Smart City / Energy

Siemens baut in Afrika und Finnland Microgrids auf

Siemens hat am Mittwoch auf der Intersolar zwei Absichtserklärungen mit verschiedenen Partnern unterschrieben: Es geht um grüne Elektrifizierung in mindestens elf afrikanischen Ländern und um hochverfügbare Versorgung eines Industrieparks in Finnland.
21.06.2018

Die kenianische Angestellte Cecilia Lamei in einem von mehr als 250 "Solarkiosks" des gleichnamigen Berliner Unternehmens in nicht elektrifizierten ländlichen Gegenden Afrikas. Bis 2013 sind 5000 dieser Dorfläden geplant. Mit Photovoltaik werden gegen einen Obolus etwa Handys nachgeladen, Produkte und Medikamente gekühlt, Wasser aufbereitet, kopiert, gescannt, gedruckt oder Fußballspiele ausgestrahlt. Siemens baut für Solarkiosks Solarkraftwerke namens "E-Hubb" (!) ein Microgrid Gateway auf, das den Energieverbrauch und die Lieferkette für die Kiosks optimieren soll. Dies ist Gegenstand einer Absichtserklärung, die die Unternehmensspitzen am 20. Juni 2018 auf der Messe Intersolar unterzeichneten.

Bis 2023 will das Berliner Unternehmen Solarkiosk insgesamt 5000 Dörfer in Afrika teilelektrifizieren, indem es photovoltaikgespeiste Dorfläden errichtet und unterhält. Und in einem Industriepark beim finnischen Tampere baut der Kommunalversorger Lempäälän Energia Oy eine notfalls autarke Energiegemeinschaft mit Strom aus grünen Quellen und aus Kraft-Wärme-Kopplung auf.

Zwei Einheiten von Siemens unterstützen jetzt beide Unternehmen mit verschiedenen Microgrid-Dienstleistungen. Dies ist der Kern von Absichtserklärungen, die die Chefs der Divisions Energy Management und Digital Grids, Ralf Christian und Thomas Zimmermann, am Mittwoch auf der Messe Intersolar mitunterzeichneten.

Jetzt schon mehr als 250 Dorfläden und 800 Beschäftigte

Solarkiosk unterhält bereits über 250 solcher Tante-Emma-Läden in elf afrikanischen Ländern und beschäftigt damit 800 Einheimische. Die Projekte werden von der EU gefördert. In Gegenden, die weitab von Stromnetzen sind, verkauft der "Solarkiosk" netzunabhängigen Photovoltaikstrom. Kunden laden Akkus von Handys oder Lampen auf, gehen ins Internet, scannen Dokumente ein oder drucken sie aus, wickeln Bankgeschäfte ab – oder sie schauen schlicht fern, vor allem Fußball und Unterhaltungssendungen. Zudem lassen sich Medikamente und Speisen kühlen, und Wasser wird aufbereitet.

Daten aus der Lieferkette und aus dem Stromsystem nutzen

Das technische Herzstück ist der "Solarkiosk E-Hubb". Siemens ermöglicht in einem ersten Schritt seine Fernsteuerung und Optimierung, indem es ein Microgrid Gateway beisteuert. Dieses sammelt die Daten aus den Solarkiosk-Energiesystemen und -Einzelhandelgeschäften. Ziele sind, den Energieverbrauch zu senken, den Betrieb wartungsfreundlicher zu gestalten und die Lieferkette von Solarkiosk zu rationalisieren. Das Microgrid Gateway soll sich mit Anwendungen verbinden, die auf der Smartgrid-Plattform EnergyIP und mit dem offenen, cloudbasierten Internet-der-Dinge-Betriebssystem Mindsphere laufen.

Automatisiertes, hochverfügbares Arealnetz

In Finnland ist der Versorger Lempäälän Energia Oy Partner einer Absichtserklärung der Siemens-Division Energy Management. In einem entstehenden Geschäftsviertel im Industriegebiet von Lempäälä bei Tampere gründet der Lokalversorger Lempäälän Energia eine Energiegemeinschaft mit hochverfügbarer, automatisierter Strom- und Wärmeversorgung. Erzeugungsbasis sind zwei PV-Felder mit mehr als 15.000 Modulen, sechs Gasmotoren in Kraft-Wärme-Kopplung sowie Brennstoffzellen. Das "Schlüsselprojekt" wird vom finnische Zentralstaat aus klimapolitischen Gründen gefördert.

Siemens legt ein intelligentes Mittelspannungs-Microgrid aus, macht das Engineering und liefert ein Netzautomatisierungssystem, den "Sicam Microgrid Controller", sowie ein elektrisches Speichersystem. Das Arealnetz soll erforderlichenfalls von der Infrastruktur des Netzbetreibers Fingrid abkoppelbar sein, aber auch einen eventuellen Stromüberschuss darin einspeisen können. (geo)