insgesamt 17 Kommunen in der Region von dem Umweltskandal betroffen, – unter ihnen die Stadtwerke Rastatt. „Auf Bundesebene sieht man die Dramatik der Situation und unterstützt uns nach Kräften“, freute sich Olaf Kaspryk, Geschäftsführer der Stadtwerke, über das Interesse der Bundespolitikerinnen. „Auf der Landesebene dagegen sind alle unsere bisher an den Ministerpräsidenten und Umweltminister gerichteten Appelle ungehört verhallt“, informierte er.

Kaspryk und den Kommunen geht es jetzt um eine wichtige Weichenstellung für den Gewässerschutz der Zukunft. Aktuell steht die Fortschreibung der von der EU-Wasserrahmenrichtlinie vorgeschriebenen Gewässer-Bewirtschaftungsplanung für den Abschnitt Oberrhein ein. Eine entsprechende Planung könne wesentlich zum künftigen Schutz des Grundwassers und zur Bewältigung bereits vorhandener Schäden beitragen, indem Erhebungen und Maßnahmen vor dem Hintergrund gesetzlicher Änderungen und ihrer Auswirkungen getroffen werden – wie es das Land Bayern für das Flussgebiet Donau bereits beispielhaft vorgemacht hat.

Bodenschutzrecht oder Wasserschutzrecht?

Doch bei der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung sei die von den Stadtwerken vorgelegte Stellungnahme im aktuellen Planentwurf nicht berücksichtigt worden, bedauert Kaspryk gegenüber seinen Besucherinnen. Es heiße von Seiten der Behörden, dass die PFC-Verunreinigungen nicht bewirtschaftungsrelevant seien im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie; sie müssten vielmehr ausschließlich nach Bodenschutzrecht behandelt werden.

„Diese rechtliche Zuordnung ist historisch bedingt. Doch mit dem heutigen Wissen um das Boden und Gewässer gleichermaßen betreffende Ausmaß der PFC-Verunreinigungen ist diese Auffassung nicht mehr haltbar. Deswegen haben wir inzwischen die EU um ihre Einschätzung dazu und Unterstützung gebeten“, berichtet der Geschäftsführer.

Ein Generationenproblem

Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter hält Vorsorgemaßnahmen für dringend geboten. Denn um die Versorgung der Bevölkerung in der Region mit unbedenklichem Trinkwasser zu gewährleisten, mussten und müssen die Wasserversorger ihre Versorgungssysteme umbauen und interkommunale Verbünde für Notversorgungen schaffen, um über Generationen PFC aus dem Grundwasser herauszufiltern.

„Das kostet sehr viel Geld und damit ist das Problem noch nicht mal aus der Welt. Die finale Vernichtung von PFC ist nämlich ausschließlich in Hochtemperaturöfen bei über 1500 Grad Celsius möglich“, erklärt Kaspryk und ergänzt: „Bei solchen Tragweiten ist die Politik in der Pflicht, zumal es die rechtlichen Rahmenbedingungen der EU so auch vorgeben.“

Kosten tragen die Verbraucher

Die Kosten für die Grundwassersanierung tragen bislang ausschließlich die Verbraucher, was der Stadtwerkechef nicht für richtig hält. Verursacht wurde die Verunreinigung durch PFC-haltige Papierschlämme, die mit Kompost vermischt über Jahre auf den Feldern der Region ausgebracht worden sind.

Das strafrechtliche Verfahren gegen den mutmaßlichen Verursacher wurde eingestellt, da ein Verschulden nicht mit ausreichender Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Derzeit läuft die zivilrechtliche Klage am Landgericht Baden-Badengegen das Unternehmen. Die erste, auf 26. März 2021 angesetzte öffentliche Verhandlung wurde wegen der Corona-Pandemie vertagt. (hp)