Vergärung von Gülle und Mist: Forscher wollen Bioenergie neu denken
In Heek im westlichen Münsterland baut die Bioenergie Heek-Ahle zurzeit eine Gemeinschafts-Biogasanlage, die vor allem Gülle und Mist vergärt. 45 landwirtschaftliche Betriebe aus dem näheren Umkreis beteiligen sich und stellen die Substrate zur Verfügung. Die FH Münster übernimmt die wissenschaftliche Begleitung des Leuchtturmprojekts.
Unter dem Motto „BNG – Bioenergie neu gedacht“ haben sich die Betriebe zusammengeschlossen, um eine zentrale Biomethan-Gemeinschaftsanlage zu betreiben. Die Anlage dient als Modell- und Demonstrationsprojekt für die effiziente Vergärung von Gülle und Mist im Sinne des Klimaschutzes, aber auch für die Erschließung von Reststoffpotenzialen. Diese fallen auf kleinen und mittleren Höfen oft nur in geringen Mengen an, sodass der Betrieb einer eigenen Biogasanlage wirtschaftlich nicht realisierbar ist. Die Inbetriebnahme der Gemeinschaftsanlage ist für das erste Quartal 2025 geplant.
4200 Haushalte werden versorgt
„Die Landwirte liefern aus einem Umkreis von durchschnittlich circa fünf Kilometern Substrate zur Anlage“, erklärt Elmar Brügging von der FH Münster in einer Pressemitteilung. Die in den Substraten enthaltenen Nährstoffe bleiben im Besitz des landwirtschaftlichen Betriebes und stehen diesem nach dem Gärprozess als hochwertiger, homogenisierter und gut auszubringender Dünger wieder zur Verfügung. „Von dieser Gemeinschaftsanlage profitieren also alle“, sagt Jurek Häner aus dem Projektteam an der Hochschule. Er ist für die Begleitung des Baus und die Inbetriebnahme, die Dokumentation und die Ausarbeitung eines Substrat-Logistikkonzepts zuständig. „Aus den angelieferten Einsatzstoffen wird grünes Gas produziert, das für die Versorgung von rund 4200 Haushalten mit jeweils vier Personen ausreicht. Meine Aufgabe ist es zu ermitteln, wie das möglichst effizient passieren kann“, erläutert der wissenschaftliche Mitarbeiter.
Häner und Brügging untersuchen das Gesamtkonzept aber auch ökonomisch und ökologisch. „Unser Ziel ist es, eine Methodik zur Bilanzierung der eingebrachten finanziellen Mittel und Substratmengen zu entwickeln“, erklärt Brügging. Dadurch soll es der Betreibergesellschaft möglich sein, die erzielten Erlöse transparent abzurechnen. Dieses Modell soll zur Nachahmung anregen. „Die Erfahrungen, die durch BNG gesammelt werden, sind nicht nur wichtig für die beteiligten landwirtschaftlichen Betriebe, sondern auch für die Biogasbranche in ganz Deutschland und die Öffentlichkeit“, schildert der Wissenschaftler. In den letzten Jahren seien Biogasanlagen eher zögerlich gebaut worden, sagt Brügging. „Dabei ergänzen Biogas beziehungsweise Biomethan die volatilen erneuerbaren Energien Wind und PV als wichtiger Baustein in der Energieversorgung.“
Projekt läuft bis 2027
Das Vorhaben „BNG – Bioenergie neu gedacht“ wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Das Projekt ist am 1. Juli gestartet und endet am 30. Juni 2027.
In Deutschland wird an rund 9000 Standorten Biogas erzeugt. Doch nur wenige Anlagen verwerten ausschließlich tierische Exkremente wie Gülle, Jauche oder Mist, sogenannte Wirtschaftsdünger. Dabei reduziert die Vergärung von Wirtschaftsdüngern gegenüber der offenen Lagerung ohne Abdeckung die Methanemissionen um bis zu 90 Prozent und ist daher eine wichtige Maßnahme für den Klimaschutz. Häufig sind die auf den landwirtschaftlichen Betrieben anfallenden Wirtschaftsdüngermengen jedoch zu gering, um eine eigene Biogasanlage wirtschaftlich zu betreiben. Um auch diese Reststoffpotenziale für die Biogaserzeugung zu erschließen, bieten Gemeinschaftsbiogasanlagen eine Option. (amo)