Uniper testet Wasserstoff-Speicher in ehemaligem Salzstock
Der Energiekonzern Uniper nimmt demnächst einen unterirdischen Testspeicher für Wasserstoff im ostfriesischen Krummhörn in Betrieb. Etwa zwei Jahre lang soll dort unter anderem geprüft werden, wie Materialien und Technik mit dem Gas zurechtkommen. Auch die Einspeicherung von Wasserstoff unter realen Bedingungen wird erprobt.
CO2-neutral erzeugter Wasserstoff soll in einem klimaneutralen Wirtschaftssystem eine Schlüsselrolle als Energieträger und Rohstoff für die Industrie spielen. Experten rechnen künftig mit einem großen Bedarf an Wasserstoffspeichern in Deutschland. Der im Zuge der Energiekrise verstaatlichte Energiekonzern Uniper ist Deutschlands größter Erdgasspeicher-Betreiber und sieht sich als Vorreiter beim Aufbau einer europäischen Wasserstoffwirtschaft.
Lies: Speicher hat Schlüsselrolle
Der Testspeicher in Krummhörn befindet sich in einer Tiefe von etwa 1700 Metern. Die sogenannte Kaverne ist etwa 30 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 16 Metern. Das Volumen liegt bei 3000 Kubikmetern. Die Kaverne ist günstig gelegen: In der Nähe soll das geplante Wasserstoffpipeline-Kernnetz vorbeiführen.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) betonte: «Dieses Vorhaben kann eine Schlüsselrolle beim Hochlauf der deutschen Wasserstoffwirtschaft spielen.» Niedersachsen sei dank der Lage an der Nordsee und der vorhandenen Infrastruktur prädestiniert, eine führende Rolle in der Transformation und der Energiewende zu übernehmen.
Erstbefüllung startet Ende September
Die Erstbefüllung der Testkaverne ist für Ende September geplant. Nach Angaben des Technischen Leiters der Uniper-Gasspeichersparte, Frank Holschumacher, wird dafür «grüner» Wasserstoff verschiedener Hersteller verwendet, der mit Tankwagen angeliefert werden soll.
Sollte sich die Wasserstoffspeicherung nach der zweijährigen Testphase wirtschaftlich lohnen, will Uniper die Kaverne für eine kommerzielle Nutzung vergrößern. Das sogenannte Aussolen wird laut Holschumacher voraussichtlich drei bis fünf Jahre dauern. Die nutzbare Menge liege dann bei 250 Gigawattstunden Wasserstoff. Für das Aussolen dieser neuen Kaverne rechnet er mit Kosten in Höhe von 350 Millionen bis 500 Millionen Euro.
Bis zu zehn Wasserstoff-Speicher in Krummhörn
Uniper gehören in dem Salzstock noch drei weitere Kavernen, die in der Vergangenheit als Erdgasspeicher genutzt wurden. Derzeit sind sie mit Wasser gefüllt. Falls es sich lohnt, sollen auch sie zu Wasserstoffspeichern ertüchtigt werden. Darüber hinaus können laut Uniper in dem Salzstock noch sechs weitere neue Kavernen gebaut werden.
Insgesamt plant Uniper Energy Storage bis 2030 die Entwicklung von Salzkavernen zu Wasserstoff-Speichern mit einer Kapazität von bis zu 600 Gigawattstunden. Hierzu würden bestehende und neue Standorte entlang des Wasserstoff-Kernnetzes in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen untersucht, hieß es.
Uniper ist nicht das erste Unternehmen, das eine Wasserstoffspeicherung erprobt. So untersucht etwa der Oldenburger Energiekonzern EWE schon seit Längerem mithilfe einer Testkaverne in Rüdersdorf bei Berlin, worauf es beim Betrieb eines Wasserstoffspeichers ankommt.
