Gas

Umstellung des Erdgasnetzes auf Wasserstoff deutlich günstiger als gedacht

Teile der Messtechnik müssten erneuert werden, haben die Stadtwerke Jena Netze im Praxistest herausgefunden. Das könne aber kostengünstig im Rahmen der normalen Erneuerung in Angriff genommen werden.
23.09.2024

Jena rechnet sich beim Wasserstoff große Chancen aus.

Die Umstellung des Erdgasnetzes auf den Transport von Wasserstoff erfordert deutlich weniger zusätzliche Investitionen als zunächst angenommen. Dies ist eine der Erkenntnisse, die die Stadtwerke Jena Netze im Rahmen ihres Projektes „H2-Transformation“ gemeinsam mit den Fachexperten der DBI Gas- und Umwelttechnik aus Leipzig gewinnen konnten. Das Projekt ist inzwischen abgeschlossen. Mit den vorliegenden Ergebnissen will das Unternehmen nun die geplante Gasnetztransformation weiter vorantreiben. Ziel sei es, ab 2028/2029 leitungsgebundenen Wasserstoff in Jena zu verteilen, heißt es in einer Mitteilung.

Nach den Erkenntnissen aus dem Projekt ist ein Großteil des in Jena und Pößneck vorhandenen Erdgasnetzes bereits jetzt H2-ready. So sind die etwa 540 Kilometer erdverlegte Rohrleitungen aus Stahl und Kunststoff prinzipiell wasserstofftauglich. Darüber hinaus wurden rund 51.700 weitere Anlagenteile, beispielsweise Gaszähler, Druckregler oder Absperrarmaturen, betrachtet. Von diesen seien etwa 50 Prozent bereits jetzt für Wasserstoff geeignet, so das DBI.

Messtechnik austauschen

Nach Einschätzung der Experten müssten vor allem Gaszähler, Mengenumwerter, einzelne Komponenten der Gas-Druckregelanlagen und vereinzelte Hausdruckregler ausgetauscht bzw. angepasst werden. Dies könne aber im Rahmen der regulären Erneuerung erfolgen, etwa bei Turnuswechseln von Bauteilen. Dabei handelt es sich vor allem um die Erneuerung der Messtechnik, weil Wasserstoff andere stoffliche Eigenschaften als das aus Methan bestehende Erdgas aufweist. Unter der Prämisse, dass die aktuelle Erneuerungsstrategie beibehalten und bei jeder Maßnahme bereits wasserstoffgeeignete Komponenten eingesetzt werden, könne die Transformation kosteneffizient und zeitnah gelingen. 

„Damit bestätigt der Schlussbericht die uns bereits bekannten Zwischenergebnisse aus der Netzanalyse. Das ist eine sehr gute Nachricht“, lässt sich Projektleiter Axel Gumprich aus dem Bereich Strategie der Stadtwerke Jena Netze zitieren. „Auf Basis dieser Analyse können wir nun sehr konkret planen, welche nächsten technischen und baulichen Schritte für die Netzumstellung notwendig sind.“ Gleichwohl ist es nicht vorgesehen, das vorhandene Erdgasnetz 1:1 in ein Wasserstoffnetz zu überführen, betont Gumprich. „Wasserstoffanwendungen sehen wir vor allem im gewerblich-industriellen Bereich und im Kraftwerk. Die private Nutzung von Wasserstoff, etwa zum Heizen, wird im Rahmen der Erstellung der kommunalen Wärmeplanung analysiert und präzisiert.“

Jena sieht sich gut aufgestellt

Grundsätzlich sind in Jena die Voraussetzungen zur Nutzung von leitungsgebundenem Wasserstoff äußerst günstig: Das geplante Wasserstoff-Kernnetz verläuft unter anderem entlang der Autobahn A4 und bringt den begehrten Brennstoff bis an die Stadttore heran. Dort soll ab dem Jahr 2027/2028 eine neue Übernahmestation entstehen und den bis dann verfügbaren Wasserstoff ab 2028/2029 von Süden ins städtische Verteilnetz einspeisen. Da im Norden noch eine weitere Übernahmestation für Erdgas vorhanden ist, können beide Gasnetze zunächst parallel weiterbetrieben werden.

Entsprechend planen die Stadtwerke Jena Netze, ab 2028/2029 erste größere Industrie- und Gewerbekunden mit Wasserstoff zu versorgen. Erste Ankerkunden konnten bereits gewonnen werden. (amo)