Smart City / Energy

Oberhausen digitalisiert sein Niederspannungsnetz

Mit einer auf Echtzeitdaten basierenden Netzplanung will die Oberhausener Netzgesellschaft mbH (OB Netz) mehr Transparenz in ihr Niederspannungsnetz bringen.
08.09.2024

In 26 Stationen erfassen Sensoren minutengenau Strom und Spannung inklusive Lastflussrichtung. Weitere 24 Stationen werden 2024 mit Sensorik ausgestattet, um die aufkommenden Herausforderungen im Netz abbilden zu können.

Die Oberhausener Netzgesellschaft mbH (OB Netz) ist für die Planung, den Bau und den Betrieb des Strom-, Gas- und Fernwärmenetzes in Oberhausen zuständig. Das Tochterunternehmen der Energieversorgung Oberhausen AG versorgt über 212.000 Einwohner und verfügt über insgesamt 670 eigene Netzstationen. Doch die Flexibilitäten im Netz steigen durch PV, Elektromobilität und die Wärmewende. Um diese Variablen im Netz abzubilden, hat der Netzbetreiber ein entsprechendes Tool gesucht.

Hintergrund

Anhand eines Anforderungskatalogs beschloss die OB-Netz 2022 eine Marktanalyse durchzuführen, um eine passende Messlösung für ihr Niederspannungsnetz zu identifizieren. Damit erhoffte sich das Unternehmen mehr Transparenz. Beschleunigt wurde dieser Auswahlprozess durch die drohende Gasmangellage im Winter 2022. Die Oberhausener entschieden sich  für ein Pilotprojekt mit einem in der Marktanalyse identifizierten Favoriten: Smight Grid2. Damit konnte man den vierphasigen Strom und die Spannung in fünf Stationen im innerstädtischen Bereich mit sehr hoher Einwohnerdichte messen und beobachten.

„Zwei Wochen nach der Bestellung waren die Sensoren und Gateways im Haus und auch der Einbau ging schnell und problemlos – 15 Minuten nach Inbetriebnahme waren die Stationen digital“, erklärt Fabian Richter, Mitarbeiter in der Netzplanung für Digitalisierung und Strategie Gas. „Der wohl wichtigste Vorteil allerdings ist die übersichtliche Darstellung aller notwendigen Informationen im Cockpit. Denn was bringt die beste Lösung, wenn sie von den Mitarbeitern nicht angenommen wird?“

Sensorik schafft mehr Transparenz

Mittlerweile sind im gesamten Netzgebiet 26 Ortsnetzstationen mit den verschiedensten Lastprofilen mit Smight Grid2 ausgestattet: Neben den Ballungsgebieten beobachtet das insgesamt sechsköpfige Netzplanungsteam auch Industriegebiete mit Lastspitzen durch hohe PV-Einspeisung auf den Dächern der Lagerhallen. In Bereichen mit Einfamilienhäusern hingegen wächst neben PV der Anteil an Elektromobilität stark an.

Die Oberhausener nutzen die Lösung vorrangig in der Netzplanung. Für sie sind der altbewährte Schleppzeiger und mobile Messeinrichtungen für Kurzzeitmessungen bei den aufkommenden Lasten und Einspeisungen nicht mehr ausreichend und zu langwierig. Über einen Export der Daten könnten sie damit direkt in der Netzberechnungssoftware arbeiten.

Monatliche Reports helfen bei Optimierung

„Aufgrund der vielen Variablen im Netz waren Annahmen und Netzberechnungen ohne Langzeitmessungen nicht mehr aussagekräftig genug“, so Richter. „Diese decken auch die Dynamiken innerhalb der Netze ab – also Witterungsbedingungen, Lastverhalten der Anschlussnutzer, Zubau von Leistungsbedarfen und Erzeugungen – und können somit in der Netzplanung als auch im Betrieb berücksichtigt werden“, fasst Richter zusammen.

Mittlerweile arbeiten die Oberhausener zusätzlich mit dem Cockpit. Einmal im Monat setzt sich das gesamte Team außerdem zusammen, um einen Blick in den monatlichen Report zu werfen. Daraus lassen sich neue Erkenntnisse aus den Daten ziehen und die Netzplanung, sowie -berechnung weiter verbessern.

Anschlussanfragen effizienter bearbeiten

Die Anschlussanfragen für EE-Anlagen häufen sich auch in Oberhausen – für die Mitarbeitenden eine große Herausforderung. Allein 2023 waren es 1415 und damit mehr als doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Vor dem Einsatz der Lösung wurde die Topologie des Netzbereiches angeschaut und bewertet und im Zweifelsfall sogar noch eine Kurzzeitmessung installiert.

„Vom Antrag bis zur Genehmigung oder einem Ausbau – wenn notwendig – benötigten wir einfach zu lange", sagt Richter. Heute würden die Kollegen erst einmal einen Blick in das Cockpit werfen und könnten so direkt bewerten, wie es um den jeweiligen Netzabschnitt steht – auch im Hinblick auf die Witterung, saisonale Einflüsse usw. "Wir sparen dadurch nicht nur Arbeitszeit, sondern können viel effizienter genauere Aussagen an unseren Kunden tätigen“.

Nächste Schritte

Aktuell verbaut die OB-Netz in 24 weiteren Stationen die Smight-Technologie. Des Weiteren plant das Unternehmen jährlich weitere Stationen mit der Sensorik auszustatten. Ebenfalls sollen der Netzbetrieb und die geplante, vollautomatisierte Netzanschlussplanung von den gewonnen Erkenntnissen der Daten profitieren. Smight plant außerdem im Hinblick auf die netzorientierte Steuerung gemäß §14a EnWG einen auf Daten basierten Lastmanager Ende 2024 verfügbar haben. (sg)