Verschiedene Speichertypen
Grundsätzlich gibt es zwei Speichertypen: Bei Kavernenspeichern wird das Gas in riesigen Hohlräumen gelagert, die künstlich in Salzstöcke gespült wurden. Einige Kavernen sind mehrere hundert Meter hoch. Bei Porenspeichern wird das Gas in porösen Gesteinen gespeichert. Allerdings: „Hier ist bislang noch nicht abschließend geklärt, welche konkreten Anlagen sich auch für die Speicherung von Wasserstoff eignen“, erklärt der Geschäftsführer des Verbandes der Erdgasspeicher-Betreiber Ines (Initiative Energien Speichern), Sebastian Heinermann, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Insgesamt hat Deutschland zu wenig Speicher für den geplanten Wasserstoff-Hochlauf. Zwar sollen nach und nach vorhandene Erdgasspeicher für die Wasserstoff-Speicherung umgerüstet werden. Das Bundeswirtschaftsministerium geht jedoch davon aus, dass mehr Wasserstoffspeicher neu gebaut werden müssen als durch Umwidmung bestehender Gasspeicher gewonnen werden können. Laut den jüngsten Langfristszenarien des Ministeriums werden bis 2045 Speicher benötigt, die Wasserstoff mit einem Energiegehalt von insgesamt 76 bis 80 Terawattstunden speichern können. „Aus dem Bestand an Gasspeichern hierzulande lassen sich schätzungsweise 32 Terawattstunden davon decken“, sagt Verbandsgeschäftsführer Heinermann. „Der verbleibende Bedarf muss über einen Neubau von Anlagen gedeckt werden.“
Bund fördert Großspeicher
Kommerziell genutzte Großspeicher sind unter anderem in Huntorf bei Oldenburg (EWE), Bad Lauchstädt bei Halle (Saale) (VNG) und Gronau-Epe (RWE) geplant. Alle drei Projekte werden von Bund und Ländern mit zusammengenommen rund 234 Millionen Euro gefördert.
Dem Speicherverband Ines sind aktuell achtzehn Projektideen bekannt, die unterschiedlich weit fortgeschritten sind. „Bei den Projekten handelt es sich in der Regel um kleinere Forschungs- und Entwicklungsvorhaben“, erklärt Heinermann. Er betont das grundlegende Interesse der Gasspeicherbetreiber an Wasserstoffspeicherung: „Die Ines-Mitglieder sind sehr daran interessiert, Wasserstoffspeicher zu entwickeln und damit einen wesentlichen Beitrag für eine erfolgreiche Energiewende zu leisten.“
Das Bundeswirtschaftsministerium ist zuversichtlich, dass eines Tages genügend Speicher da sein werden: „Aufgrund der hohen Potenziale für Wasserstoffspeicher (Salzkavernen und Porenspeicher) ist davon auszugehen, dass grundsätzlich alle entstehenden Speicherbedarfe gedeckt werden können“, erklärt eine Sprecherin auf dpa-Anfrage. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf „signifikante Salzkavernenvorkommen“ insbesondere in Nord- und Ostdeutschland sowie im geringeren Umfang in Mitteldeutschland. „Auch das Potenzial für Porenspeicher liegt insbesondere in Nord- und Ostdeutschland.“ Porenspeicherpotenziale gebe es darüber hinaus auch in Mittel- und Süddeutschland.
Heinermann sieht viele offene Fragen
Allerdings gibt es laut Ines-Geschäftsführer Heinermann noch viele offene Fragen. „Zentrale Fragen sind sicherlich mit dem Medium Wasserstoff verbunden“, sagt Heinermann. „Wie reagiert die Geologie im Untergrund auf den Wasserstoff? Was macht der Wasserstoff mit den Anlagenkomponenten? Wie verhält sich der Wasserstoff bei unterschiedlichen Betriebsweisen?“ Hinzu kämen Fragen zu Planungs- und Genehmigungsprozessen und Kostenfragen für Errichtung und Betrieb. Wichtig sei auch, wie die konkreten Anforderungen der Speichernutzer aussähen und wie sie sich über die Zeit hinweg verändern können.
Das Bundeswirtschaftsministerium will bis zum Jahresende eine Wasserstoffspeicherstrategie vorlegen. Die Branche erhofft sich davon etwa Hinweise, wie Planung- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden können. „Derzeit wird geschätzt, dass die Umwidmung eines Gasspeichers auf Wasserstoff ungefähr 6,5 Jahre dauert. Der Neubau könnte sogar über zehn Jahre erfordern. Da müssen wir besser werden“, sagt Heinermann. Die Strategie solle auch die Frage beantworten, wie man in einem unsicheren Marktumfeld zu den nötigen Investitionen in Speicherprojekte komme, sodass die Energiewende erfolgreich umgesetzt werden könne. „Denn wenn wir nicht sehr bald in die Skalierung kommen, dann wird die Energiewende nicht fristgerecht umzusetzen sein.“ (dpa/amo)