Forscher nutzen Eisen als Speicher für Wasserstoff
ETH-Forscher um Wendelin Stark, Professor für funktionale Materialien am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften, haben eine neue Speichertechnik entwickelt, um Wasserstoff saisonal zu speichern. Diese Art der Speicherung ist viel sicherer und günstiger als bestehende Lösungen, heißt es in einer Mitteilung. Dazu nutzen die Forscher eine bekannte Technologie und das vierthäufigste Element der Erde: Eisen.
Um Wasserstoff besser speichern zu können, stützen sich Stark und sein Team auf das Eisen-Dampf-Verfahren, das bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt ist. Wenn in den Sommermonaten zu viel Solarstrom vorhanden ist, kann damit Wasser aufgespalten werden, um Wasserstoff zu erzeugen. Dieser Wasserstoff wird dann in einen 400 Grad Celsius heißen Edelstahlkessel geleitet, der mit natürlichem Eisenerz gefüllt ist. Dort entzieht der Wasserstoff dem Eisenerz – das chemisch nichts anderes ist als Eisenoxid – den Sauerstoff, wodurch elementares Eisen und Wasser entstehen.
Energie fast verlustfrei speichern
"Dieser chemische Prozess gleicht dem Aufladen einer Batterie. So kann die Energie des Wasserstoffs fast verlustfrei über lange Zeit als Eisen und Wasser gespeichert werden", erklärt Stark. Wird die Energie im Winter wieder benötigt, drehen die Forscher den Prozess um: Sie leiten heißen Wasserdampf in den Kessel, wodurch aus dem Eisen und Wasser wieder Eisenoxid und Wasserstoff entstehen. Der Wasserstoff kann dann in einer Gasturbine oder Brennstoffzelle in Strom oder Wärme umgewandelt werden. Um für den Entladevorgang möglichst wenig Energie zu brauchen, wird die Abwärme der Entladereaktion genutzt, um den Wasserdampf zu erzeugen.
"Der große Vorteil der Technologie ist, dass das Ausgangsmaterial Eisenerz einfach und in großen Mengen zu beschaffen ist. Zudem müssen wir es nicht einmal aufbereiten, bevor wir es in den Kessel geben", sagt Stark. Die Forschenden gehen zudem davon aus, dass man weltweit große Eisenerzspeicher bauen könnte, ohne den Weltmarktpreis von Eisen substanziell zu beeinflussen.
Keine besonderen Sicherheitsauflagen nötig
Auch der Kessel, in dem die Reaktion stattfindet, muss keine besonderen Sicherheitsauflagen erfüllen. Er besteht aus nur sechs Millimeter dicken Edelstahlwänden. Die Reaktion läuft unter normalem Druck ab und die Speicherkapazität steigt mit jedem Zyklus. Der Kessel mit Eisenoxid kann für beliebig viele Speicherzyklen wiederverwendet werden, ohne dass man das Eisenoxid austauschen muss. Ein weiterer Vorteil der Technologie ist, dass die Forschenden die Speicherkapazität leicht vergrößern können. Man muss nur größere Kessel bauen und mehr Eisenerz einfüllen. Alle diese Vorteile machen die Speichertechnologie schätzungsweise rund zehn Mal günstiger als bestehende Verfahren.
Die Verwendung von Wasserstoff hat jedoch auch einen Nachteil: Seine Herstellung und Umwandlung sind im Vergleich zu anderen Energieträgern ineffizient, da dabei bis zu 60 Prozent der Energie verloren geht. Wasserstoff ist daher als Speichermedium vor allem dann interessant, wenn genügend Wind- oder Solarstrom vorhanden ist und andere Optionen nicht in Frage kommen. Dies ist vor allem bei industriellen Verfahren der Fall, die nicht elektrifiziert werden können.
Pilotanlage installiert
Die technische Machbarkeit der Speichertechnologie haben die Forschenden anhand einer Pilotanlage am Campus Hönggerberg demonstriert. Diese besteht aus drei 1,4 Kubikmeter grossen Edelstahlkesseln, die die Forschenden mit jeweils zwei bis drei Tonnen am Markt erhältlichen, unbehandeltem Eisenerz gefüllt haben.
Bis 2026 wollen die Forscher die Anlage ausbauen und ein Fünftel des Strombedarfs des ETH Campus Hönggerberg im Winter mit eigenem Solarstrom aus dem Sommer decken. Dafür wären Kessel mit einem Volumen von 2000 Kubikmeter nötig, die rund vier Gigawattstunden grünen Wasserstoff speichern können. Nach seiner Umwandlung in Strom würde der gespeicherte Wasserstoff rund zwei Gigawattstunden Strom liefern. (amo)