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Große Probleme bei Umsetzung des Lieferantenwechsels in 24 Stunden

EVU, Softwareanbieter und Dienstleister sehen erhebliche Probleme den LFW24 fristgerecht umzusetzen. Die deutschsprachige SAP Anwendergruppe DSAG plädiert für eine Verschiebung des Termins, auch andere Akteure sind dafür.
04.12.2024

Ab 1. Januar 2026 muss der technische Vorgang des Stromlieferantenwechsels binnen 24 Stunden vollzogen und an jedem Werktag möglich sein

Ab dem 4. April 2025 soll der deutsche Energiemarkt eine bedeutende Neuerung erleben: Der Lieferantenwechsel, der bisher bis zu acht Werktage in Anspruch nahm, soll nun werktags innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Diese Reform zielt darauf ab, den Wechsel des Energieversorgers für Verbraucher erheblich zu erleichtern und zu beschleunigen. Die Umsetzung jedoch birgt erhebliche Schwierigkeiten.

Die DSAG, die deutschsprachige SAP Anwendergruppe, bemüht sich jetzt um eine Verschiebung des Termins, denn am Markt gibt es große Unsicherheit. Knapp 90 Prozent der vom DSAG befragten 160 Unternehmen verneinten, dass sie zum Stichtag 4. April 2025 eine qualitativ hochwertige Umsetzung des LFW24 sicherstellen können.

Die Situation

LFW24 - Der Lieferantenwechsel 24 Stunden ist das größte und zurzeit wichtigste Thema, das die Energiewirtschaft im nächsten Jahr erwartet: § 20a Abs. 2 Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) schreibt vor: "Ab dem 1. Januar 2026 muss der technische Vorgang des Stromlieferantenwechsels binnen 24 Stunden vollzogen und an jedem Werktag möglich sein." Die Bundesnetzagentur hat den Termin zur Umsetzung in Deutschland auf den 04. April 2025 vorverlegt. SAP wird für die ECC-Version nur die grundlegendsten Funktionen bereitstellen, und dies erst kurz vor diesem Zieltermin, erklärte IT-Anbieter Cortility.

Das IT-Haus aus Ettlingen bei Karlsruhe, hat es nach eigenen Angaben geschafft das Zeitfenster für die Umsetzung zu halten und garantiert seinen Kunden die marktgerechte Umsetzung: Für seine Kunden hat das Unternehmen zugesagt, die Leistungen zum 4. April zu erbringen. "Es war absehbar, dass die Anforderungen des LFW24 und die damit verbundenen Systemanpassungen den Markt vor eine enorme Herausforderung stellen würden", sagt Cortility-Geschäftsführer Holger Geiger. "Daher haben wir als Cortility beschlossen, nicht auf die Auslieferung der SAP zu warten, uns für die Lieferung der Lösung in mehreren Templates entschieden und bereits im Sommer mit der Planung und Implementierung dazu begonnen."

"Mit den vorgesehenen und teilweise schon zur Verfügung gestellten Templates werden die beschriebenen Funktionen der Kernprozesse erfüllt und damit ein mögliches Handling für den LFW24 geliefert", ergänzt Cortility Geschäftsführer Sascha Dörr. "Unsere gemeinsamen Kundenprojekte sind bereits in Umsetzung und bewegen sich innerhalb des Zeit- und Budgetrahmens."

Edna und evu+ empfehlen Verschiebung

Der Edna Bundesverband Energiemarkt & Kommunikation hat zur Umsetzung des 24-Stunden-Lieferantenwechsels eine Blitzumfrage bei seinen Mitgliedenr durchgeführt. Diese können demnach bis zum geplanten Start des 24-Stunden-Lieferantenwechsels April 2025 die dafür erforderliche Funktionalität liefern. Und auch die mehr als 50 kleinen und mittleren Versorgungsunternehmen, die sich unter dem Dach von Edna in der Initiative evu+ zusammengeschlossen haben, sind startklar, wenn die Lösungen bis dahin implementiert sind.

Dennoch empfehlen Edna und evu+ der Bundesnetzagentur, dem Markt etwas mehr Zeit zu geben und vor der endgültigen Umstellung auf das neue Verfahren eine dreimonatige Testphase einzuschieben. "Da der neue Prozess nicht mit dem bisherigen kompatibel ist, sollte ausreichend Zeit für die Implementierung und Tests eingeplant werden, um einen reibungslosen Produktivstart zu gewährleisten. Zudem ist bereits jetzt absehbar, dass ein relevanter Teil der Marktteilnehmer nicht in der Lage sein wird, das neue Verfahren bis April umzusetzen“, fasst edna-Geschäftsführer Richard Plum die Gründe zusammen. 

Gleichzeitig plädieren Edna und evu+ dafür, den endgültigen Starttermin spätestens auf den 1. Juli 2025 festzulegen. Denn die GeLi Gas 2.0 ist bereits die nächste Formatänderung und für den 1. April 2026 angekündigt. Dazu werden im Laufe des ersten Halbjahres 2025 die Prozessvorgaben und spätestens zum 1. Oktober die Formatvorgaben seitens des BDEW vorgelegt. Die meisten Edna-Mitglieder müssen daher bis Mitte 2025 mit dem Projekt beginnen und entsprechende Entwicklungskapazitäten bereitstellen, auch wenn sich die Änderungen bei diesem Wechsel wahrscheinlich eher im Rahmen halten werden. Diese Kapazitäten würden dennoch bei einem späteren Starttermin in der Stabilisierungsphase für den 24-Stunden-Lieferantenwechsel fehlen.  

Verschiebung würde Chaos unterbinden

Auch die Cortility Geschäftsführer sehen eine Verschiebung positiv. "Mit Blick auf den gesamten Energiemarkt kann eine Teilnahme und Unterstützung der Initiative durchaus sinnvoll sein. Der aktuelle Stand ist wohl so, dass große Teile im Markt, Energieversorger, Softwarelieferanten und Dienstleister, erhebliche Probleme haben, die Anforderungen zum LFW24 fristgerecht umzusetzen. Das kann zum 4. April zu großen Schwierigkeiten im Markt führen. Ein mögliches Chaos würde niemandem nützen." (sg)