Gas

Studie: Wie Gasexporteure auf grünen Wasserstoff umstellen können

Deutschland ist beim Wasserstoff auf Importe angewiesen. Doch für viele potenzielle Partnerländer ist die Umstellung auf grüne Energien gar nicht so einfach.
22.02.2024

Der Umstieg auf grünen Wasserstoff ist herausfordernd – nicht nur für Deutschland.

In einer neuen Studie für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat das Fraunhofer ISI untersucht, welche wirtschaftlichen Konsequenzen der Rückgang von Öl und Gas am Markt für betroffene Länder haben kann. Am Beispiel von Saudi-Arabien, Kasachstan und Nigeria haben die Forschenden analysiert, ob und in welchem Ausmaß der Export fossiler Energieträger in Zukunft durch den Export von grünem Wasserstoff und dessen Derivaten ersetzt werden könnte.

Länder, die derzeit in hohem Maße vom Handel mit Öl und Gas abhängig sind, müssen daher neue wirtschaftliche Strategien in Erwägung ziehen. Eine Möglichkeit ist die Umstellung bestehender Wertschöpfungsketten für fossile Energieträger auf die Herstellung und den Export sogenannter Power-to-X-Produkte (PtX). Dazu zählen grüner Wasserstoff und dessen Derivate wie Ammoniak und Methanol.

Saudi-Arabien diversifiziert bereits

In Saudi-Arabien hatte der Export fossiler Brennstoffe 2021 einen Anteil von rund 24 Prozent am Bruttoinlandsprodukt und rund 57 Prozent an den gesamten Exporteinnahmen. Einen Großteil seines Öls und Gases exportiert Saudi-Arabien in die wachsenden Volkswirtschaften Asiens. Die Kosten für die Ölförderung gehören zu den niedrigsten weltweit, wodurch Saudi-Arabien auf dem Weltmarkt sehr wettbewerbsfähig ist. Dennoch hat das Land schon begonnen, seine Wirtschaft zu diversifizieren. Die chemische Industrie wächst und es bestehen bereits Handelsbeziehungen für Blauen Ammoniak mit Japan und Südkorea. Saudi-Arabien hat ein besonders hohes Potenzial für Solarenergie, was niedrige Wasserstoffpreise ermöglichen könnte. Außerdem könnten bestehende Gaspipelines für den Transport von Wasserstoff umgenutzt werden, was einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil darstellt.

In Kasachstan macht der Handel mit Öl und Gas etwa die Hälfte der Exporteinnahmen aus (47 Prozent im Jahr 2021). Dabei geht der größte Teil des Rohöls in die EU, insbesondere nach Deutschland. Raffiniertes Öl wird vor allem in die USA, Erdgas primär nach China exportiert. Die Produktionskosten für Rohöl liegen in Kasachstan weit unter dem weltweiten Durchschnitt. Das Land verfügt außerdem über große Kohlevorkommen und weitere fossile Ressourcen und besitzt eine gut entwickelte Bergbauindustrie. Die metallverarbeitende Industrie könnte als Schlüsselsektor die Nachfrage nach grünem Wasserstoff zur Produktion von nachhaltigem Stahl vorantreiben. Das Land hat zudem ein vielversprechendes Potenzial für Windenergie und baut derzeit seine maritimen Handelswege am Kaspischen Meer aus, was den Export von Wasserstoff nach Asien und Europa erleichtern könnte.

Nigeria mit schwierigen Voraussetzungen

In Nigeria machten Erdöl und Erdgas 2021 mehr als 90 Prozent des Nettoexportbudgets aus. Wichtige Handelspartner für Rohöl sind dabei Indien und Spanien. Ähnlich wie in Saudi-Arabien besteht in Nigeria ein großes Potenzial für Solarenergie, das jedoch aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte und die dadurch geringere verfügbare Landfläche beschränkt wird.

In der Studie wird deutlich, dass in allen drei Ländern hohe Potenziale für die Erzeugung von grünem Wasserstoff bestehen. Auch wenn die zukünftigen Marktpreise für grünen Wasserstoff heute noch schwer abzuschätzen sind, kann davon ausgegangen werden, dass die möglichen Erlöse aus potenziellen Wasserstoffexporten voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verluste aus dem sinkenden Export fossiler Brennstoffe vollständig zu kompensieren, da der für die Zukunft erwartete globale Bedarf an Wasserstoff und E-Fuels deutlich geringer ist als die derzeitige Nachfrage nach Erdöl und Erdgas.

»Dennoch kann der Aufbau eines Power-to-X Sektors die Folgen des Rückgangs der globalen Öl- und Gasnachfrage abmildern und signifikant zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Diversifizierung in den betroffenen Ländern beitragen«, bilanziert Inga Boie, Projektleiterin der Studie am Fraunhofer ISI. (amo)