Gas

Wasserstoff: EWE und Co. planen Milliardenprojekt in Norddeutschland

Mit Tennet, SWB und anderen Firmen will EWE den Aufbau einer europäischen Wasserstoffwirtschaft vorantreiben. Staatliche Fördergelder sollen das Projekt mitfinanzieren.
24.03.2021

Das Projekt "Clean Hydrogen Coastline", grafisch dargestellt: So könnte der Beitrag von EWE und anderen Unternehmen für eine europäische Wasserstoffwirtschaft aussehen.

Der Oldenburger Energieversorger EWE plant mit mehreren Partnern in Norddeutschland ein milliardenschweres Wasserstoff-Projekt namens "Clean Hydrogen Coastline". Bis zum Jahr 2026 wollen die beteiligten Unternehmen bis zu 400 Megawatt Elektrolysekapazität mit entsprechender Wasserstoff-Speicherung ins Energiesystem integrieren, wie es in einer Presseaussendung heißt.

"Wir haben in Norddeutschland – der Windkraftregion – die besten Voraussetzungen, um Wasserstoff als integralen Bestandteil in das Energiesystem einzubinden und den Grundstein für eine europäische Wasserstoffwirtschaft zu legen", kommentiert EWE-Vorsitzender Stefan Dohler.

Grüner Stahl mit Wasserstoff

Im Fokus steht erstens Bremen, wo der Stahlkonzern und Projektpartner Arcelor Mittal ein Werk betreibt. Ziel ist es, dort Stahl mit grünem Wasserstoff herzustellen. Deshalb will das Unternehmen eine Eisenerz-Direktreduktionsanlage und einen Elektrolichtbogenofen bauen, um damit im ersten Ausbauschritt 1,5 Millionen Tonnen Rohstahl mit deutlich geringeren CO2-Emissionen herzustellen. (Die ZfK berichtete.)

Zweitens will die niedersächsische Firma Faun, Spezialist für Müllfahrzeuge und Kehrmaschinen, ihre Fertigung erweitern, um bis 2026 bis zu 12.000 Fahrzeuge mit Brensstoffzellensystem in Betrieb bringen zu können. Ferner wollen Faun und EWE den Aufbau eines dezentralen Tankstellennetzes für Wasserstofffahrzeuge unterstützen.

Infrastruktur für Wasserstoff

Drittens wollen die Netzbetreiber Tennet und Gasunie die vorhandene Strom- und Gasinfrastruktur nutzen, um Wasserstoff ins Energiesystem einbinden zu können. Bis 2025 will etwa Gasunie eine Verbindung "wichtiger Produktions- und Speicherstandorte mit relevanten Absatzmärkten schaffen, und zwar in Niedersachsen, in Bremen und Hamburg", wie es heißt.

"Das Hyperlink-Vorhaben ist eng mit dem Projekt Clean Hydrogen Coastline verbunden und wird als ein wichtiger Bestandteil des europäischen Backbone eine Verbindung zwischen den Niederlanden, Deutschland und Dänemark schaffen", sagt Jens Schumann, Geschäftsführer des Fernleitungsnetzbetreibers Gasunie Deutschland Transport Services.

Elektrolyseanlagen in Bremen und Huntorf

Diese Vorhaben stimmen EWE-Chef Dohler zuversichtlich. "Wir können bis zum Jahr 2026 unter diesen Voraussetzungen Produktionskapazitäten bis zu 400 Megawatt schaffen", sagt er.

Für die ersten Ausbaustufen im Bereich 200 Megawatt fassen die Beteiligten den Standort Bremen (Erzeugung und Nutzung) und das 20 Kilometer entfernte Huntorf (Erzeugung und Speicherung) ins Auge.

Gasspeicher für Wasserstoff

Ein Großelektrolyseur soll am Kraftwerksstandort Mittelsbüren errichtet werden, der dem Bremer Energieversorger SWB gehört. Zusammen mit EWE plant das Unternehmen auch in Bremen eine Elektrolyseanlage.

In Huntorf betreibt EWE zudem Erdgasspeicher. Im Rahmen des Projekts will das Energieunternehmen hier einen Kavernenspeicher auf Wasserstoff umrüsten. Von 2025 an soll es so möglich sein, auch überregionale Speicherkapazitäten beispielsweise für Hamburg anzubieten.

Um Fördergelder beworben

Die Partner gehen von einer Gesamtinvestition von 1,3 Milliarden Euro aus, wenn das Projekt im zweiten Quartal 2022 "bei den passenden Randbedingungen" starten könnte. Für staatliche Fördergelder im Rahmen eines europäischen "Important Project of Common European Interest" (IPCEI) für Wasserstoff haben sie sich bereits beworben.

Voraussetzung für die Bewilligung der Gelder ist, dass es sich dabei nach Auffassung der Behörden um ein wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse handelt. Zudem müsse es einen wichtigen Beitrag zu Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und Wirtschaft leisten.

Orsted und BP mit eigenem Projekt

Am Mittwoch gaben auch die Energiekonzerne BP und Ørsted bekannt, sich mit einem eigenen Wasserstoff-Projekt für IPCEI-Fördergelder beworben zu haben. Sie planen im ersten Schritt, in Lingen (Niedersachsen) einen Elektrolyseur mit einer Leistung von 50 Megawatt zu bauen. Dieser könnte mit Strom aus einem Offshore-Windpark von Ørsted beliefert werden.

2024 könnte demnach in Lingen grüner Wasserstoff produziert werden und einen Teil der fossilen Wasserstofferzeugung in der BP-Raffinerie ersetzen, der zur Produktion von nachhaltigeren Kraftstoffen genutzt wird. Eine entsprechende Investitionssumme nannten die Unternehmen in einer Presseaussendung nicht. (ab)