Bundeskabinett beschließt Datenstrategie
Die Bundesregierung will im globalen Wettbewerb mit den USA und China eine bessere Nutzung von Daten für digitale Geschäftsmodelle erreichen. Dafür beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch eine Datenstrategie mit mehr als 240 Einzelmaßnahmen. Ein Kernpunkt ist, den Nutzen von Daten auf Basis europäischer Werte signifikant zu erhöhen. Unternehmen und Behörden sollten Daten bereitstellen, damit diese gewerblich genutzt werden können.
Man müsse sich in Deutschland die Frage stellen, ob man es sich auf Dauer leisten könne, die «Datenschätze» ungenutzt liegen zu lassen, sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) in Berlin. Dabei dürfe man aber die europäischen Werte beim Datenschutz nicht aufgeben. «Wir begreifen unsere Datenschutzstandards als extrem großen Wert.»
Mehr Rechenzentren in Europa gefordert
Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, hierzulande sei der Umgang mit Daten oft mit negativen Assoziationen und Ängsten behaftet. «Dabei bedeuten Daten im digitalen Zeitalter Wertschöpfung, Wohlstand, Innovation und echte Lebenserleichterungen für den einzelnen Menschen». Mit der Datenstrategie lege die Bundesregierung «einen Fahrplan in die Zukunft vor, in der wir Daten verantwortungsvoll und innovativ nutzen».
«Diese Datenstrategie muss auch mit Leben erfüllt werden», betonte Braun. Unter anderem müssten verstärkt die Rechenzentren in Europa ausgebaut werden. Auch bedürfe es in Deutschland mehr Kapazität bei Hochleistungsrechnern.
VKU sieht Verbesserungsbedarf
Über die Datenstrategie wurde seit Monaten diskutiert. Dabei ging es auch um Streitfragen wie eine Pflicht zur Datenteilung. Diese soll zunächst für besonders datengetriebene Märkte geprüft werden. In dem Verfahren soll aber auch sichergestellt werden, dass dadurch nicht Geschäftsgeheimnisse oder geistiges Eigentum verletzt werden. Auch der Austausch von personenbezogenen Daten dürfe nicht erzwungen werden. Zugleich will der Staat mit der Bereitstellung öffentlicher Verwaltungsdaten als Vorreiter auftreten. Ein wesentlicher Bestandteil der Datenstrategie ist das Datennutzungsgesetze (DNG).
„Wir begrüßen die Datenstrategie grundsätzlich. Doch beim DNG sollte die Bundesregierung ihren Entwurf an zwei Punkten nachbessern, um die digitale Daseinsvorsorge nicht zu schwächen, sondern zu stärken", erklärte Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer. Nach Ansicht des Verbands sollte der Gesetzgeber erstens erfolgreiche Smart-City-Kooperationen erhalten, statt ihnen die Basis zu entziehen. "In der Praxis teilen kommunale Unternehmen ihre Daten freiwillig – z.B. mit Kooperationspartnern aus Forschung, Mittelstand, Startups oder Handwerk vor Ort. Ziel solcher Kooperationen ist, die Daseinsvorsorge durch neue, digitale Anwendungen zu verbessern und wirtschaftlichen Mehrwert vor Ort zu schaffen", verdeutlichte Liebing.
Basis für Kooperationen gefährdet
Wenn nun – wie im aktuellen DNG-Entwurf – auch diese freiwillig mit Dritten geteilten Daten allen öffentlich zugänglich gemacht werden müssen, drohe die Basis für die Kooperation verloren zu gehen, so der Verband: gemeinsame Smart-City-Projekte würden in Frage gestellt oder gestoppt, neue Kooperationsprojekte nicht mehr auf die Rampe gebracht. Daher sollten Daten, die kommunale Unternehmen zwecks Austausch und Kooperation freiwillig mit Dritten teilen, nicht im DNG aufgenommen werden, fordert der VKU. Ziel sollte sein, erfolgreiche Smart-City-Kooperationen nicht auszubremsen oder zu stoppen und den Mehrwert dort zu schaffen, wo die Daten gewonnen werden.
Gleiche Regeln für alle
Zweitens begrüßt der Verband ausdrücklich den Vorstoß in der Datenstrategie, auch für private Unternehmen eine Pflicht zur Datenherausgabe verstärkt zu prüfen. Diesen Impuls sollte der Gesetzgeber beim Datennutzungsgesetz berücksichtigen: Denn kommunale Unternehmen stünden in vielen Bereichen wie Energie und Verkehr im Wettbewerb zu privaten Unternehmen und finanzieren sich im Regelfall über private Entgelte.
"Wenn nur öffentliche bzw. kommunale Unternehmen ihre Daten zur Nutzung veröffentlichen müssen, werden sie im Wettbewerb mit privaten Unternehmen strukturell benachteiligt. Ob Datenerhebung, -aufbereitung, -nutzung oder -bereitstellung: Wir brauchen gleiche Regeln für alle. In den Bereichen der Daseinsvorsorge sollten daher alle Unternehmen ihre Daten offenlegen: also private und kommunale Unternehmen. Mit einem solchen Level-Playing-Field könnte die Bundesregierung strukturelle Nachteile zulasten der kommunalen Unternehmen und Daseinsvorsorge verhindern und Wettbewerb auf Augenhöhe ermöglichen. Hier sollte der Impuls der Datenstrategie spürbar auf das Datennutzungsgesetz einwirken", erklärte Liebing.
Insgesamt sei ein konsistenter Rechtsrahmen zu Datenaustausch und –nutzung sowie Wettbewerb auf Augenhöhe notwendig, damit kommunalen Unternehmen die nötige Rechts-, Planungs- und Investitionssicherheit bekommen. So können sie ihre Digitalisierungsstrategien und -vorhaben vorantreiben und zugleich den digitalen Wandel der Städte und Gemeinden für alle gestalten.
Bitkom: Keine allgemeine Pflicht zur Datenteilung
Der Branchenverband Bitkom erklärte, eine ambitionierte Datenstrategie sei überfällig. «Mit einer Datenstrategie würden wir sehr viel besser und gesünder durch die Corona-Pandemie kommen.» Der Verband forderte mit Blick auf Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz, dass es in den Debatten zur Digitalisierung nicht immer nur darum gehen dürfe, wie man Daten vermeiden könne. «Wir müssen vielmehr eine sichere, verantwortungsvolle und die Privatsphäre der Menschen schützende Nutzung ermöglichen.» Nun gehe es darum, «aus dem Diskussions- in den Umsetzungs-Modus» zu wechseln.
In seiner Stellungnahme lehnte Bitkom eine allgemeine Pflicht zur Datenteilung ab. Diese bestrafe innovative Unternehmen und hemme Innovationen. Stattdessen sollten Daten-Kooperationen und das freiwillige Verfügbarmachen von Daten gefördert werden und vor allem die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen. «Dazu benötigen wir konkret technische Standards, um die Nutzung von durch Verwaltungen bereitgestellten Daten zu erleichtern.»
Das Papier kann hier heruntergeladen werden. (dpa/sg)