Gas

Gaspreisschub nach Israel-Attacken: Was die Situation so heikel macht

Wieder einmal dominiert ein Militärangriff den Gashandel. Allerdings bleiben zunächst drastische Preissprünge aus. Sorgenfalten gibt es trotzdem genug – auch weil Deutschland hausgemachte Probleme mit sich herumschleppt.
13.06.2025

Nach einer Explosion in der iranischen Hauptstadt Teheran steigt Rauch auf.

Von Andreas Baumer

Als deutsche Gashändler am Freitagmorgen aufwachten, hatten die ersten israelischen Bomber bereits mehrere Atomanlagen und Städte im Iran angegriffen, war das nächste Pulverfass im Mittleren Osten dabei zu explodieren. Umso bemerkenswerter waren die ersten Preisbewegungen auf den europäischen Gasmärkten. Der Leitindex TTF stieg bei rund 38 Euro pro Megawattstunde (MWh) ein (Vortag: 36 Euro) und sackte eine Stunde später auf 37 Euro pro MWh ab.

Danach ging es wieder nach oben, auf bis zu 38,50 Euro pro MWh. Kurzum: Die Gaspreise schoben sich nach oben. Drastische Preissprünge, wie sie der Gasmarkt im Zuge früherer einschneidender Ereignisse im Nahen Osten und in der Ukraine erlebt hatte, blieben aber diesmal aus. Derzeit würden alle die Risiken abwägen, schrieb Gasmarktspezialist Greg Molnar von der Internationalen Energieagentur auf Linkedin. Und Energiemarktexperte Simon Van Puyvelde notierte, dass die Israel-Attacken die Gaspreise nicht signifikant beeinflussen würden, es sei denn die USA würden stärker in den Konflikt hineingezogen werden.

Gaspreise tendenziell steigend

In Erwartung eines möglichen israelischen Angriffs waren die Gaspreise bereits in den vergangenen Tagen tendenziell nach oben gegangen. Verstärkt wurde dieser Aufwärtstrend durch preistreibende Nachrichten wie die Entdeckung neuer Risse in einem französischen Kernkraftwerk. In der Folge kündigte der Betreiber EDF auch in anderen Anlagen Untersuchungen an. Produziert Frankreich weniger Atomstrom, springen häufig Gaskraftwerke ein. Das treibt die Gasnachfrage.

Wie bereits bei früheren Angriffen auf den Iran pausierte Israel am Freitag zudem den Betrieb eigener Gasfelder, was die Preise ebenfalls stützte. Unklar blieb zunächst, wie ein von früheren Angriffen geschwächter und wirtschaftlich gebeutelter Iran auf die neuerlichen, umso massiveren Attacken aus Israel reagieren würde. Nach ersten Berichten tötete Israel mehrere ranghohe Regimevertreter.

Mit deutlich stärkeren Verwerfungen müsste der Gasmarkt rechnen, wenn die mit dem Iran verbündeten Huthi-Rebellen im Jemen die Suez-Kanalroute wieder unsicherer machen würden oder der Iran gleich selbst die Straße von Hormus blockieren würde. Die Straße von Hormus verbindet den Persischen Golf mit dem Rest der Welt.

Bei einem solchen Schritt würden Großverbraucher wie China von wichtigen Gasmengen etwa aus Katar abgeschnitten werden und möglicherweise mit Europa in einen Preiskrieg um stark verknappte Gasmengen eintreten. Die Gefahr einer solchen Entwicklung war in den vergangenen Monaten gesunken, weil sich der Iran und arabische Golfstaaten wie Saudi-Arabien angenähert hatten. Ob der Iran zu einer effektiven Blockade der Straße von Hormus überhaupt noch in der Lage sein würde, war offen.

Trump als unberechenbarer Player

Als wichtiger und gleichsam unberechenbarer Player gilt US-Präsident Donald Trump. Die USA sind einerseits der wichtigste Unterstützer Israels, setzten aber andererseits zuletzt in der Golfregion auf Entspannung. In einer ersten Reaktion setzte Trump wie so oft auf einen Mix aus Drohungen und Verhandlungsangeboten. Einerseits prahlte er auf der Plattform Truth Social, dass die USA die "tödlichste Militärausrüstung" weltweit hätten und kommende israelische Angriffe noch brutaler sein würden. Zugleich forderte er den Iran auf, jetzt einen Deal zu machen. "Tut es einfach, bevor es zu spät ist."

Auf den ersten Blick ist die Golfregion für die deutsche Gasversorgung nicht entscheidend. Die meisten Gasmengen erhält die Bundesrepublik über Pipelines aus Norwegen. Bei Flüssigerdgas setzt Deutschland vor allem auf die USA. Dazu spielt auf dem europäischen Gasmarkt auch Russland weiterhin eine große Rolle.

Entsprechend beruhigte die Bundesnetzagentur auf ZfK-Anfrage. Die Abhängigkeit von Gas aus der Golfregion sei "minimal", schrieb sie. "Aktuell sieht die Bundesnetzagentur daher keine Gefahr eines drohenden Gasversorgungsengpasses." Zudem sei die Infrastruktur flexibel genug, um bei Bedarf die LNG-Importe aus anderen Quellen zu erhöhen.

Größter Gasspeicher zu zwei Prozent voll

Allerdings hat Deutschland mit Blick auf den kommenden Winter seine hausgemachten Herausforderungen. Vor allem die niedrigen Gasspeicherfüllstände und das vergleichsweise geringe Einspeichertempo treiben Händler um. Aus jetziger Sicht ist ein Füllstand von 90 Prozent im November kaum noch zu erreichen. Zurzeit sind die Speicher im Schnitt zu 44 Prozent gefüllt, wobei es erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Anlagen gibt.

Als eines der größten Sorgenkinder gilt einmal mehr Deutschlands größter Gasspeicher im niedersächsischen Rehden. Seit Wochen stagniert der Füllstand auf sehr niedrigem Niveau. Am Mittwoch wurde der Speicher um gerade einmal 0,04 Prozentpunkte voller. Der Füllstand insgesamt lag am Ende des Gastags bei lediglich 2,13 Prozent.

Sollte es in Deutschland bereits im Oktober kälter als gewohnt werden, könnte das nicht nur die Gaspreise empfindlich nach oben peitschen, sondern auch die Gasversorgung zurück ins Zentrum rücken.